Ihr Browser ist leider zu alt für diese Seite.
Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser bzw. wechseln auf einen Browser, der für das heutige Web geeignet ist.
Mehr als 3.500 Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Vulkaneifel hatten das Bürgerbegehren unterschrieben. ADD und Kreisverwaltung schätzen es aber aufgrund seiner Begründung als juristisch unzulässig ein. Letztlich wird der Kreistag am 4. Oktober darüber entscheiden.
Über zwei Handykameras wurde die Pressekonferenz mit Julia Gieseking und Klaus Benz erstmals auf Facebook und Instagram übertragen. Foto: Mager
"Vorsicht Kostenfalle - Raus aus der A.R.T.". So hatte die Initiative "Mehr Bürgerwille" das Bürgerbegehren betitelt, das 3.775 Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Vulkaneifel zwischen Oktober 2020 und März 2021 unterschrieben hatten. Somit war das erforderliche Quorum erreicht. Die Initiative fordert, dass der Landkreis Vulkaneifel aus dem Zweckverband "Abfallwirtschaft Region Trier" (A.R.T.) austritt. Die Unterschriftenlisten hatte Karl Hüppeler, Sprecher der Initiative, Mitte März an Landrätin Julia Gieseking überreicht. Danach oblag es der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier und der Kreisverwaltung, das Bürgerbegehren auf seine rechtliche Zulässigkeit zu prüfen. Und die ist nicht gegeben, sagen ADD und Kreisverwaltung. Das teilten die Landrätin und Klaus Benz, leitender staatlicher Beamter in der Kreisverwaltung, heute in einer Pressekonferenz mit (hier online zu sehen).
In einer Vorprüfung hatte die Kreisverwaltung die Begründung des Bürgerbegehrens für die Forderung nach dem A.R.T.-Austritt als problematisch eingestuft. Ein Schwerpunkt der Begründung, die die Bürger auf den Unterschriftenlisten lesen konnte, lag auf der Biotüte. Allerdings, so Benz, habe der Austritt aus der A.R.T. keine unmittelbare Auswirkung auf Art und Weise der Biomüllentsorgung. Dennoch sei die Kreisverwaltung von der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ausgegangen. Ziel und Zweck des Bürgerbegehrens seien klar erkennbar gewesen. "Mein erster Ansatz war allerdings, dass man die Ansprüche an den Bürger, der ein solche Begehren auf den Weg bringt, nicht überspannen sollte", erklärte Benz.
Begründung bemängelt
Dieser Ansicht sei die ADD jedoch nicht gefolgt. Diese stellte Mängel in der Bestimmtheit der Fragestellung fest und sah die Mindestanforderungen an die Begründung nicht erfüllt. So müssten die Unterzeichnenden unter anderem die Auswirkungen des Bürgerbegehrens überblicken sowie die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Die ADD bemängelt unter anderem, dass in der Begründung zwar vermeintliche Vor-, aber keine Nachteile oder Folgen bei einem Austritt aus der A.R.T. aufgeführt werden. Es werde der Eindruck vermittelt, dass derzeit unnötig Geld ausgegeben werde. Weiterhin bemängelt die ADD eine "irreführende Begründung". Mit der Titulierung "Vorsicht Kostenfalle" werde der Eindruck suggeriert, dass einzig durch den Austritt aus dem A.R.T. eine vermeintlich "bürgerfreundlichere" Änderung der Tarife und Abfallmodalitäten veranlasst werden könnte.
Nachdem die ADD der Kreisverwaltung ihre Einschätzung mitgeteilt hatte, nahm die Verwaltung eine tiefergehende Prüfung vor. Sie kam dabei zusätzlich zu der Ansicht, dass man in der Begründung auch hätte erklären müssen, dass das Bürgerbegehren alleine für einen Austritt aus dem A.R.T. nicht ausreiche. Denn wolle der Landkreis Vulkaneifel aus dem Zweckverband aussteigen, müsse laut Gesetz die Verbandsordnung geändert werden, erklärte Benz. Dafür sei aber die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder der Verbandsgemeindeversammlung nötig. Auch die Aufsichtsbehörde müsse zustimmen. "Somit kommen wir nunmehr zu dem Ergebnis, dass die Begründung des Bürgerbegehrens irreführend und unvollständig ist", erklärte Benz: "Der Bürger konnte sich kein zuverlässiges Bild machen, worum es eigentlich geht."
Kreistag berät am 4. Oktober
"Es haben mehr als 3.500 Menschen das Bürgerbegehren unterschrieben. Daher bedauere ich, dass es vor allem wegen der Begründung nicht zulässig ist, unabhängig davon ob ich das Anliegen teile. Aber die Überschrift und die Begründung so überspitzt zu formulieren war die Entscheidung von Herrn Hüppeler und seiner Initiative", so Landrätin Julia Gieseking. In seiner Sitzung am 4. Oktober wird der Kreistag über das Bürgerbegehren beraten. Die Mitglieder können entgegen der rechtlichen Einschätzung der Kreisverwaltung trotzdem für die Zulässigkeit stimmen.
Jens Jenssen, Vorsitzender der SPD/UWG-Fraktionsgemeinschaft meldete sich kurz nach der Pressekonferenz mit einer Pressemitteilung zu Wort: „Wir bedauern sehr, dass das Bürgerbegehren rechtlich nicht zulässig ist und verstehen die Enttäuschung der Initiatoren und Unterzeichner. Für uns ist die Sache damit aber keinesfalls erledigt. Wir wollen die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger stärken und sie in der zentralen Streitfrage zur Biotonne selbst entscheiden lassen. Daher werden wir im Kreistag den Antrag einbringen, eine Bürgerbefragung zu Biotonne und Biocontainer durchzuführen, damit wir in dieser Frage endlich Klarheit haben." Der A.R.T. solle somit aufgefordet werden, "eine transparente und praktikable sowie realistische und durchführbare Kostenkalkulation für eine haushaltsnahe Biotonne ohne das Bringsystem vorzulegen". Man wolle einen direkten Vergleichzu "den leidigen Containern" haben. "Dann sollen die Bürgerinnen und Bürger der Vulkaneifel mit Mehrheit abstimmen, welches System sie wollen“, so Jenssen.
Die Initiative "Mehr Bürgerwille" kann sich in der Sitzung des Kreistags noch einmal zum Bürgerbegehren äußern. Ob er dies wahrnehme, werde er nach einer juristischen Beratung entscheiden, erklärte Karl Hüppeler im Gespräch mit dem WochenSpiegel. "Mit der Ablehnung hatte ich fast gerechnet", sagte er: "Aber die Begründung ist mehr als hahnebüchend." Die Überprüfung der Begründung überlasse er nun Rechtsanwälten. "Wenn die sagen, die Begründung ist nicht stichhaltig, und der Kreistag gegen das Bürgerbegehren stimmt, werde ich Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht in Trier einreichen. Ich habe vor, in der Sache nicht lockerzulassen." Auch dann nicht, wenn das Gericht der Begründung der ADD zustimme.
Gespräche nicht abgelehnt
Gegen die Aussage der Landrätin in der Pressekonferenz, er habe Gespräche mit ihr abgelehnt, wehrt Hüppeler sich. Beim ersten Angebot eines Vier-Augen-Gesprächs Mitte Juli habe er um Verschiebung gebeten, da er den Termin nicht habe wahrnehmen können. Später habe er der Landrätin mitgeteilt, dass ein Gespräch zu diesem Zeitpunkt nicht zielführend sei. Er sei der Meinung, um transparent zu sein, müsse vor einem Vier-Augen-Gespräch die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Prüfung informiert werden.
Live-Übertragung der Pressekonferenz
Es war das erste Mal, dass die Kreisverwaltung eine Pressekonferenz live über Facebook und Instagram übertragen hat. Laut Pressesprecherin Meike Welling waren auf Facebook bis zu 170 und bei Instagram bis zu 30 Zuschauer gleichzeitig online. Landrätin Julia Gieseking sagte, dass sie sich solche Übertragungen zukünftig öfter vorstellen könne. Auf Facebook lobten zahlreiche Nutzer in den Kommentaren - neben der inhaltlichen Kritik an der rechtlichen Einschätzung von ADD und Kreisverwaltung - die Live-Übertragung als Mittel der Transparenz.