Mit einer unwahrscheinlichen Fleißarbeit gab Andreas Züll 873 Schicksalen aus dem Ersten Weltkrieg ein Gesicht und bewahrte ihre Geschichten vor dem Vergessen.
Der Monat November ist mit dem Volkstrauertag oder auch dem Totensonntag ein Monat des Gedenkens. Ein Gedenken besonderer Art findet sich auf den unzähligen Seiten der sechs Bände wieder, die der bekannte Autor Andreas Züll gemeinsam mit dem Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser präsentieren konnte. Er widmete 873 Menschen aus der Gemeinde Kall eine bis mehrere Seiten, die im Ersten Weltkrieg gefallen, verwundet, vermisst oder in Gefangenschaft geraten waren.
2014 begonnen
Hinter jedem Namen, den Andreas Züll in diesen »Gedenkbänden« aufführt, steckt nicht nur ein Schicksal, sondern auch eine immense Fleißarbeit. Begonnen hatte Züll seine Arbeit bereits im Jahr 2014. »Damals«, schmunzelte der bekannte Schriftsteller und Autor, »habe ich zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor damals 100 Jahren an einer Übersicht über die Soldaten aus dem Ort Wollseifen gearbeitet.« Schließlich stammten die Eltern seiner Mutter aus diesem Ort. Die Arbeit faszinierte ihn anscheinend, denn er dehnte seine Forschung auf seine Heimatpfarre Steinfeld aus, um am Ende die Orte der gesamten Gemeinde Kall in seine Forschung mit einzubeziehen - einschließlich der Ortschaften wie etwa Kalenberg, die damals noch zum Gemeindegebiet gehörten.
Viele Soldaten fielen in Frankreich
»Allgemein kann man feststellen«, so Andreas Züll, »dass es wenige Menschen gab, die als Freiwillige in den Krieg zogen.« Beim ältesten Kriegsteilnehmer, Matthias Lünebach aus Sötenich, Jahrgang 1853, könnte das anders gewesen sein. Er habe sich wahrscheinlich freiwillig gemeldet. Unfreiwillig in der Welt herum kam Julius Gerlach, der in China in Gefangenschaft geriet. Damit war er sicherlich die Ausnahme. »Die meisten Soldaten aus der Gemeinde Kall sind in Frankreich gefallen oder verwundet worden, meist auf den Schlachtfeldern an der Marne oder in Verdun«, so Züll. Viele Schicksale konnte er nachverfolgen, es gab aber auch einige, deren Schicksal unbekannt blieb. Hinzu komme, dass im Zweiten Weltkrieg viele Unterlagen vernichtet wurden.
Unterschiedliche Quellen
Die Quellen, deren sich Züll bediente, waren die Verlustlisten, die im »Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden und die Umgebung« veröffentlicht wurden und die man heute auch im Internet findet. Zudem gab es Unterstützung vom Verein für Computergenealogie, den Austausch mit seinen »Forscher-Kollegen« und natürlich die Briefe, Postkarten und im besten Fall noch Fotos, die Angehörige beisteuern konnten. Zudem bedankte sich Andreas Züll ausdrücklich beim Standesamt der Gemeinde Kall, das ihn vorbildlich unterstützt habe, und beim Kaller Hubert Büth. »Er hat viele Fotos beigesteuert, die in den Bänden zu finden sind«, so Andreas Züll.
Ein Satz für das Rathaus
Ein kompletter Satz dieser Bände befindet sich nun im Kaller Rathaus. »Dort können die Bürger gerne nach vorheriger Anmeldung Einsicht nehmen und vielleicht das Schicksal ihrer Angehörigen recherchieren«, so Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Das sei momentan wegen Corona sicherlich schwierig. »Aber nach der Pandemie wäre es schön, wenn Andreas Züll sein Werk in einer öffentlichen Veranstaltung vorstellen würde«, regte er an.