Den Urknall besser verstehen
Kameras auf Basis von Silizium sind in jedem Smartphone verbaut. Diese länger haltbar zu machen war das Forschungsziel, das Julia Els am CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, vorgenommen hat. Mit Erfolg: Schließlich heimste sie jetzt den Sonderpreis für Elektrostatik, Elektrotechnik und Mikroelektronik beim Landeswettbewerb »Jugend forscht« ein.
Simmerath (Fö). Das CERN nahe Genf ist die größte Teilchenphysikforschungsanlage mit dem leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem »Large Hadron Collider«. Alleine der so genannte »ALICE«-Detektor (A Large Ion Collider Experiment), an dem Julia Els während ihres zweiwöchigen Praktikums in der Schweiz geforscht hat, ist 16 Meter hoch. Am heimischen Schreibtisch hat sie das hochsensible Testgebilde mit Lego-Steinen nachgebaut.
»Im CERN wird unserer Materie auf die Spur gegangen und mit vielen Projekten der Urknall rekonstruiert«, erklärt die 17-Jährige. »Vereinfacht gesagt wollen die Wissenschaftler erfahren, warum alles so ist, wie es ist.«
Im achten Schuljahr weckte Dr. Marc Henning Zöller, Lehrer am St. Michael-Gymnasium und viele Jahre selbst am CERN tätig, bei Julia Els die Begeisterung für Physik. »Ich habe mich dem Netzwerk Teilchenwelt angeschlossen und durfte so neben fünf weiteren jungen Leuten ein Praktikum am CERN absolvieren.«
360-Grad-Kamera aus gebogenen Siliziumsensoren
Im mikroelektronischen Forschungsprojekt hat die Schülerin aus Simmerath einen Detektor vermessen, der 2025 in das ALICE-Experiment eingebaut werden soll und dabei eine ganz neue Geometrie haben wird. Die verwendeten Sensoren, die ähnlich wie eine Kamera im Handy aufgebaut sind, sollen darin nämlich gebogen werden. Aktuell werden die Siliziumstreifen in drei flachen Schichten angeordnet.
Die Siliziumchips des Detekors bestehen aus sehr vielen Pixeln. Durch das Biegen dieser großen Chips kann der Detektor zu einem perfekten Zylinder geformt und so eine lückenlose Abdeckung um den Kollisionspunkt geschaffen werden - sozusagen eine 360 Grad-Kamera. »Alle Pixel befinden sich dann im gleichen Abstand zur Flugbahn der Teilchen vor der Kollision und das Biegen der Detektorchips auf eine Zylinderform macht sie stabiler gegen Verformung in andere Richtungen«, weiß die Nachwuchs-Physikerin.
Anhand ihrer Tests konnte belegt werden, dass die Pixel nach dem Biegen noch alle funktionsfähig sind und auch die Elektronik der Pixel keine veränderten Eigenschaften aufweist. Die Signalschwelle der Chips konnte wie bei den flachen Chips eingestellt werden.
»Herausragend ist Julias systematische und engagierte Herangehensweise, ihre fundierten Kenntnisse in der Teilchenphysik sowie ihre Vielseitigkeit, in relativ kurzer Zeit umfassende Ergebnisse zu erzielen.
Das Experimentieren und Forschen ist damit aber nicht beendet. In den Sommerferien wird Julia Els drei Wochen lang im DESY (das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY in der Helmholtz-Gemeinschaft ist ein Forschungszentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung mit Sitz in Hamburg; Anm.d.Red.) arbeiten. Und im Herbst soll es wieder zu CERN gehen. Und nach dem Abi im nächsten Sommer strebt Julia Els ein Physik-Studium an. Nicht nur die Fachwelt wird von der engagierten Elementarteilchen-Forscherin hören.