Andreas Bender

Wahlkreis 199: Wer soll für Sie nach Berlin?

Rhein-Hunsrück. Neun Kandidatinnen und Kandidaten buhlen ums Direktmandat im Wahlkreis 199 - doch dank Wahlreform ist dem Sieger der Einzug in den 21. Bundestag trotzdem nicht sicher.

Diese neun Kandidatinnen und Kandidaten werben am 23. Februar um die Erststimmen im heimischen Wahlkreis 199.

Diese neun Kandidatinnen und Kandidaten werben am 23. Februar um die Erststimmen im heimischen Wahlkreis 199.

Bild: Montage: WochenSpiegel

Gut ein halbes Jahr früher als geplant stimmen die Wahlberechtigten im Lande am nächsten Sonntag über die Zusammensetzung des dann 21. Bundestags in der Geschichte der Republik ab. Im heimischen Wahlkreis 199 - der den Rhein-Hunsrück-Kreis, den Landkreis Cochem-Zell und Teile des Kreises Bernkastel-Wittlich umfasst - gehen erneut neun Kandidaten ins Rennen ums Direktmandat. Wir haben alle Bewerber nach ihrer Motivation gefragt:

 

Für die Sozialdemokraten tritt diesmal der Bopparder Lehrer Umut Kurt (1) an. Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion ist 29 Jahre jung und kandidiert für den Bundestag, »um Bildung zu stärken, soziale Gerechtigkeit zu sichern und den ländlichen Raum zu fördern.« Jetzt sei die Zeit für Fortschritt und Zusammenhalt, betont der SPD-Mann.

 

Die CDU schickt erneut Marlon Bröhr (2) ins Rennen. Der 50-Jährige, der mit seiner Frau und zwei Söhnen in Kastellaun lebt, der sich mit einem Erststimmenanteil von 34,3 Prozent das Direktmandat bei der letzten Bundestagswahl sicherte, will sich »mit Herzblut weiterhin für die Interessen unserer ländlichen Region in Berlin engagieren.« Zuvor war der 50-Jährige Stadt- und VG Bürgermeister in Kastellaun und Landrat.

 

Für die Grünen kandidiert Julian-Béla Joswig (3) ums Direktmandat im Wahlkreis 199. Der 31-jährige Startup-Projektmanager lebt in Bad Salzig und will sich im Bundestag »für eine lebenswerte Zukunft einsetzen, die Wohlstand, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit in Einklang bringt.«

 

Die FDP tritt erneut mit Carina Konrad (4) als Direktkandidatin an. Die Agraringenieurin aus Bickenbach ist bereits seit 2017 Mitglied des Bundestags. »Ich trete an für eine stabile Regierung, wirtschaftliche Vernunft und Chancen für unsere Kinder. Für Frieden und Freiheit«, sagt die 42-Jährige.

 

Die AfD wiederum schickt den pensionierten Berufssoldaten Jörg Zirwes (5) aus Blankenrath ins Rennen. »Mein Antrieb? Unserem Land, unserer Heimat, in schweren Zeiten als AfD-Abgeordneter zu dienen«, sagt der 56-Jährige Kreis- und Fraktionsvorsitzende der AfD Cochem-Zell.

 

Für die Freien Wähler tritt Guido Hübinger (6) an. Der 55 Jahre alte Diplom-Bauingenieur aus Sohren will in den Bundestag einziehen, »um die Weiterentwicklung unserer Region auch im Bundestag voranzutreiben.« Dafür will er seine berufliche Expertise einbringen, damit »der ländliche Raum im Hinblick auf die bauliche Infrastruktur nicht weiter vernachlässigt wird.«

 

Für die Linke kandidiert Alexandra Erikson (7) aus Simmern.  »Ich trete an für sozialen Zusammenhalt, Gerechtigkeit und Frieden. Wir brauchen eine Politik für die Menschen statt für die Interessen der Konzerne«, sagt die 55-jährige Sozialarbeiterin.

 

Volt wiederum schickt Detlef Barsuhn (8) ins Rennen. Der 71-jährige Diplom-Ingenieur aus Mörsdorf will sich im Bundestag insbesondere für den Erhalt der Krankenhäuser im ländlichen Raum, die beschleunigte Umsetzung von schnellem Internet in allen Gemeinden und neue Strukturen für Bürgerbeteiligungen einsetzen.

 

Gregor Doege (9) will für die ÖDP in den Bundestag. Der 61-jährige Krankenhausseelsorger aus Zell sagt: »Politik darf nicht an den Menschen vorbeigehen. Die Bedürfnisse der Menschen müssen sich darin widerspiegeln. Menschen und Menschenrechte müssen im Mittelpunkt stehen.«

 

Das gewonne Direktmandat garantiert indes diesmal keinen Sitz im Bundestag. Die Wahlrechtsreform, die bei der anstehenden Bundestagswahl erstmals zur Anwendung kommt, hat auch Auswirkungen auf das Kräfteverhältnis zwischen Erst- und Zweitstimme: Um das Parlament, das durch Überhangs- und Ausgleichsmandate in den vergangenen Jahren auf 736 Sitze anwachsen war, zu verkleinern, wird der Bundestag durch die Reform auf maximal 630 Abgeordnete begrenzt. Überhangs- und Ausgleichsmandate fallen weg.

 

Das hat aber auch zur Folge, dass gewählte Direktkandidaten im Wahlkreis nur dann ins Parlament einziehen, wenn ihre Partei genug Zweitstimmen bekommt. Heißt im Extremfall: Schneidet eine Partei bei den Zweitstimmen nicht gut genug ab, kann es sein, dass ein Wahlkreis-Sieger trotz gewonnenem Direktmandat leer ausgeht. Hätte man die Reform bereits 2021 angewendet, hätte das zumindest für das Ergebnis in Rheinland-Pfalz keine Auswirkungen gehabt: Alle 15 direkt gewählten Abgeordneten wären dennoch in den Bundestag eingezogen.

 

Experten gehen davon aus, dass die Reform sich deshalb auch auf das Wahlverhalten auswirkt: So könnte es durchaus sein, dass bei der kommenden Wahl deutlich weniger Wähler ihre Wahl splitten: Verteilten bei der letzten Bundestagswahl noch rund ein Viertel aller Wählenden ihre Erst- und Zweitstimmen auf unterschiedliche Parteien, weil dem Direktkandidaten unabhängig vom Zweitstimmen-Ergebnis ein Sitz im Parlament sicher war, könnte es durchaus sein, dass diesmal viele Wählerinnen und Wähler mit beiden Stimmen dieselbe Partei wählen, um so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ihr Wunschkandidat in den Bundestag einzieht.


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