Andreas Bender

Lieber Weinberg statt Labor

Dellhofen. Julia Lambrich wirbt als 53. Mittelrhein-Weinkönigin für das Anbaugebiet. Obwohl im Weingut aufgewachsen, wählte sie zunächst einen anderen Weg.

Schon der Urgroßvater war Winzer; aufgewachsen ist die 26-jährige im Familien-Weingut Albert Lambrich in Dellhofen; hier arbeitet sie, zusammen mit Bruder Maximilian, in der mittlerweile vierten Generation mit; bis Ende April war sie zudem die "Weinhex" von Oberwesel. Und Mutter Ute war Anfang der 1990er Jahre selbst Mittelrhein-Weinkönigin sowie Deutsche Weinprinzessin. Also war der Weg von Julia von Anfang an klar, oder?

 

"Tatsächlich nicht", sagt Julia im Gespräch mit dem WochenSpiegel. "In meiner Schulzeit ist der Wunsch gereift, mich beruflich nicht an unser Weingut zu binden. Ich bin rund um die Weinproduktion aufgewachsen, die im Mittelrheintal zum Großteil nach wie vor echte Handarbeit ist. Dadurch war ich oft mit den Eltern draußen und habe bei der Lese geholfen, die natürlich in die Ferienzeit fiel. Damals habe ich immer gesagt: Das will ich auf gar keinen Fall machen!"

 

Nach ihrem Abitur hat Julia zunächst Molekularbiologie studiert. "In der Schule hat mich Biologie immer sehr interessiert. Aber Medizin wollte ich nicht studieren", sagt die 26-jährige. Dann stellte sich aber schnell heraus: "Mit einem Abschluss kann man nur im Labor arbeiten. Das ist gar nichts für mich. Wichtiger ist mir, dass ich auch rauskomme und mit Menschen/Kunden in Kontakt komme." Hört sich irgendwie nach der Arbeit auf einem Weingut an.

 

"Manchmal ist Abstand wichtig, um etwas neu zu betrachten", reflektiert Julia. Durch ihre Erfahrungen im Weingut entschied sie sich für ein erfolgreiches Bachelor-Studium Internationale Weinwirtschaft. Ein Schlüsselmoment war zudem ein dreimonatiges Praktikum in Südtirol im Herbst 2021. "Hier habe ich Weinbau aus einer ganz anderen Perspektive kennen und schätzen gelernt. Die Weine und das Klima sind anders als bei uns, aber beim Weinbau gibt es noch gewisse Parallelen", sagt Julia. Zudem standen - für sie neu - Weinproben und -führungen auf dem Programm. Nach zwei Jahren im Marketing in einer Exportkellerei in Bingen kehrte sie in den Familienbetrieb zurück. "Dadurch bin ich flexibel bei meinen Arbeitszeiten, was als Weinkönigin bei Terminen hilft".

 

"Ich will der (Wein-) Region etwas zurückgeben. Als Mittelrhein-Weinkönigin habe ich die Chance, viel mehr Menschen zu erreichen", sagt die engagierte Weinbotschafterin - der bessere Name für ihr Amt, wie sie findet. "Denn gemeinsam mit Weinprinzessin Hannah Roos und den Weinprinzen Felix Kahl und Gero Schüler repräsentieren wir unser Anbaugebiet - auch überregional." Als zweitkleinstes Anbaugebiet in Deutschland, mit knapp 500 Hektar bei 90 Prozent Steillage und rund 60 Betrieben, hat man es schwer. Oft fehlt die Verknüpfung zwischen Weinanbaugebiet und Welterbe. "Viele kennen den Mittelrhein als touristisches Ziel mit seinen Burgen, Sagen und der Landschaft", so die 26-jährige. "Die Verknüpfung zwischen Welterbe und Wein ist in den Köpfen noch nicht genug gereift. Das ist ein wichtiger Ansatz, um unser Anbaugebiet bekannter zu machen."

 

Dass man zu viert im Team den Mittelrhein vertritt, ist eine gute Lösung, findet die amtierende Weinkönigin. Zu den mannigfaltigen Aufgaben der Majestäten gehört unter anderem die Moderation von Weinproben, Wissensvermittlung über das Kulturgut Wein und Weinbau, sowie die Betreuung der Social-Media-Kanäle. Da sitzt man auch schon einmal länger am Abend da, um diese reichweitenwirksam zu bespielen. Dazu kommen zahlreiche (über-) regionale Termine, die mit den Weinfesten im Herbst sicher nicht weniger werden. Ein Highlight war für Julia der Besuch der Berlinale, wo sie als Vertreterin der rheinland-pfälzischen Anbaugebiete in der VIP-Lounge die Weine und Regionen vorstellen durfte.

 

Und was macht Julia, wenn sie nicht als Weinbotschafterin unterwegs ist? "Ich bin sehr tierverbunden. Ganz wichtig sind mir unsere Pferde, die ich zusammen mit meiner Mutter halte. Ein zeitintensives Hobby. Da bleibt neben der Arbeit und den Aufgaben als Weinbotschafterin, nur wenig Zeit für den Sport", sagt Julia Lambrich. Sie ist aber weiter in der DjK Oberwesel beim (Beach-) Volleyball aktiv und hat lange die Kinder-Leichtathletik betreut. Nun richtet sich der Blick auch auf die Wahl der Deutschen Weinkönigin im September. Hier bewerben sich die Gebietsweinköniginnen der 13 deutschen Qualitätsweinanbaugebieten. Vielleicht kommt die nächste Deutsche Weinkönigin ja vom Mittelrhein...

 


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