Magdalena Bomba

Mit Tupperware in die Pleite?

Jeder kennt sie. Und es wird kaum einen Haushalt geben, der ohne auskommt. Tupperware, die bunten Plastikbehältnisse und Haushaltshelfer in allen Formen und Farben, die vom Wohnzimmer aus bei »Tupperpartys« verkauft werden. Doch während Tupperware mit der Qualität ihrer Produkte wirbt und eine lebenslange Garantie gibt, sieht es hinter den Kulissen offenbar weniger rosig aus. Petra Hoffmann hat es am eigenen Leib erlebt - und steht nun vor den Trümmern ihrer Existenz.

408 000 Euro. Diese Summe fordert Tupperware Deutschland von Petra und Thomas Hoffmann aus Georg-Weierbach. Dabei war Petra noch vor wenigen Monaten eine sehr erfolgreiche selbstständige Tupperware-Bezirkshändlerin, machte gemeinsam mit ihren Ehemann Millionenumsätze für das Unternehmen. Jetzt sitzt sie auf einem Schuldenberg. Was war passiert? Zufällig zu Tupperware gekommen Es ist 2008, als Petra Hoffmann eher zufällig zu Tupperware kommt. »Eigentlich wollte ich nur diese Starter-Tasche haben. Mit zwei von mir organisierten Tupperpartys wäre die auch drin gewesen, so habe ich mir das damals ausgerechnet«, erinnert sich die 42-Jährige. Doch es kommt anders. Die zweifache Mutter findet schnell Gefallen an der Tupperwelt, wird Beraterin, verkauft ihre ersten Produkte. »Es lief Bombe. Tupperware war mein Leben«, sagt sie heute. Innerhalb kürzester Zeit klettert sie die Karriereleiter nach oben, wird nach nur zwölf Wochen Gruppenberaterin, nach einem Jahr Teamleader. Sie bekommt einen Firmenwagen und wird schließlich gefragt, ob sie Bezirkshändlerin werden möchte. »Ich wollte nichts mehr als das, ich liebte diesen Job«, sagt die Frau. Schnell Karriere gemacht Im Jahr 2012 kommt dann ihre Chance, sie übernimmt die Bezirkshandlung Trier und hat damit mehrere Gruppen und zahlreiche Beraterinnen unter sich. Auch viele Luxemburger Beraterinnen gehörten zu der Trierer Handlung. Diese seien zuvor in Frankreich tätig gewesen, wo ihnen gekündigt wurde, erzählt Petra Hoffmann. »Aber diese Mädels waren toll. Ich wollte sie in meinem Team haben, ihnen ein neues Zuhause in Trier geben.« Deshalb setzt sich Petra Hoffmann auch mehrfach für ihre luxemburger Beraterinnen ein, erreicht, dass auch sie zum Beispiel einen Firmenwagen erhalten. Knapp 170 000 Euro kostet die Übernahme der Bezirkshandlung in Trier: Auslösesumme, Inventar und sämtliche Verträge wie Telefon oder Internet muss Petra Hoffmann von ihrer Vorgängerin übernehmen. »Man ?tuppert' das dann ab«, erklärt die 42-Jährige. Sprich: Vom monatlichen Umsatz geht ein bestimmter Prozentsatz an das Unternehmen, um die Schulden abzubezahlen. Und es geht richtig gut weiter. Das Geschäft brummt, Petras Mann Thomas steigt mit ein, kümmert sich um die Finanzen. Fast zweieinhalb Millionen Euro Umsatz generieren sie in 2013, werden 'Bezirkshandlung der Region'. »Es war ein Traum, wir hatten ein super Team mit total motivierten Mädels, es lief einfach spitze«, schwärmt Petra Hoffmann. 2013: Kein gutes Jahr Doch dann zeigen sich erste Risse in der heilen Plastikwelt. 2013 wird Luxemburg auf Wunsch von Tupperware und gegen den Wunsch der Hoffmanns von Trier abgespalten - aus steuerlichen Gründen, wie es heißt. Miete für die Räume in Luxemburg und das Gehalt für die dort neu eingestellte Gruppenberaterin habe das Ehepaar aber vom Trierer Umsatz bezahlen müssen. »Tupperware hat sich da rausgehalten. Sie wollten Luxemburg abspalten, aber dort niemanden einstellen, also haben sie Verträge ausgehandelt, meinen Namen als Bezirkshändlerin eingesetzt und ich musste unterschreiben. Ich hatte keine andere Wahl und war auch voll verantwortlich - lief in Luxemburg etwas schief, musste ich dafür gerade stehen«, erläutert Petra Hoffmann. Dennoch wollen die Eheleute nicht aufgeben und machen weiter, verzeichnen eine Umsatzsteigerung von 70 Prozent, obwohl die Zusammenarbeit in Luxemburg mit der von Tupperware installierten Coordinatrice nicht so rosig aussah: »Der Umsatz war zwar ok, aber es kamen nicht genügend neuen Beraterinnen hinzu«, erklärt die 42-Jährige. Als es nach zwölf Monaten um die Vertragsverlängerung des Bezirkshandlungsgebäudes geht, unterschreibt sie einen Folgevertrag über fünf Jahre in Trier, inklusive Staffelmiete. »Ich hatte vollstes Vertrauen in Tupperware, man hat uns ja immer Unterstützung zugesichert.«Zudem eröffnet das Ehepaar auch noch ein Tupperware-Regionalcenter in Niederbrombach. Das Unternehmen habe ihr zugesichert, dass es auch hier kein Risiko gäbe, alle Verträge würden im Fall eines Ausscheidens vom Nachfolger übernommen und die Auslöse bezahlt. "Nur noch gearbeitet" »Ich habe damals 18 Stunden am Tag gearbeitet, sieben Tage die Woche«, erzählt die zweifache Mutter. »Ich bin praktisch nur zum Duschen und essen nach Hause gefahren und danach gleich wieder in die Firma. Es war nicht leicht. Als Bezirkshändlerin muss man die Fäden zusammenhalten.« Die viele Arbeit können die Eheleute kaum noch bewältigen, brauchen eine weitere Aushilfe. Das habe Tupperware aber nicht gewollt, es sei denn, Ehemann Thomas würde auf einen Teil seines Gehalts verzichten, ärgert sich Petra Hoffmann. Währenddessen entdeckt dieser das erste kleine »Loch« in den Finanzbüchern. Er bittet Tupperware um Hilfe. Mehrfach habe sich das Unternehmen die Bücher angeschaut und stets versichert, dass alles mit den Zahlen in Ordnung sei. Doch das Loch wird größer, 70 000 Euro fehlten schließlich, erzählt sie. Mit Hilfe des Steuerberaters entdeckten die Beiden dann bei einer erneuten Prüfung die Misere. Es habe an den Kosten für Luxemburg und Niederbrombach gelegen. Nach einem erneuten Hilferuf habe Tupperware dann endlich Unterstützung zugesichert, die aber nie stattgefunden habe, beklagt sich das Paar. Die ganze Situation zehrt so sehr an Petra Hoffmanns Nerven, dass sie Ende 2014 schließlich ein Burnout erleidet. Sie arbeitet dennoch weiter - bis zum zweiten Zusammenbruch. Dann erst zieht sie sich für vier Wochen komplett zurück. »Ich wollte nicht aufhören. Ich lebte doch für Tupper! Ich wollte nur gesund werden und die Zahlen wieder ins Reine bringen«, erzählt sie. Tupperware fordert Geld zurück Dann habe der Konzern das fehlende Geld zurückgefordert, ein  Vergleichsangebot gemacht. Ihr Anwalt habe der Familie aber abgeraten zu unterschreiben, das sei ein Schuldeingeständnis. »Wir haben das Finanzloch doch nicht verursacht«, betont der Familienvater, »Das ist einzig durch die Abspaltung von Luxemburg entstanden.« Auf weitere Bitten um ein Gespräch habe Tupperware dann nicht mehr reagiert. Dann der Schock. Petra Hoffmann erhält die fristlose Kündigung: »Ich war fassungslos.« "Trümmerfeld" Die Hoffmanns räumen die drei Betriebsstätten leer, Autos und Kommisionsware werden abgeholt. Was bleibt, ist der Schuldenberg plus diverse Miet- und Handelsverträge, alleine für Trier summiere sich das alles bis zum Jahr 2019 auf über 250 000 Euro. »Man hat mir dann auch eröffnet, dass es für alle drei Standorte keinen Nachfolger gibt. Ich bleibe auf den Verträgen sitzen.« Petra Hoffmann ist verzweifelt. »Man hat uns massiv an die Wand gefahren«, sagt sie rückblickend, »Uns wird der Boden unter den Füßen weggeschlagen. Ich habe mich in den drei Jahren als Tupperwarehändlerin fast selbst aufgegeben, wurde krank. Meine Ehe hat gelitten, meine Kinder haben nicht viel von mir gehabt. Ich stehe vor einem Trümmerfeld. Man lässt uns am langen Arm verhungern.« Streit wird wohl vor Gericht ausgefochten Mittlerweile ist eine gerichtliche Auseinandersetzung kaum noch zu vermeiden, es geht um nunmehr über 408 000 Euro, die Tupperware von den Hoffmanns verlangt. Petra möchte andere warnen: »Der schöne Schein trügt. Von wegen Familienunternehmen. Hier wird auf Menschen Druck ausgeübt, es gleicht einer regelrechten Gehirnwäsche.« Tupperware: "Wir haben mehrfach Hilfe angeboten" WochenSpiegel hakte bei Tupperware Deutschland nach. »Wir pflegen ein partnerschaftliches Verhältnis mit unseren Bezirkshändlerinnen und -händlern - auch in schwierigen Situationen. Jeden Einzelfall, der einmal kritisch sein sollte, prüfen wir sehr genau. Das bedeutet, dass wir möglichst frühzeitig beraten, begleiten, Lösungen und Unterstützung anbieten - soweit das die Bezirkshandlungen wünschen. Denn als selbständige Unternehmer liegt es in der Hand unserer Händlerinnen und Händler, ob sie unseren Rat annehmen oder nicht«, so Unternehmenssprecher Maik Scheifele auf WochenSpiegel-Anfrage. »Auch Frau Hoffmann und ihren Mann begleiten wir seit mehreren Jahren und kennen den Sachverhalt und das Ehepaar gut. Wir sind sehr enttäuscht über den Verlauf und die einseitige Darstellung der Inhalte: Wie stets, haben wir uns auch hier über einen langen Zeitraum intensiv eingebracht und Lösungsvorschläge erarbeitet. Zuletzt haben wir einen Vergleichsvorschlag sowie erneute Gesprächsangebote gemacht - leider bisher ohne Resonanz. Wir tragen eine große Verantwortung für unser Unternehmen und für den guten Ruf unserer Bezirkshändlerinnen und Bezirkshändler und aller Tupperware-PartyManager. Sie schützen wir, indem wir für unsere Tupperware-Produkte und ein transparentes und solides Vertriebssystem stehen, bei dem alle Beteiligten ihren Aufgaben nachkommen müssen«, heißt es weiter von Seiten von Tupperware. "Ich wünsche mir eine Perpektive" Petra und Thomas Hoffmann hoffen nach wie vor auf ein positives Ende. Vom »System Tupperware« hält die 42-Jährige nichts mehr, sagt sie. »Zu den Produkten stehe ich aber nach wie vor, denn die sind wirklich gut. Ich möchte gerne, dass anderen Menschen meine Geschichte erspart bleibt und wünsche mir abschließend, dass man uns eine Perspektive lässt.«


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