Thewes fürchtet um sein Land
BIRRESBORN. Er erinnert sich noch, wie er als kleiner Junge mit seinen Eltern hier Rüben geerntet hat. Es geht um den 45.000 Quadratmeter großen Acker, den Heinz Thewes als Landwirt im Nebenerwerb bestellt. Er liegt gleich gegenüber vom Quellpavillon der Lindenquelle, kurz vor Birresborn. Das Feld wird eingeschlossen von der Kyll auf der einen, und den parallel verlaufenden Bahngleisen der Eifelstrecke von Trier nach Gerolstein auf der anderen Seite. Um es zu bestellen, muss er den Bahnübergang überqueren. Genau da liegt das Problem.
Früher konnte er einen gelben Hebel an der Schranke des Bahnübergangs betätigen. Sofern die Strecke frei war, wurde ihm vom Stellwerk in Gerolstein aus die Schranke geöffnet. Aber seit der Flutkatastrophe im Juli 2021 ist alles anders, seitdem hat er nur noch Ärger.
Die Kyll war über seinen Acker gerauscht. Das konnte er beheben: Er hat sein Feld gesäubert und gepflegt. Im Herbst 2022, hat er dann wieder Wintergetreide gesäht. Die Katastrophe hatte aber auch Teile der Bahnstrecke zerstört. Plötzlich, so berichtet er, wurde die Schranke von der DB abgeschlossen: »Ich kam gar nicht mehr auf mein Feld, also ich konnte keine Ernte einfahren«, berichtet Thewes. Ganze zwei Jahre habe er diesen Bahnübergang nicht passieren können. Sein Acker: verwildert.
Zwei Jahre kam er
nicht auf sein Feld
Im Frühjahr 2023 hat er der DB mitgeteilt, dass sie ihn für den entgangenen Ertrag entschädigen müsse. Nach einigem Hin und Her habe diese sich einverstanden erklärt. Er erhielt Post, in der er gebeten wurde, das Schreiben mit der Entschädigungsleistung zu unterzeichnen und zurückzuschicken. »Dieses Schreiben hat mich richtig wütend gemacht«, erinnert sich Thewes. Er habe bis heute den Eindruck, dass man ihn reinlegen wollte.
Es enthielt einen Absatz, in dem stand, dass die DB Netz AG »dem Eigentümer« ein Kaufangebot unterbreite. Und dass »die.Unterzeichner« noch im gleichen Jahr einen notariellen Kaufvertrag anstreben würden. Thewes: »Hätte ich das einfach unterschrieben, wäre das ein Vorvertrag gewesen. Ich wollte meinen Acker auf keinen Fall verkaufen.«
Nachdem die Schranke zwei Jahre komplett verschlossen war, wurde sie vor einigen Wochen von der DB abgebaut. Warum, das weiß Thewes nicht. Ob es Sinn macht, Geld zu investieren für Saatgut und Dünger, weiß er auch nicht. Denn bis zur nächsten Ernte könnte hier alles ganz anders sein: »Ich habe erfahren, dass der Bahnübergang weg soll. Dann komme ich gar nicht mehr auf mein Land.«
Der WochenSpiegel schickte einen Fragenkatalog an die DB Netz AG und wollte wissen, ob Thewes überhaupt den Bahnübergang jetzt nutzen darf. Zudem wollte die Redaktion wissen, ob dieser tatsächlich abgebaut werden soll und ob das »Kaufangebot«, das Thewes vor zwei Jahren abgelehnt hatte, damit in Zusammenhang steht. Diese Antwort kam prompt: Die DB plane ihre Bauarbeiten grundsätzlich so, dass »möglichst wenige Einschränkungen« entstünden, so eine Sprecherin. Leider gelinge das nicht immer. Man sei mit dem Landwirt und der Ortsbürgermeisterin »in einem engen Austausch«. Und zu laufenden Gesprächen könne man sich leider »nicht äußern«. Thewes lacht und sagt, er warte gespannt darauf, dass »der enge Austausch« mit ihm jetzt, vier Jahre nach der Flut, beginnt.
Zwei Tage vor der Antwort der DB-Sprecherin hat im Gerolsteiner Rondell ein Info-Gespräch der DB zum Thema Eifelstrecke stattgefunden. Dort hatte sich Thewes mit seinen Fagen zu Wort gemeldet. Ihm ist gesagt worden, das sei nicht der passende Rahmen für sein Problem. Thewes: »Ich hatte den Eindruck, die Damen und Herren wollten das alles lieber unter den Teppich kehren.«