Mit Renier Roidkin zurück in die Vergangenheit
Die Zeichnungen waren lange unbekannt, da sie sich rund 300 Jahre im Privatbesitz einer belgischen Erbengemeinschaft befanden. Diese Dokumente wurden von den Mitgliedern des Geschichtsforums, Ernst Jansen und Alois Sommer, entdeckt und erworben. »Es war ein Glücksfall und ein echter Coup, diese Werke für die Öffentlichkeit zugänglich machen zu können«, sagte Dr. Norbert Toporowsky, Vorsitzender des Geschichtsforums, bei der Buchvorstellung.
Renier Roidkin lebte von 1684 bis 1741 und war als Auftragsmaler tätig. Für seine meist wohlhabende Kundschaft fertigte er detailgetreue Ansichten von Burgen, Schlössern, Kirchen und Ortsansichten an. Seine Werke sind präzise Zeugnisse der regionalen Geschichte und bieten einzigartige Einblicke in das Leben und die Architektur des 18. Jahrhunderts. »Roidkin ist so etwas wie das Google des 18. Jahrhunderts«, bemerkte der stellvertretende Bürgermeister Gerd Breuer bei der Buchvorstellung. Besonders die Genauigkeit seiner Darstellungen sei beeindruckend, ergänzte Dr. Ulrike Heckner vom Landschaftsverband Rheinland (LVR): »Aus der Zeit um 1725 gibt es kaum Vergleichbares.«
Die nun vorgestellten Zeichnungen zeigen unter anderem Schleiden mit Schloss und einer kleinen Lustinsel. Dreiborn wird mit Burg, Kirche und einer ehemaligen Hinrichtungsstätte dargestellt. »Die Details sind faszinierend. Man kann sogar erkennen, dass die Skizze von Schleiden an einem Nachmittag angefertigt wurde – das verraten die Schatten«, erläuterte Ernst Jansen, der das Buch gemeinsam mit Bernd Kehren umsetzte.
Die Skizze von Olef zeigt neben den Häusern und der Kirche auch die Eisenindustrie mit einer Schmiede und einer Schmelze. »Weil für die Eisenverarbeitung viele Bäume gefällt wurden, zeigen die Skizzen von Roidkin freie Blicke auf die Landschaft, die man heute so nicht mehr hat und auch nicht nachstellen kann«, verwies Jansen auf Versuche, Aufnahmen mithilfe einer Drohne als Vergleich anzufertigen.
Eine besondere Entdeckung ist die Darstellung der Burg Mauel, deren Standort lange Zeit nicht genau verortet werden konnte. »Dank der ersten Skizze, die wir sichern konnten, wissen wir heute, wo die Burg Mauel gestanden hat und können ihre Geschichte besser verstehen«, so Bernd Kehren, der bereits im Jahresheft 2023 des Geschichtsforums einen längeren Artikel zur Burg verfasst hat.
Das Buch wurde in Zusammenarbeit mit Fachleuten des LVR-Amts für Denkmalpflege erstellt. »Den LVR verbindet eine lange Geschichte mit Roidkin«, verriet Ulrike Heckner. Bereits 1938 hatte man mehr als 600 Zeichnungen des Künstlers erworben, dessen detailgetreue Werke zu den nachgefragtesten Objekten im Fundus des LVR gehören. »Daher haben wir uns sehr gerne an diesem Projekt beteiligt.«
Die Mitglieder des Geschichtsforums beschlossen nach dem Erwerb der Skizzen, diese wissenschaftlich zu kommentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Ergebnis ist ein 100-seitiges Buch mit vielen Abbildungen und Fachbeiträgen, das neue Maßstäbe in der regionalen Geschichtsforschung setzt. Das Buch 1725 – 300 Jahre Renier Roidkin ist für 18 Euro erhältlich. Es kann in der Buchhandlung Pavlik in Kall, bei Schreibwaren Hanf in Hellenthal, im Nationalpark-Infopunkt in Gemünd sowie in Schleiden in der Postfiliale und der Apotheke im Ärztehaus oder über die Homepage des Geschichtsforums (https://gf-sle.de) erworben werden.