Samuel Mbassa ist der Kommodore mit dem »Schutzengel«
Von Mario Zender
Es wird ein feierlicher Anlass am heutigen Mittwoch werden. Wenn ab 14 Uhr zahlreiche Ehrengäste an der Verabschiedung von Oberst Thomas Schneider und der Einführung des neuen Chefs des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33, Samuel Mbassa, teilnehmen, dürfte dies für den Sohn einer Deutschen und eines Kameruners der Höhepunkt seiner beruflichen Karriere sein. Und diese Karriere ist beachtlich und wurde zudem von einem schweren Unglücksfall überschattet. Am 1. Oktober 1989 trat Mbassa, der im rheinland-pfälzischen Speyer aufgewachsen ist, als Offiziersanwärter in die Bundeswehr ein, zusammen mit vielen Kameraden, die den regulären Wehrdienst, den es damals noch gab, ableisteten. Sein Vater hätte ihn eigentlich lieber als Flugkapitän bei einer zivilen Fluglinie wie etwa der Lufthansa gesehen, wie Mbassa erzählt. Da er vor einer Einstellung zur Bundeswehr hätte gehen müssen, um seinen Wehrdienst zu leisten, sei er auf die Idee gekommen, dass er auch bei der Bundeswehr Pilot werden könnte. Gesagt, getan. Er wurde zum Kampfjet-Pilot für den »Tornado« ausgebildet und später für den »Eurofighter«. Dass ihn seine Faszination für die Fliegerei vor 27 Jahren fast das Leben gekostet hätte, daran erinnern heute nur noch ein paar Narben an der linken Gesichtshälfte und an seinen Händen. Samuel Mbassa ist am besagten Tag, dem 28. April 1996, einem Sonntag, im kanadischen »Goose Bay« und trainiert dort mit seinen Kollegen Tiefflüge bis zu 100 Fuß (30 Meter). Nach der Inspektion an einem Tornado-Kampfjet müssen Rolltests durchgeführt werden. Mbassa steuert den rund 17 Meter langen Tornado über die Rollbahn. Plötzlich gibt es Probleme mit der Lenkung und der Kampfjet ist nicht mehr steuerbar und rutscht von der Rollbahn. Eine Katastrophe für jeden Piloten. Dann bricht auch noch das Fahrwerk ab, die Maschine fängt Feuer. Das Flugsicherungspersonal des Kontrollturms ist in Schockstarrre, glaubt nicht dass aus dem Flammenmeer ein Entkommen möglich ist. Doch plötzlich rennt eine Person aus den meterhohen Flammen. Es ist Samuel Mbassa. Der Kampfjetpilot weiß in diesem Moment, dass die Maschine jede Sekunde explodieren kann, was seinen sicheren Tod bedeuten würde. Nach wenigen Metern wird der damals 25-Jährige bewusstlos und liegt am Boden. Rettungskräfte bringen ihn in eine Spezialklinik. Dort wird das ganze Ausmaß der Verletzungen offenkundig. Seine Haut ist zu einem Drittel verbrannt. »Es war der schlimmste Tag in meinem Leben«, erinnert sich Mbassa im Gespräch mit dem WochenSpiegel an den Unfall. Für seine Vorgesetzten ist damit klar, dass Mbassa niemals mehr in ein Cockpit steigt. Während der vier Monate im Krankenhaus und in der Reha wird ihm das »schonend beigebracht«. Doch Mbassa will sich damit nicht abfinden. »Ich wollte unbedingt zurück ins Cockpit. Ich hatte einen starken Willen weiterzufliegen.« Er kämpft, trainiert und schafft es schließlich, dass der Fliegerarzt ihm wieder die in »bundeswehrdeutsch« bezeichnete »Wehrfliegerverwendungsfähigkeit« bescheinigt. Einer der schönsten Tage für Mbassa. Am 1. Dezember 1997, also rund 20 Monate nach dem schrecklichen Unglück, hebt Samuel Mbassa wieder mit dem Tornado ab. Heute denkt er kaum noch an den schlimmen Unfall. »Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich die Narben gar nicht mehr«, erzählt er im Gespräch mit dem WochenSpiegel. »Wenn ich auf die Narben angesprochen werde, erzählte ich die Geschichte, die dazu führte.« Auf seine neue Aufgabe, die er am heutigen Mittwoch antritt, freut sich Mbassa übrigens sehr. Sein größter Wunsch ist, dass er an die »erfolgreiche Arbeit« seines Vorgängers, Oberst Thomas Schneider, »anknüpfen und das starke Vertrauen der Region und im Geschwader so beibehalten kann«. Mit Rassismus hat Mbassa, der der erste farbige Kommodore in der Geschichte der Bundeswehr ist, noch keine Erfahrungen. »Nein, eigentlich ein Leben lang nicht. Es ist auch eine Frage, wie man selbst damit umgeht. Es gehört immer eine Portion Humor und Selbstbewusstsein dazu – ohne arrogant zu sein. Gerade bei der Bundeswehr galt ich vom ersten Tag an eher als Exot, der überall das Interesse geweckt hat. Die Kameraden wollten meine Geschichte hören, aber es gab nie Anfeindungen oder Ähnliches.«