Neue Feuerwehrfahrzeuge: Kostet Schlamperei 123.000 Euro?
Von Mario Zender
Die Verbandsgemeinde Kaisersesch (VGV) ist stolz auf sechs neue wasserführende Tragkraftspritzenfahrzeuge (TSF-W), die im Juni an die Feuerwehren Brohl/Möntenich, Hambuch, Landkern, Leienkaul, Masburg und Zettingen übergeben wurden. Eigens aus dem Anlass wurde von der Verbandsgemeinde ein aufwendiges Video veröffentlicht, in dem die Fahrzeuge mit Blaulicht Formationen fahren. Rund 900.000 Euro investierte die VGV für die neuen Einsatzwagen. In der Beschreibung des Videos kommt auch der Verwaltungschef der VGV zu Wort. »Bürgermeister Albert Jung ist dankbar und freut sich sehr, dass der Verbandsgemeinderat Kaisersesch die Investitionen für diese Anschaffungen ermöglicht hat. Er dankt allen Feuerwehrangehörigen für ihren unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz und ihre Bereitschaft, in Notlagen zu helfen.« Was Jung dabei leider vergaß zu erwähnen, ist der Umstand, dass die größte »Notlage« seiner Amtszeit aktuell in seinem eigenen Rathaus herrscht. In der Behörde herrscht nämlich helle Aufregung, die durch hausgemachte Fehler verursacht wurde. Recherchen des WochenSpiegel zeigen, dass es derzeit »brennt« im Rathaus von Albert Jung. Grund sind schlampige Verwaltungsvorgänge, die die Verbandsgemeinde Kaisersesch und somit alle Ortsgemeinden vermutlich eine Stange Geld kosten werden. Konkret geht es um die Bezuschussung der Feuerwehr-Fahrzeuge durch das Land. Die Landesförderung eines Tragkraftspritzenfahrzeuges (TSF-W) beläuft sich pro Fahrzeug auf 41.000 Euro, eine sogenannte »Festbetragsförderung«. Dafür muss die VGV ein gewünschtes Fahrzeug bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier (ADD) zur »Anerkennung der Notwendigkeit für die Beschaffung« anmelden. Die ADD entscheidet dann, ob die Anerkennung erfolgt. Bevor das Fahrzeug aber bestellt werden darf, so die Förderrichtlinien, muss die ADD die »Zustimmung zur vorzeitigen Beschaffung« genehmigen. Eigentlich eine Formsache. Beim Feuerwehrfahrzeug für die Gemeinde Zettingen lief es auch genauso. Nach Recherchen unserer Zeitung wurde am 14. Oktober 2020 ein entsprechender Antragseingang bei der ADD registriert. Etwa zwölf Monate später, am 6. Oktober 2021, bestätigt die ADD die »Anerkennung der Notwendigkeit für die Beschaffung« und mit gleichem Datum auch die »Zustimmung zur vorzeitigen Beschaffung«. Alles ist perfekt, der Zuschuss in Höhe von 41.000 Euro ist somit sicher. Doch bei drei von sechs Fahrzeugen war der Ablauf so offenbar nicht, wie Recherchen des WochenSpiegel ergaben. Das würde bedeuten, dass 123.000 Euro an Zuschüssen durch das Land nicht gezahlt werden. Diese Tatsache bestätigt unserer Zeitung auf Anfrage die zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier. Bürgermeister Albert Jung hingegen nimmt es mit der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit nicht so genau. Anfragen des WochenSpiegel nach dem Vorfall werden ausweichend oder unvollständig beantwortet. Offenbar will Jung, dass für ihn äußerst peinliche Thema mit aller Gewalt aus der Öffentlichkeit heraushalten. Dieser »Wunsch« wird ihm vermutlich nicht gelingen.
Als Bürgermeister Jung am 10. Juli bei der Sitzung des Verbandsgemeinderates Kaisersesch im nichtöffentlichen Teil zum Ende kommt, hat er noch einen Punkt, der ihm sicher nicht gefallen haben dürfte. Kurz und knapp informierte er, so berichten es Teilnehmer, die Ratsmitglieder über einen Vorfall, der die Kommune viel Geld kosten kann. An die Öffentlichkeit soll der Umstand, dass in der Kaisersescher Verwaltung nicht alles rund läuft, offenbar nicht kommen. Anders ist es nicht zu erklären, warum Jung die Fehler in der Verwaltung zu offenbar falsch beantragten Zuschüssen für drei Feuerwehrfahrzeuge auf Anfrage nicht bestätigt. Auf die konkrete Frage unserer Zeitung an Jung, ob davon auszugehen ist, dass die finanzielle Unterstützung von Seiten des Landes RLP nicht mehr fließt, antwortet Jung am 16. August: »Nach wie vor geht die Verwaltung davon aus, dass die Landesförderung auch für diese Fahrzeuge fließen wird.« Bei der für den Zuschuss zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier klingt das anders.Die Behörde rechnet in einer Stellungnahme gegenüber dem WochenSpiegel mit den Abläufen in der VG Kaisersesch schonungslos ab. »Bei den ersten drei Fahrzeugen wurde kein vorzeitiger Maßnahmenbeginn beantragt, dementsprechend wurde daher auch keine Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn ausgesprochen. Mithin ist eine Förderung der in Rede stehenden Fahrzeuge im Nachhinein aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht mehr möglich«, so Pressesprecherin Eveline Dziendziol gegenüber dem WochenSpiegel. Und die Behördensprecherin wird noch deutlicher: »Das heißt, die Förderung wurde nicht verspätet, jedoch unvollständig (im Gegensatz zu den anderen Förderanträgen, die dieselbe Verbandsgemeinde gestellt hat) beantragt. Hier ist eine Heilung nicht mehr möglich.« Bedeutet: 123.000 Euro muss die Verbandsgemeinde beziehungsweise müssen die Ortsgemeinden und die Stadt Kaiseresch nun aus eigenen Mitteln aufbringen. Bürgermeister Jung hat aber offenbar immer noch Hoffnung, trotz einer klaren Absage durch die Prüfbehörde des Zuschusses. In einer E-Mail an den WochenSpiegel will er offenbar erreichen, dass wir von einer Berichterstattung Abstand nehmen. »Zunächst einmal möchte ich Sie darüber informieren, dass wir uns in einem noch schwebenden Verfahren befinden, da wir uns derzeit im Austausch über den von Ihnen angefragten Sachverhalt mit dem zuständigen Zuschussgeber befinden. Aus diesem Grund möchten wir Sie darauf hinweisen, dass Ihre Berichterstattung mögliche Konsequenzen für den weiteren Verfahrensweg haben könnte.« Ratsmitglieder aus dem Verbandsgemeinderat sind entsetzt über Jungs Vorgehen. Sie hoffen auf die Einsicht von Bürgermeister Jung, wenn das Thema am 25. September im Haushalts- und Finanzausschuss behandelt wird. Dort geht es weniger um die Gründe für die Schlamperei und die möglichen Konsequenzen, sondern darum, wie das Loch von 123.000 Euro bei der Finanzierung nun gestopft werden kann. Eine »Idee« hat Verwaltungsexperte Jung schon parat. Und die heißt: »Eigenschadensversicherung«. »Ist es zutreffend, dass im Zusammenhang mit dem Fall bei der Eigenschadensversicherung der VGV Kaisersesch eine Anmeldung eines möglichen Schadens vorgenommen wurde?«, beantwortet Jung kurz und knapp: »Ja, am 8. August 2023. Die Verwaltung ist dazu verpflichtet, mögliche Schäden, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstehen können, der Versicherung anzumelden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Schadensfall zwangsläufig auch eintreten wird, sondern dies erfolgt rein vorsorglich.« Der oben beschriebene 8. August ist übrigens der Tag der ersten Anfrage des WochenSpiegel im Rahmen der Recherche...
EXTRA: Das Video der VGV Kaisersesch zur Lieferung der neuen Fahrzeuge finden Sie hier: https://youtu.be/2hR5pKPUQVE?si=9TPm6iastSo22QIX
Kommentar
Skandal in zwei Akten
Von Mario Zender
Der schlampige Umgang mit Förderanträgen im Kaisersescher Rathaus ist ein schlimmer Patzer. Viel gravierender noch als diese Peinlichkeit ist der Umgang von Behördenchef Albert Jung mit dem Vorfall. Klare Fragen beantwortet er ausschweifend oder gar nicht. Ein klares Eingeständnis des Fehlers: Fehlanzeige! Als er durch unsere Anfrage mitbekommt, dass entsetzte Ratsmitglieder mit uns über die Schlamperei in der Behörde gesprochen haben, hat Jung nichts Besseres zu tun, als die Ehrenamtlichen mit einer Mail »einzuschüchtern« und auf die Verschwiegenheitspflicht von nichtöffentlichen Sitzungen hinzuweisen. Größe hätte es gehabt, den Fehler einzugestehen! Der Umgang von Jung mit der Öffentlichkeit ist unsäglich! Bleibt abzuwarten, ob ihn die Mitglieder seines Rates nun nicht politisch »knebeln«. @Mail an den Autor: mzender@weiss-verlag.de