Gegen das Vergessen
Treis-Karden. Am 27. Januar jährte sich die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz zum 80. Mal. Auschwitz steht als Synonym für das System der Konzentrationslager, in denen sechs Millionen Juden und weitere fünf Millionen Menschen gedemütigt, gequält und ermordet wurden.
Rund 100 Personen aus Politik und Gesellschaft, Kirche und Kultur folgten der Einladung von Landrätin Anke Beilstein. Das KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis bestand von März bis September 1944 als eines der Außenlager des KZ-Hauptlagers Natzweiler-Struthof. Mehr als 2400 KZ-Häftlinge aus allen von den Nazis besetzten Ländern leisteten Zwangsarbeit in der Errichtung einer unterirdischen Tunnelanlage zwischen Bruttig und Treis, dem sogennanten Treiser Tunnel. 98 Häftlinge kamen dabei nachweislich gewaltsam ums Leben. Nimmt man die Zahl derer, die infolge der unmenschlichen Haftbedingungen noch während des Zweiten Weltkrieges in weiteren Konzentrationslagern oder kurz nach dem Krieg starben, liegt die Zahl weitaus höher.
Zwölf Jüdinnen und Juden, die in Treis bis Anfang der 1940er Jahre ansässig waren, verloren ihr Leben in den Gasöfen des Vernichtungslagers Auschwitz, darunter Herta Corper Salomon.
30 Jahre Gedenken am Treiser Stein
Der Gedenkstein in Treis, der 1995 gesetzt wurde, erinnert seit 30 Jahren an die Verbrechen der Nationalsozialisten. Ortsbürgermeister Hans-Josef-Bleser begrüßte die Teilnehmenden. Schüler und Schülerinnen des Martin-von-Cochem Gymnasiums trugen die Biografien einzelner Opfer des NS-Unrechtsregimes vor, die im KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis unerträglich gequält wurden. Guido Pringnitz ergänzte mit einer Biografie. Hans-Josef Bleser trug die Biografie der Jüdin Herta Corper Salomon vor.
Man erinnerte an alle Opfer des Nationalsozialismus: der ermordeten Sinti und Roma, der ermordeten politischen Gegner des NS-Regimes, der ermordeten Homosexuellen, der ermordeten Kranken, Behinderten und als sogenannte »Asoziale« Diffamierten, der ermordeten Polinnen und Polen und der ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen.
Veronika Raß, Pastoralreferentin, mahnte, die Opfer der NS-Euthanasie nicht zu vergessen, die von Kloster Ebernach nach Kulparkow bei Lemberg deportiert wurden und dort gewaltsam ums Leben kamen.
Tom Göller, Bund der Evang. Freikirchlichen Gemeinden Deutschland, gedachte in Stille und legte einen Kranz nieder. Rita Ostermann legte Blumen für den Förderverein nieder.
Avadislav Avadiev, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde und der Landesarbeitsgemeinschaft der jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz, benannte die Aufgabe der Politik: jüdisches Leben in Deutschland heute zu schützen. Jede und jeder Einzelne ist gefragt, Antisemitismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzuwirken. »In unserer Verantwortung liegt es, deutlich zu zeigen, dass das jüdische Leben in Deutschland genauso selbstverständlich dazu gehört, wie das jedes anderen Glaubens oder Nichtglaubens.«
Im Anschluss an die Gedenkstunde bestand die Gelegenheit zu Begegnung und Gespräch im katholischen Pfarrheim St. Johannes Treis, zu der der Förderverein Gedenkstätte KZ-Außenlager Cochem e.V. einlud. Der Förderverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, einer Geschichtsvergessenheit entgegenzuwirken und an die Opfer des Nationalsozialistischen Regimes zu erinnern.