Das Drama von Kröv - Die Geschichte von Jörg Teusch
Zuhause, während er Olympia schaute und seine reguläre Arbeitszeit längst beendet war, klingelte plötzlich der Melder von Jörg Teusch: Hoteleinsturz mit mehreren vermissten Personen. Um 22:55 Uhr begann ein Szenario, das ihn und über 200 Einsatzkräfte in den kommenden Stunden an ihre Grenzen bringen sollte.
Unmittelbar zog sich Jörg Teusch um, stieg in sein Einsatzfahrzeug und fuhr mit Blaulicht und Martinshorn in Richtung Kröv. Noch während der Anfahrt kontaktierte er den Lagedienstführer der Leitstelle Trier, doch außer einem Notruf gab es keine weiteren Informationen. Die Lage war unklar – vielleicht ein Fehlalarm? Doch als wenig später eine junge Frau aus den Niederlanden den Notruf absetzte und berichtete, sie sei mit ihrem kleinen Sohn unter den Trümmern gefangen, wurde klar: Es ist bitterer Ernst.
Ersteinschätzung am Unglücksort
Kurz darauf traf die Feuerwehr Kröv als erste Einheit am Unglücksort ein und meldete, dass ein ganzes Stockwerk eingestürzt war. Jörg Teusch, der wenig später eintraf, machte sich ein erstes Bild der Lage. Zunächst schien die Situation weniger dramatisch, doch bei genauerem Hinsehen offenbarte sich das ganze Ausmaß: Ein komplettes Stockwerk war in sich zusammengebrochen – wie ein Kartenhaus.
Bereits während der Anfahrt hatte Jörg Teusch die technische Einsatzleitung, das THW und zahlreiche Feuerwehren aus der ganzen Region nachalarmiert. Vor Ort wurde jedoch schnell klar, dass die Rettung der Verschütteten extrem herausfordernd sein würde. Treppenhäuser waren eingestürzt, das Gebäude war weiterhin einsturzgefährdet, und die Hilferufe aus den Trümmern ließen keinen Zweifel daran, dass schnelles Handeln erforderlich war. Ein Blick ins Gästebuch des Hotels bestätigte, dass mindestens neun Menschen noch im Gebäude vermutet wurden.
Koordination und Rettungsmaßnahmen
Die Arbeit der Einsatzkräfte stand unter einem klaren Ziel: Menschenleben retten. Gleichzeitig mussten jedoch Sicherheitsmaßnahmen bedacht werden, um nicht das gesamte Gebäude zum Einsturz zu bringen. Die Rettung gestaltete sich als Wettlauf gegen die Zeit. Mit äußerster Vorsicht begannen die Teams, sich durch die Trümmer zu arbeiten.
Nach über zehn Stunden gelang es schließlich, die ersten Verschütteten zu befreien. Besonders emotional war die Rettung eines einjährigen niederländischen Jungen. Als er aus den Trümmern getragen wurde, blickten sich die Einsatzkräfte an, und viele konnten ihre Tränen nicht zurückhalten.
Verluste und Erfolgsmomente
Trotz der Erfolgsmomente blieb die Belastung enorm. Zwei Menschen, darunter der Hotelbetreiber, der bei dem Versuch, Gäste zu warnen, ins Gebäude zurückgekehrt war, überlebten den Einsturz nicht. Für die Einsatzkräfte war dies ein ständiger Dämpfer inmitten der Euphorie über die geretteten Leben.
Nach rund 24 Stunden wurde die letzte verschüttete Person lebend gerettet. Der Hotelbetreiber konnte jedoch erst am folgenden Tag tot geborgen werden, nachdem das einsturzgefährdete Gebäude nach und nach abgetragen worden war.
Der Blick zurück: Emotionale Momente und bleibende Eindrücke
Monate später, Anfang 2025, kehrte Jörg Teusch für Dreharbeiten des SWR an die Unglücksstelle zurück. Die Trümmer waren noch immer mit Zäunen abgesperrt, und ein improvisierter Altar mit Kerzen und Blumen erinnerte an die dramatischen Ereignisse. Für Teusch war es ein emotionaler Moment. Noch immer erschien es ihm unglaublich, dass bei diesem Szenario überhaupt jemand überleben konnte.
Rückblickend betonte Jörg Teusch, wie stolz er auf die Professionalität und Zusammenarbeit der über 200 Einsatzkräfte war. „Es war kein alltäglicher Einsatz“, sagte er, „doch die jahrelangen Übungen und die Disziplin aller Beteiligten haben hier Leben gerettet.“ Besonders in Erinnerung bleibt ihm der Moment, als die ersten Überlebenden gerettet wurden – ein Bild, das er wohl nie vergessen wird.
Ein Zeugnis der Zusammenarbeit
Dieses Ereignis war eine der größten Herausforderungen in der Karriere von Jörg Teusch. Es forderte ihn nicht nur fachlich, sondern auch emotional. Doch es zeigte auch, wie wichtig die Zusammenarbeit in der „Blaulichtfamilie“ ist. Durch ihren unermüdlichen Einsatz konnten sieben Menschen gerettet werden – ein Erfolg, der unter den dramatischen Umständen kaum denkbar war.
Die Tragödie von Kröv wird für Jörg Teusch und viele Beteiligte immer präsent bleiben. Gleichzeitig ist sie auch ein Zeugnis dafür, was möglich ist, wenn Menschen in Extremsituationen über sich hinauswachsen
Extra
(ste). Für seinen Einsatz überreichte Ministerpräsident Alexander Schweitzer das Goldene Feuerwehr-Ehrenzeichen an Jörg Teusch: »Ich verneige mich vor Ihrer Arbeit« sagte Schweitzer, der vergangenes Wochenende bei einem Neujahrsempfang in Kröv zu Gast war (wir berichteten). Retter und Gerettete des Hoteleinsturzes waren dort auf Einladung der Gemeinde Kröv noch einmal zusammengekommen.