Julia Borsch

Lehm, Holz und Stroh - Eefeler Verzellcher

Region. Der Eifelautor Joachim Schröder erzählt über den Eifeler Fachwerkbau in der Reihe "Eefeler Verzellcher".

Lehm, Holz und Stroh - das Handwerk des Eifeler Fachwerkbaus hat lange Tradition.

Lehm, Holz und Stroh - das Handwerk des Eifeler Fachwerkbaus hat lange Tradition.

Bild: Archiv, Joachim Schröder

Brauchst du ein Haus?
Ja, brauchen tust du's
wie das täglich Brot.
Ich bin der Mann,
der dich befreit
aus dieser Herzensnot.

Zunächst wird man beim Hausbau an Holz- oder Steinbauweise denken. Holz ist für die Errichtung von Unterkünften aller Art seit jeher der Grundbaustoff, Stein dagegen nicht. Ehe der Bau von Steinhäusern im 19. Jahrhundert in Erscheinung trat, war es in großen Teilen der Ost- und Nordeifel der Fachwerkbau mit dem Naturstoff Lehm, der eine besondere Wertschätzung genoss. Ausschlaggebend für die Verbreitung und Beliebtheit des Lehms war die leichte Verfügbarkeit, die geringen Kosten und - so würde man heute sagen- die ökologische Dimension. Viele Ortschaften besaßen eigene Lehmgruben, die jedoch qualitativ unterschiedliche Lehmarten hervorbrachten.

Der Lehm musste zumeist entsprechend aufgearbeitet werden, d.h.: "fetter Lehm" besaß zu viele Anteile an Ton, er musste "abgemagert", mit Sand verrührt werden. "Magerer Lehm" war ungeeignet, da ihm die nötige Festigkeit fehlte. Meist kannten die Dorfbewohner die Beschaffenheit ihres Lehms und wussten, wie mit dem Rohstoff umzugehen war. Frisch geförderter Lehm musste zunächst einen Winter lang gelagert werden, damit der Frost seine "Arbeit" verrichten konnte: die Lehmklumpen zerfielen und erleichterten die spätere Bearbeitung. Die Haltbarkeit im Gefach hing entscheidend von der Durchknetung ab, die unter Zugabe von etwas Wasser und mehrmaligem Umwenden geschah. Je besser die Vermischung der einzelnen Bestandteile war, desto größer war die Haltbarkeit und Bindigkeit. Risse sollten auf jeden vermieden werden. An dieser wichtigen Vorarbeit nahm daher oft ein ganzer Trupp teil, der eilends im Dorf herbeibeordert wurde.

Eine Art "Bewehrung" erhielt diese Masse durch die Beigabe von gehäckseltem Stroh, meist Roggenstroh. Hierdurch wurde erreicht, dass sich die Spannung beim Trocknen (und damit das Schrumpfen) verteilte und Rissbildungen vorgebeugt wurde.

Doch nun zum ersten Arbeitsschritt beim Bau eines Lehmfachhauses. Nach dem Einrammen der tragenden Pfosten, Rahmen- und Bundbalken, Schwellen, Streben und Riegel schufen die Arbeiter die Gefache, holzbegrenzte Felder, die durch Ausfachung geschlossen wurden. Nur wenige blieben für Türen und Fenster zunächst offen. Sodann wurde das Gefach mit Staken versehen, senkrechten Stäben, die in die waagerechten Riegel im Abstand von 30 cm eingelassen wurden. Das Eichen- oder Buchenholz musste frisch geschlagen sein; entweder handelte es sich um dünne Knüppel oder gespaltenes Kernholz, das in eine ovale Form gebracht wurde. Die Enden der Stake wurden passend vorgerichtet, damit sie in die Nuten oder Löcher der Riegel eingeführt werden konnten.

Nach diesem Arbeitsgang wurden die Staken umflochten. Als Flechtwerk nahm man biegsame Ruten aus Weiden- oder Haselnussholz. Dünnere blieben ungespalten. Die einzelnen Rutenschichten hatten einen knappen Abstand von 3 bis 5 cm, damit das Lehm-Stroh-Gemisch, das nach dem Ausflechten aufgebracht wurde, gut haftete. Das Auslehmen des Gefaches vollzog sich unmittelbar nach Anbringung der Ruten, um die Elastizität auszunutzen und damit Korrekturen leichter vornehmen zu können. Für die erste Lehmschicht nahm man ein Lehmgemisch, dem längere Strohfasern beigegeben waren. Mit den bloßen Händen wurde die Rohmasse beidseitig aufgedrückt und möglichst fest verdichtet. Die Verklammerung mit dem Astwerk besorgte das lange Stroh. Die raue Oberschicht mit hervortretenden Strohhalmen bot eine gute Haftung für die zweite Lehmschicht, nicht jedoch ohne vorher gut angenässt worden zu sein. Dieser zweite Aufzug mit kürzeren Strohteilen wurde nunmehr aufgetragen und mit den Händen gerieben und geglättet.

Nach Fertigstellung aller Gefache konnte die Wand mit Kalkputz versehen oder nur gestrichen werden. An den "Wetterseiten" (Süd/West) konnte zusätzlich eine Strohverkleidung angebracht werden. Weite Dachüberstände und gemauerte Sockel gegen Schlagregen und Spritzwasser sind in der Eifel eher selten.

Der gesamte Hausbau in Holz und mit Lehmfachwerk erforderte einen großen Arbeits- und Personaleinsatz. Nicht selten war die halbe Dorfmannschaft mit dabei. Jungen schnitten die Ruten, Mädchen und Frauen sorgten für das Stroh, ganze Trupps für die Vorarbeit des Knetens. Auch Nichtfachleute konnten helfen, selbst das Ausfachen konnte jeder schnell erlernen.

Reparaturen an einem Fachwerkhaus waren fast an der Tagesordnung. Besonderen Belastungen waren die Anschlussfugen zwischen Lehmgefach und Holz ausgesetzt. Hier "arbeitete" das Holz, es entstanden Risse, die durch Zufügen einer neuen Lehmmasse abgedichtet wurden. Quellen und Schrumpfen verursachten Schäden am Gefach, die vor Winterbeginn ausgebessert werden mussten. Auch musste alles gut ausgetrocknet sein, um Frostschäden zu vermeiden.

 

Text: Joachim Schröder in seiner Reihe "Eefeler Verzellcher"


Meistgelesen