Nico Lautwein

Digitale Aufholjagd: Warum wir den Wandel noch nicht gemeistert haben

Bitburg (edi). Der digitale Wandel ist allgegenwärtig - doch Deutschland tut sich schwer, ihn aktiv mitzugestalten. Während weltweit Unternehmen und Gesellschaften in rasantem Tempo neue Technologien adaptieren, bleibt hierzulande oft ein Gefühl des Zögerns.

Professor Skibicki, Experte für digitale Transformation, sieht die Bundesrepublik noch immer als Nachzügler: "Wir befinden uns mitten im Umbruch, doch anstatt mutig voranzugehen, diskutieren wir vor allem über Einschränkungen."
Ein Zeitalter im Übergang: Die Digitalisierung ist kein abgeschlossener Prozess, sondern eine fortlaufende Anpassung an neue Rahmenbedingungen. Wir verlassen die Welt klassischer Wertschöpfungsketten und hierarchischer Strukturen und bewegen uns in ein vernetztes Zeitalter, in dem physische und digitale Realität zunehmend verschmelzen. Doch diese Entwicklung ist komplex. Künstliche Intelligenz, Automatisierung und neue Kommunikationsformen verändern nicht nur Geschäftsmodelle, sondern auch gesellschaftliche Strukturen. Die Herausforderung besteht darin, sich diesen Veränderungen nicht nur zu stellen, sondern sie aktiv zu gestalten.

Info: Prof. Dr. Klemens Skibicki lehrt und berät im Bereich digitale Transformation. Er ist einer der bekanntesten Experten auf diesem Gebiet in Deutschland und war Gastredner beim diesjährigen Neujahrsempfang des Bitburger Gewerbevereins.

Kulturelle Bremsen oder warum Deutschland zögert:
Während in den USA und China digitale Geschäftsmodelle florieren, konzentriert sich Deutschland oft auf Regulierung und Risikominimierung. Die Datenschutz-Debatte ist nur ein Beispiel: Ursprünglich zum Schutz vor staatlicher Überwachung gedacht, stößt sie in einer Welt, in der Nutzer freiwillig Daten teilen, an ihre Grenzen.
Ähnlich zeigt sich das Problem bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz - während Europa versucht, strenge Leitplanken zu setzen, treiben andere Regionen Innovationen ungebremst voran.
Dieses Zögern ist nicht neu. Als Angela Merkel 2013 sagte: "Das Internet ist für uns alle Neuland", hätte dies auch als Startsignal für eine mutige digitale Strategie verstanden werden können. Doch stattdessen verharrte Deutschland lange in der Zuschauerrolle.

Der Mensch als Engpassfaktor:
Technologie entwickelt sich exponentiell - der Mensch hingegen passt sich vergleichsweise langsam an. Neue Möglichkeiten werden zunächst mit alten Denkmustern interpretiert, bevor sich wirklich neue Prozesse durchsetzen.
Das zeigt sich besonders in Unternehmen: Viele investieren in digitale Maßnahmen, ohne ein gemeinsames Verständnis für die strategische Richtung zu entwickeln. Stattdessen bleibt Digitalisierung oft ein Flickenteppich aus Einzelprojekten.

Die Herausforderung der kommenden Jahre:
Deutschland steht an einem Scheideweg. Es geht nicht nur darum, Technologien zu nutzen, sondern sie mitzugestalten. Wer den digitalen Wandel nicht aktiv vorantreibt, verliert nicht nur Marktanteile, sondern auch Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand.
Der Schlüssel liegt in einer positiven Grundhaltung gegenüber Innovationen - ohne dabei Risiken zu ignorieren, aber auch ohne den Fortschritt durch übermäßige Regulierung auszubremsen.

Ein neuer Blick auf Digitalisierung:
Was braucht es also? Ein Umdenken. Unternehmen müssen zunächst ein gemeinsames Verständnis für digitale Transformation entwickeln, bevor sie Strategien formulieren. Und auf gesellschaftlicher Ebene muss der Fokus stärker auf die Chancen des digitalen Zeitalters gelegt werden.

Denn eines ist sicher: Der Wandel lässt sich nicht aufhalten - die Frage ist nur, ob Deutschland ihn mitgestaltet oder anderen überlässt.


Weitere Nachrichten aus Eifelkreis Bitburg-Prüm
Meistgelesen