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gepostet von Julia Borsch

Die gute Knolle ... Kartoffelernte in der historischen Eifel

Region. Einen neuen Beitrag der Reihe "Eefeler Verzellcher" liefert Autor Joachim Schröder. Heute: die Kartoffelernte in der Eifel.

Die Kartoffelernte in der Eifel, 1929.

Die Kartoffelernte in der Eifel, 1929.

Bild: Archiv, Joachim Schröder

Die Herbstferien waren früher in der Eifel auch als "Kartoffelferien" bekannt, in denen wir Kinder mit auf`s Feld zogen, um bei der Ernte zu helfen. Ähnlich erging es den Kindern an der Mosel und Ahr, die zur Weinlese mit in die Ernte gehen mussten und dafür wetterbedingt und punktgenau ihre Herbstferien erhielten.

Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre mussten alle mithelfen, Alt und Jung, Mann und Frau, die kostbaren Knollen aus der Erde zu holen, denn eine gute Kartoffelernte war damals lebenswichtig. Meist zog ein Pferd oder ein Ochse den Kartoffelroder, ein Gerät wie eine Spindel, die sich drehte und die Kartoffeln seitwärts aus der Erde warf.

Sodann sammelten die Helfer die Kartoffeln in handgefertigte Weidenkörbe - eine "rückenbelastende, schwere Arbeit. Die Körbe wurden dann in Säcke geleert, die mitten auf dem Feld standen. Diese wiederum wurden dann auf einen Anhänger geladen, der am Feldweg stand.

Wir Kinder durften bei der Kartoffellese immer nachsammeln, indem wir die abgeernteten Reihen abgingen und die vergessenen Kartoffeln wiederum in einen Korb einlegten. Punkt vier Uhr wurde nachmittags Pause gemacht. Dann saßen alle auf den Kartoffelsäcken, aßen dicke Butterbrote mit Rübenkraut ("Zarup"), die Erwachsenen tranken dazu den berühmten Muckefuck aus dicken Feldtassen. Schon mittags schüttete die Mutter dieses Gebräu auf, das dann in einer Blechkanne, dick mit alten Biberbetttüchern eingepackt, in einem Eimer mitgenommen wurde.
Bei Eintritt der Dämmerung gab es dann noch ein spannendes Ritual: Aus dem welken Kraut wurde das Kartoffelfeuer entfacht. Alle warfen ein paar Kartoffeln in die glühende Asche und man konnte es kaum abwarten, bis sie gar waren. Nicht seltenverbrannte man sich die "Schnüss." Aber egal - dieses Erlebnis in freier Natur war es uns wert.

Nach der Ernte kamen die Kartoffeln zum Trocknen auf den Hof. Die anhaftende Erde fiel hier nach 3 Wochen Lagerung fast von selbst ab. Nun kamen die Knollen in einen Sortierer, in dem durch Rütteln der Siebe die letzten Erdkrumen abfielen, Gleichzeitig wurden die Kartoffeln sortiert. Auch diese Arbeit war mühselig, da der Sortierer von Hand angekurbelt wurde. Steine und angefaulte Grumpern wurden per Hand aussortiert.

Die kleineren Kartoffeln, die sog. "Ferkelsäppel", dienten als Schweinefutter, die Hauptmenge wurde als Einkellerungskartoffeln im Bekanntenkreis verkauft. Zwei Sorten gab es damals, "Ackersegen", eine mehlig kochende und "Grata", eine festkochende Knolle. Mein Vater schleppte den Käufern die Kartoffeln noch in Zentnersäcken in den Keller. Manche Familien kauften bis zu 10 Zentner.
Den ersten kulinarischen Lohn für die Mühen bereitete die Mutter einige Tage später zu: Es gab die köstlichen Reibekuchen, die bei uns nur "Jromperskiechelcher" hießen. Dazu schmeckte Apfelmus - somit waren beide "Äpfel" auf dem Teller vereint. Statt "Kiechelcher" durfte es auch Püree sein. Wenn dann noch gebratene Blutwurst dazu kam, hieß das perfekte Menue "Himmel un Erd".

Im luxemburgischen Binsfeld gibt es alljährlich ein großes "Gromperefest", bei dem dargestellt wird, wie früher die Knollenernte in der Eifel verlief.


Gromperen rafen
"Gromperen gin um Feld aus den Reihen vun der Maschinn raus geholl - gezugen vum alen Tracteur oder vum Ardennerpärd. Kanner kréien een Saak an kënnen deen dann mat Gromper föllen an mat heem huelen". (Einladung aus Binsfeld).

Text: Joachim Schröder
Auszug aus den "Eefeler Verzellcher"



 


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