Die Eifelkrippe in Lichtenborn
"Krippenpfarrer" nannte man Pastor Joseph Klassen, der die Kunst des überdimensionalen Kirchenkrippenbaus in der Westeifel etablierte, wo sie bis heute in Lichtenborn weiter gepflegt wird - freilich in einem kleineren Umfang.
Im Jahre 1926 schreibt Pastor Klassen im Eifelvereinsblatt, "dass die Sitte, das Weihnachtsfest durch Bauen von Hauskrippen zu verschönern und zu verinnerlichen, noch wenig verbreitet ist". In der Tat: Kirchen und Klöster besaßen ansehnliche Weihnachtskrippen, in den Häusern waren sie noch eher selten.
Begonnen hat die Lichtenborner Tradition im Pfarrhaus von Klassen. Auf breitem Gestell wurden hier die "Fluren von Bethlehem" aufgebaut, Stall und Figuren fanden ihren Platz inmitten großer Moosflächen und Waldungen. Die wertvollen Figuren aus Holz waren verstellbar und mit kunstvoll geschneiderten Gewändern bekleidet.
Im Jahre 1925 schlug die Geburtsstunde für die große Kirchenkrippe in Lichtenborn. Pastor Klassen damals: "Ich redete nicht viel auf meine Dörfler ein, sondern ließ die Krippe selber sprechen. Und wahrlich - diese zeigte sich nicht als schlechter Apostel". Vielmehr setzte sie die Herzen - so Klassen - "in Brand, bald bosselte* eine ganze Schar Krippenfreunde in der Kirche".
Besonders angetan hatte es den Bewohnern die Krippenlandschaft. Die Darstellungskunst fand neue Wege, nicht zuletzt durch die starke Entfaltungsmöglichkeit im großen Kirchenschiff. Zunächst nur um den Tabernakel herum, dann in einer Seitenecke, schließlich das gesamte Chor umfassend - so wuchs die Krippe zu einem ansehnlichen Gesamtkunstwerk. Klassen stolz: "Dass die alten Wurzeln und Knorren, dieses in Wald und Busch so unbeachtete Zeug hier an der Krippe so fein zur Geltung kam, das hat den Bauernherzen immer wieder wohlgetan".
Elemente der Kirchenkrippe von Lichtenborn sind bis heute Wege, Bach und Brücken, Hirtenfeld und Feuerstelle, selbst Bauernhäuser fehlen nicht. Pilze, Ginster, Johannisblümchen, Hirtenhut und Hirtenschüppe ergänzen die Komposition. Wie sagte ein Betrachter, der in der Not der Nachkriegsjahre nach Amerika auswanderte: "Diese Krippe hat mir die Religion verständlich gemacht". Genau das war die Absicht von Pastor Klassen: "Krippen sollen Orte der Verkündigung sein".
Fortan fand der Krippenbau - etwa ab den 30er Jahren - Einzug in die Bauernhäuser. Statt Holzfiguren gab es zunächst Figuren aus Rüben, später aus Gips. Pastor Joseph Klassen war ganz angetan vom Krippenbaufleiß seiner "Pfarrkinder". Er stellte fest: "Wir haben im Eifelland so günstigen Boden für die Verbreitung der Krippen. Deshalb soll er nicht brach liegen, sondern eifrig bebaut werden. Was zaubert eher Freuden in die Stube und in den Familienkreis als der segensreiche Brauch, Krippen zu bauen und dadurch Gott selber gleichsam zu Gast bei sich zu haben".
*)Anmerkung des Autors: Interessant ist der Ausdruck "bosseln". Dieses (schwache") Verb ist heute gänzlich ausgestorben - es meint einfach "an etwas mit Ausdauer arbeiten und es besonders gut machen".
Text: Joachim Schröder, Eefeler Verzellcher