Edith Billigmann

"Carpe Diem" - eine Frau mit Tiefgang

Trier/Region(edi). Hiltrud Zock, kulturbegeisterte und engagierte Triererin, liebt die Bühne, aber nicht das Rampenlicht. Ihren Patz sieht sie in der zweiten Reihe. Dort hat sie den Überblick und hält die Fäden in der Hand. Dabei bleibt sie immer auf Sicht - es sei denn, sie taucht mit Uli ab...

Hiltrud Zock wirbt für die Sonderedition der Kulturaktie, eine einzigartige Sammlung zeitgenössischer Kunst.

Hiltrud Zock wirbt für die Sonderedition der Kulturaktie, eine einzigartige Sammlung zeitgenössischer Kunst.

Bild: Edith Billigmann

Um Hiltrud Zock ist es leise geworden, aber nicht still. Das große Rampenlicht hatte sie immer gemieden, dennoch stets die Fäden in der Hand gehalten. "Von der zweiten Reihe aus lässt es sich am besten beobachten und koordinieren", wie sie sagt. Dort habe sie sich am wohlsten gefühlt - auch heute noch. Hiltrud Zock (62), wasch- echte und kulturbegeisterte Triererin, Mitbegründerin und Geschäftsführerin des ehemals mittelständischen Agenturhauses Trier mit 10 Angestellten, hat reduziert auf das, was in ihr Lebensbild passt: Home-Office, Kultur- Engel und Familie. "Es gibt Dinge, die sich nicht nachholen lassen", sagt sie nachdenklich. Und dazu gehöre ihr Selbstverständnis als Mutter, Oma und Ehefrau - und auch als Tochter ihrer vor wenigen Jahren verstorbenen Eltern.

 


"Elternzeit"

Prägend seien die letzten Jahre mit ihren Eltern gewesen, sagt sie und erzählt von der Demenzerkrankung ihres Vaters. "Man merkt die Endlichkeit und es ist eine Herausforderung, damit zurechtzukommen." Und auch mit dem Rollentausch, der allmählich stattgefunden habe. "Mein Vater war immer mein Kompass. Auf einmal war es umgekehrt." In Hiltruds Vita hat es viele markante Punkte gegeben, an denen das Leben eine andere Richtung genommen hat: die Geburt ihres Sohnes Alexander mit eng darauffolgender Firmengründung, 18 Jahre Aufbau der Trierer Kulturstiftung, das OB-Bewerberjahr, die Betreuung der Eltern - und das Leben mit Uli, Ehemann, Glücksfall und solides Fundament. Apropos Glück - das habe sie tatsächlich gehabt, aber sie habe auch echte Chancen erkannt und ergriffen. "Davon gibt es unendlich viele. Es liegt an uns, etwas daraus zu machen", sagt sie. Verpassten Chancen nachzutrauern, mache keinen Sinn. "Manchmal passen sie einfach nicht zur Lebensphase."

 

Die Freiheit, entbehrlich zu sein

Doch es gibt etwas, das bei Hiltrud Zock in jede Lebensphase passt: ihr Engagement bei "nestwärme", einem Verein, der Familien mit beeinträchtigten Kindern bei der häuslichen Pflege Halt, Hilfe und Entlastung gibt. "Die Freiheit, entbehrlich zu sein, hat ein pflegender Angehöriger nie", gibt sie zu bedenken. Umso wichtiger sei es, mittels gut angelegter Marketing-Projekte "nest- wärme" immer wieder die mediale Aufmerksamkeit zu geben, die es für sein erfolgreiches Unterstützungsnetz- werk brauche. Aus der engen Verbundenheit zum Verein ist mittlerweile eine intensive Freundschaft zu den Gründerinnen Petra Moske und Elisabeth Schuh erwachsen. Ihre langjährige, über zwei Jahrzehnte an- haltende Mitgliedschaft im Beirat ist selbstredend.

 

Nicht jammern, einfach machen

Aufmerksam beobachtet Hiltrud Zock das Stimmungsbild in Deutschland, die zunehmende Schelte auf Verwaltung, Politik und Gesellschaft. Grundsätzlich könne Unzufriedenheit antreiben, ständiges Jammern und Klagen würden aber lähmen, konstatiert sie und empfiehlt: "Ich habe ein gutes Mittel gegen Ohnmacht: selber machen, und das am besten in einer Gemeinschaft, die die gleichen Werte teilt." Ihre Gemeinschaft sind die "Theaterfeunde Trier", deren Vorsitz sie seit 2010 innehat, und die "Kulturstiftung", für die sie bis vor zwei Jahren als Stiftungsbeauftragte mit der Entwicklung von Konzepten und deren Umsetzung betraut war.

"Jetzt gehöre ich zu den sogenannten KulturEngeln", sagt sie und erläutert das besondere Coaching-Modell, bei dem interessierten Kulturschaffenden Zeit und Expertise zur Verfügung gestellt wird, um mit dem Wissenstransfer genau das zu bewirken, was wichtig ist: Hilfe zur Selbsthilfe. Für die Kulturstiftung rührt sie noch immer kräftig die Werbetrommel, insbesondere für die Aktion im 20. Jubiläumsjahr: Restbestände der Wertaktien - eine einzigartige Sammlung zeitgenössischer Kunst von ausgezeichneten Trierer Künstlerinnen und Künstlern - können bis zum 31.12.2024 zu einem Sonderpreis von 20 Euro erworben werden. "Bis heute beläuft sich der Anteil der Fördergelder aus dem Verkauf der Kulturaktie auf weit mehr als 300.000 Euro", betont sie.

 

Das Leben, eine ständige Veränderung

Hiltrud Zocks Leben ist nie linear verlaufen. Mit der Geburt ihres Sohnes Alexander 1986 beginnt ein Umdenken im Hinblick auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Selbstständigkeit ist für die gelernte Journalistin zum damaligen Zeitpunkt der Weg, den sie glaubt, gehen zu müssen. Ihr Bauchgefühl gibt ihr Recht. Das Agenturhaus wird zum Erfolg, wenige Jahre später zählt ihr Unternehmen sechs, dann acht bis zehn Mitarbeiter.

Ein markanter Punkt in ihrem Leben soll das Bewerberjahr 2014 um das Amt als Oberbürgermeisterin von Trier werden. Es ist der Zeitpunkt, an dem sich Grundlegendes in der Struktur und der Expansion ihres Agenturhauses ändert. Ihre gesamte Energie steckt sie in die Kandidatur, ganz nach ihrem Motto: "Was ich mache, mache ich richtig." Für den Fall, dass sie die Wahl gewinnt, hat sie Vorsorge getroffen und ihre Mitarbeiter an andere Arbeitsplätze vermitteln können.

Doch es kommt anders. Die erste Wahl gewinnt sie mit über 45 Prozent; in der Stichwahl fehlen 110 Stimmen. "Nach der OB-Wahl war schnell entschieden, dass ich nicht wieder vergrößern werde", erzählt sie rückblickend. Sie reduziert die Aufträge und bleibt regional aktiv. 2016 zieht sie in den Agenturverbund der Markenmut AG in die Herzogenbuscher Straße neben der IHK. Seit 2024 arbeitet sie ausschließlich im Home-Office. Ihr Fazit: "Corona hat uns alle in Hochgeschwindigkeit zur Digitalisierung erzogen. Das ist heute ein großer Vorteil. Video-Konferenzen und digitale Arbeitsebenen sparen viel Zeit." An der Stadtmoderation in Wadern, die sie seit 2009 begleitet, hat sie bis heute festgehalten. Hier kann sie ihre Stärken wie Kreativität, Konzepterarbeitung und Koordination einbringen. Gleiches gilt für ihre Funktion als Krisen-Kommunikatorin für Unternehmen, die in Schieflage geraten sind, und für ihre Marketing-Projektbetreuung für den gemeinnützigen Verein "nestwärme".

Es sei im Grunde immer das gleiche Prinzip, das nach Lösungen verlange, sagt sie: "Wie können wir mit wenig Geld eine größtmögliche Wirkung erzielen?" Eine Aufgabenstellung, für die sie immer Lösungen gefunden hat - ob für die gelungene 2020-Jahr-Feier in Trier, die Kulturstiftung oder auch die Theaterfreunde Trier. FAMILY FIRST Auch wenn Hiltrud Zock ihre Aktivitäten reduziert hat, ist ihr Rat noch immer gefragt. Die freiwillige Selbstbeschränkung bezieht sich aber nur auf ihren Berufsalltag, nicht auf das Leben in und mit der Familie. "Ich bin gerne Oma", sagt sie stolz mit Blick auf Enkel Valentin. Und mit Ehemann Uli an ihrer Seite hat sie nun auch Zeit zum (Ab-)Tauchen. Denn diese Leidenschaft teilt sie mit ihm seit gut 15 Jahren.

 


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