Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien
Trier. Arndt Müller kennt die Stadtwerke Trier wie kein anderer. Seit 1997 ist er in unterschiedlichen Positionen für den Trierer Infrastruktur- und Energiedienstleister tätig, z. B. als technischer Vorstand (2012-2021) oder als Bereichsleiter Netze und Anlagen (2003 -2012). Seit Juli 2021 leitet er das Unternehmen als Vorstand. Wir haben ihn aus aktuellem Anlass um ein Interview gebeten:
Was tun die Stadtwerke Trier, um dem Thema Nachhaltigkeit gerecht werden zu können?
Nachhaltigkeit ist ein sehr breites Themenfeld, bei dem wir viele unterschiedliche Maßnahmen ergreifen. Zum Beispiel bauen wir seit vielen Jahren regionale Erzeugungsanlagen. Diese Anlagen erzeugen inzwischen mehr Energie aus Sonne, Wind und Wasser, als unsere Privat- und Gewerbekunden in der Region verbrauchen. Unser Ziel ist es, 2030 alle Stromkunden zu 100 Prozent mit Strom aus der Region zu versorgen. Parallel dazu haben wir mit dem energetischen Umbau unserer Geschäftsfelder begonnen. Das heißt konkret, wir suchen in allen Sparten nach Einsparmöglichkeiten und setzen diese konsequent um - denn gesparte Energie ist die beste Energie. Dann machen wir den benötigten Strom grün, z. B. mit PV-Anlagen auf den Dächern von Betriebsgebäuden, Turbinen im Netz oder auch größeren Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Unser Ziel ist es, so viel Energie selbst zu erzeugen, wie die jeweilige Sparte benötigt. Im nächsten Schritt geht es darum, diese Energie zu speichern und auszuregeln. Für den Abgleich von Erzeugung und Bedarf nutzen wir künstliche Intelligenz, die diese Prozesse vorausschauend steuert.
Seit wann stellen die SWT die innerstädtische Beleuchtung auf LED um? Wie viel Energie kann durch diese Maßnahme gespart werden?
Wir haben die Straßenbeleuchtung im Jahr 2016 von der Stadt Trier übernommen. Damals lag der Strombedarf bei rund sechs Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Seitdem stellen wir die 12.800 Lichtpunkte auf energiesparende LED-Technik um. Mehr als 8.000 Leuchten haben wir schon umgestellt und sparen damit bereits heute rund 2,8 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr ein. Zum Vergleich: Das entspricht dem Bedarf von mehr als 800 Musterhaushalten. Bis 2026 soll die komplette Umstellung abgeschlossen sein. Übrigens: Das zusätzliche Dimmen der Leuchten leistet bereits heute einen Einsparbeitrag von rund 800.000 Kilowattstunden jährlich.
Wie setzt sich der aktuelle Gaspreis für den Verbraucher zusammen? Können Sie als Experte uns Laien erklären, welche Umlagen dabei Sinn machen und welche eher nicht? Gemeint sind hier explizit die Gasspeicher-, Konvertierungs- und Bilanzierungsumlagen….
Der Gaspreis setzt sich aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen, beispielsweise Beschaffung, Netzentgelte oder Steuern und Abgaben. Mit den neuen, von Ihnen oben genannten Umlagen soll eine Stabilisierung der Gasversorgung erreicht werden.
Woher beziehen die SWT ihre Gaslieferungen? Und wie sehen Sie die Entwicklungen beim Gaspreis im Winter 2022/23? Wie groß ist die Gefahr, dass wir »kalt« sitzen werden?
Wir kaufen Erdgas bei mehreren Vorlieferanten ein. Die Lieferverträge lassen die Herkunft offen. Aber aktuell stammt der Bezug vermehrt aus skandinavischen Ländern und den Niederlanden. Wichtig für die Sicherung der Versorgung ist aus unserer Sicht, dass die vorgegebenen Füllstände der Erdgasspeicher erreicht und die Flüssiggasterminals schnellstmöglich fertiggestellt werden. In der Region arbeiten wir am Ausbau der Bio-Methanerzeugung. Damit können wir Importgas verdrängen und erzielen eine preisstabilisierende Wirkung.
Wie sehen Sie die Entwicklung hinsichtlich des Strompreises? Müssen wir im kommenden Winter einen »Blackout« fürchten?
Aufgrund unserer Eigenerzeugung fällt der Preisanstieg beim Strom mit einem Plus von rund 30 Prozent moderater aus. Hier haben wir den Vorteil, dass wir weniger abhängig von den Entwicklungen an den Märkten sind. Einen Blackout aufgrund der aktuellen Situation müssen wir aus meiner Sicht aktuell nicht befürchten.
Befürworten die SWT eine Verlängerung der Atomkraft für Deutschland?
Der kurzfristige Verbleib von Atomkraftwerken in der Notreserve - wie erst kürzlich beschlossen - ist eine Notlösung vor dem Hintergrund der aktuellen Situation. Aus unserer Sicht gehört die Zukunft aber den erneuerbaren Energien – für eine Stromversorgung ohne CO2-Ausstoß und ohne nukleare Gefahren.
Woher beziehen die SWT ihren Strom für die Region?
Wir versorgen die Privat- und Gewerbekunden in der Region bereits seit 2008 zu 100 % mit Ökostrom aus Wasserkraft. Mit Veränderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wir sukzessive dazu übergangen, neue eigene Erzeugungsanlage in der Region direkt für die Vermarktung an unsere Kunden zu nutzen. Somit haben wir aktuell Erzeugungsanlagen sowohl im geförderten EEG-Betrieb (abnehmende Anzahl und Menge) als auch in der direkten Kundennutzung (stark steigend).
Wo sehen die SWT weiteres Entwicklungspotenzial in der Stadt Trier und im Kreis Trier-Saarburg in Sachen Nachhaltigkeit?
Aus unserer Sicht ist das Zusammenspiel zwischen der Region als Erzeugungsgebiet und den Städten als Verbrauchsschwerpunkte ideal, um einen regionalen Energieabgleich auf Basis der erneuerbaren Energien aufzubauen. Neben den Erzeugungsanlagen spielt dabei aus unserer Sicht die Berücksichtigung von Flexibilitäten eine wichtige Rolle. Das heißt konkret: Wir brauchen auch dann Strom, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Und hier sehen wir viel Potenzial in der Veredelung und Einspeicherung von regional erzeugtem Bioerdgas sowie im Aufbau von Standorten zur Produktion von grünem Wasserstoff. Diese Energie können wir im Erdgasnetz speichern und bei Bedarf in Blockheizkraftwerken wieder effizient Strom und Wärme erzeugen. Das heißt auch, dass das Erdgasnetz im Zuge der Energiewende eine neue Rolle als Speichernetz übernehmen soll.
Wie geht’s mit den Elektrobussen der SWT weiter? Wird sich diese Antriebsart fortsetzen?
Wir haben aktuell einen Bus im Einsatz, zwei weitere werden dieses Jahr kommen. Darüber hinaus haben wir einen Förderantrag für rund 30 weitere E-Busse beim Bund gestellt, mit dem Ziel diese umweltfreundliche aber noch sehr teure Antriebsart in Trier schnell vermehrt auf die Straßen zu bringen.
Zum Thema Stadtentwicklung: Was haben die SWT mit dem alten Busdepot in Trier-Euren-Zewen vor?
Dort soll im Rahmen der Quartiersentwicklung zusammen mit weiteren Partnern insbesondere auch sozial geförderter Wohnungsbau entstehen. Für uns ist es wichtig, dass wir in diesen neuen Quartieren all unsere Kompetenzen einbringen können: von einer klimaneutralen Energie- und Wärmeversorgung - über den Aufbau von Ladeinfrastruktur und innovativen Mobilitätsdienstleistungen bis hin zu moderner, digitaler Infrastruktur wie Smart Metern, Funknetzen und einem Stadtinformationssystem. In der Vernetzung dieser Sektoren sehen wir in Zukunft unsere Hauptaufgabe und bieten damit der Stadt und den Menschen, die hier leben einen echten Mehrwert in Sachen Lebensqualität.
Das Interview führte
Sabine Krösser