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Stolpersteine erinnern an »Koofmännsche«
Die 85-Jährige, die heute im Phoenix/Arizona, aber auch in Dahlem lebt war unter den vielen Gästen, die einem »wichtigen Moment in der Geschichte Eicherscheids« beiwohnten, wie Hanna Zack Miley es beschreibt. Der Künstler Gunter Demnig war in die Eifel gekommen, um »Stolpersteine« für die wahrscheinlich einzige jüdische Familie aus dem Monschauer Land zu verlegen, die durch die Gräuel der Nationalsozialisten ihre Heimat verloren.
Integration
»Koofmännsche« nannten die Eicherscheider Kinder in den 1930er Jahren Leo Kaufmann liebevoll. »Er hatte immer ein paar Bonbons dabei«, erinnert sich Alois Nießen. Der heute 90-Jährige ging mit der Tochter der Viehhändler-Familie, Edith Kaufmann, zur Schule. »Die aus Aachen stammende Familie war im Dorf gut integriert, belegen viele Bilder dieser Zeit«, weiß auch Ludwig Siebertz. Er und seine Mitstreiter aus dem »Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid« haben das Schicksal der jüdischen Familie aufgespürt.Vereinsmitglied Joachim Gostek hatte dafür akribisch die örtliche Schulchronik durchstöbert und Dinge ans Licht gebracht, »die uns auch über 70 Jahre danach schaudern lassen.«Den Anstoß dazu gab eine Handvoll Jugendlicher, die mit dem evangelischen Pfarrer Jens-Peter Bentzin Nachforschungen betrieben hatten, wo Juden in der Eifel gelebt haben und was aus ihnen während des Nazi-Regimes geworden ist. »Es waren bewegende Erlebnisse, als wir uns auf die Spuren der Kaufmanns begaben und die Jugendlichen verstanden, was ihnen angetan worden war«, erklärt Bentzin.
Hetzparolen
»Unser Lehrer war ein Sadist«, hat Alois Nießen die Schuljahre vor dem Zweiten Weltkrieg nie vergessen. »Auf dem Weg zum Sport mussten wir am Haus der Familie Kaufmann vorbei marschieren und antisemitische Gesänge anstimmen«, erklärt der damals Elfjährige. Sonntags seien dann Mitglieder der NSDAP aufmarschiert und hätten ihre Antipati zum Ausdruck gebracht. »Beim Juden könnt ihr ruhig die Scheiben einschlagen, da passiert euch nichts«, habe Lehrer Hermann Althoff unverfroren die Kinder im Ort zu Gewalt aufgerufen.Nach schwierigen und unerträglichen Jahren im Ort wurde Leo Kaufmann schließlich am 10. November 1938 - dem Tag nach der Reichsprogromnacht - verhaftet und zur Zwangsarbeit ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. »Am nächsten Morgen fand ich Glassplitter und kaputte Möbel auf der Straße vor dem Haus der Kaufmanns. Das Gebäude selbst war mit Hakenkreuzen beschmiert«, berichtet Alois Nießen.
Flucht
Als Kriegsversehrter des ersten Weltkrieges wurde Kaufmann nach sechs Wochen freigelassen - mit seiner Familie gelang ihm Anfang 1939 die Flucht ins nahe Belgien. Nach der deutschen Besatzung Belgiens überlebte die Familie den Zweiten Weltkrieg mit gefälschten Papieren. Nach Kriegsende kehrte Leo Kaufmann 1949 für wenige Monate nach Eicherscheid zurück, während seine Frau und Tochter in der Zeit in Mützenich wohnten. »Ich habe Leo Kaufmann auf seinem Weg nach Eicherscheid mit dem Mofa aufgegabelt«, weiß Alois Nießen. Das sei nur möglich gewesen, da sich sein Vater, der erste frei gewählte Bürgermeister Eicherscheids nach dem Zweiten Weltkrieg, immer loyal den Kaufmanns gegenüber gezeigt hatte.Mahnmal
»Auch nach dem Krieg hatte er nicht vergessen, wer im Ort für die Gräuel mit verantwortlich gewesen war«, mutmaßt der Zeitzeuge. Kurze Zeit später emigrierte die Familie in die USA.»In Zeiten, wo Fremdenhass wieder an Popularität gewinnt, sind diese Stolpersteine ein ganz wichtiges Zeichen der Menschlichkeit«, unterstreicht Eicherscheids Ortsvorsteher Günter Scheidt. Auch er habe erst durch die Nachforschungen des Geschichtskreises vom Schicksal der Kaufmanns erfahren.
»Ich danke den Eicherscheidern, dass sie den Mut bewiesen haben, diesem negativen Teil ihrer Geschichte einen Platz einzuräumen«, erklärte Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns. »Schon in wenigen Jahren wird es keine Zeitzeugen mehr geben - aber diese Stolpersteine wirken nach.«
Gezielt wurden sie zwar nahe dem ehemaligen Wohnhaus der Kaufmanns verlegt, aber doch auf dem Parkplatz der Pfarrkirche. »Dieses Mahnmal gehört auf einen öffentlichen Platz«, waren sich Ortsvorsteher Scheidt und die im Ortskartell zusammen geschlossenen Dorfvereine einig, die das Unterfangen finanzieren.
Gedenken
Der Kölner Bildhauer Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir verlegt. Inzwischen liegen »Stolpersteine« in über 1100 Orten Deutschlands und in 20 Ländern Europas. www.stolpersteine.eu
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