Hilfe, wo sie nicht selbstverständlich ist

»Ich möchte dort unterstützen, wo medizinische Hilfe keine Selbstverständlichkeit ist. Und dabei noch andere Kulturen kennen zu lernen - das ist einfach faszinierend.« Ruth Breuer aus Steckenborn freut sich auf den 19. Oktober: Dann reist sie mit einem neunköpfigen Ärzte- und Schwesternteam nach Sierra Leone, um das Leid von Menschen in Not zu lindern.

Steckenborn/Kenema (Fö). Der Staat im Westen Afrikas gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Im Durchschnitt wird ein Bewohner von Sierra Leone 57 Jahre alt, jedes 13. Kind stirbt - doppelt so viele erleben den fünften Geburtstag nicht. »Dieses Land ist gezeichnet vom Bürgerkrieg in den Jahren 1991 bis 2002, der Ebola-Epidemie 2014/2015, aber auch durch die schlechte medizinische Versorgung«, weiß Ruth Breuer um die misslichen Umstände. Die 53-Jährige ist Fachkrankenschwester für Anästhesie im St. Augustinus-Krankenhaus in Lendersdorf. »Dort ist es selbstverständlich jedem Patienten mit modernster Technik und bestens ausgebildetem Personal zu helfen«, unterstreicht Breuer. In Sierra Leone hingegen stehen den etwa 7 Millionen Einwohnern lediglich 190 Ärzte zur Verfügung - 22 von ihnen sind Fachärzte. »Organisationen wie Interplast Germany wollen und müssen etwas tun«, so Breuer. Gemeinsam mit ihren Kollegen - dem Anästhesisten Rolf Overs-Frerker aus Aachen und OP-Fachkraft Tina Wolkenaer aus Abenden reist die engagierte Frau aus Steckenborn für 18 Tage in das verarmte Land. Handarbeit Ein neunköpfiges Team aus Chirurgen, Anästhesie und Pflegepersonal wird etwa 100 Operationen durchführen. »Das ist kein Urlaub, sondern strapaziöse Arbeit«, weiß Overs-Frerker, der bereits mehrmals für die Hilfsorganisation im Einsatz war. »Wir verfügen nicht über ein Narkosegerät, da erfolgt die Beatmung noch per Hand.« Und dafür bekommen die Mediziner keinen Cent - im Gegenteil, sie opfern Urlaub bzw Freizeit, um den Menschen in Not zu helfen. »Ein gebrochenes Bein kann in Sierra Leone bereits zum Tod führen - weil es nicht richtig versorgt wird und Entzündungen entstehen«, erklärt Breuer. Bereits jetzt haben Ruth Breuer und ihre Mitstreiter alle Hände voll zu tun. Der Einsatz muss von der dortigen Regierung genehmigt oder geduldet sein. »Wir brauchen Visa und Arbeitserlaubnisse, müssen uns gegen Hepatitis A und B impfen lassen und bekommen eine Malaria-Prophylaxe.« Schließlich ist Hygiene im westafrikanischen Land keinesfalls mit deutschen Standards zu vergleichen. »Es wird 29 bis 37 Grad warm sein bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit«, weiß der Anästhesist. Nach einem zweitägigen Screening sind die zu operierenden Patienten ausgewählt. »Oft sind es Kinder mit Verbrennungen, aber auch Frakturen, Weichteiltumoren und Pseudoarthrosen«, zählt Overs-Frerker die Breite der Tätigkeiten auf. Die medizinische Ausrüstung sowie die benötigten Medikamente und Materialien werden zum Teil von den Herstellerfirmen gespendet. »Interplast Germany« bietet seine Hilfe im jeweiligen Land an, bedarf aber der Einladung und der Unterstützung durch ein Krankenhaus des entsprechenden Landes. So werden Ruth Breuer und ihre Kollegen im Government-Hospital in Kenema im Osten des Landes tätig sein. Breuer: »Wir müssen gezielt planen, welche Hilfsmittel und Medikamente wir vor Ort benötigen. Das ist schon Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass man dort jede Spritze bedacht verwenden muss und hier massenhaft weggeworfen wird.« Durch Spenden könne man das Notwendigste mitnehmen, da es vor Ort kaum brauchbare Hilfsmittel gebe. Und obwohl mit Sorgfalt und unentgeltlich gearbeitet wird, wird der Einsatz dennoch etwa 15000 Euro kosten. »Um unseren Einsatz zu ermöglichen, sind wir auf die Unterstützung der Menschen in der Eifel angewiesen«, unterstreicht Ruth Breuer. »Unser Engagement ist ein Zeugnis für den Wert und die Würde des Einzelnen.« Schon als junge Frau habe sie Entwicklungshilfe leisten wollen und sei mit ihrem Mann, der ebenfalls im Gesundheitswesen tätig ist, nach Nepal und Indien gereist. Zunächst zu unerfahren, später Mutter von drei Kindern, habe es einfach nie gepasst. »Aber jetzt ist es an der Zeit, dass ich mich armen und kranken Menschen widme, dass sie bestmögliche, kostenlose medizinische Hilfe erhalten.« Wer das Engagement von Ruth Breuer und Interplast Germany unterstützen möchten, kann sich per E-Mail an mail@ruth-breuer.de wenden. Spendenkonto: Interplast Germany, Sektion Eschweiler, IBAN DE18 3916 2980 6103 2890 15 VR-Bank Eschweiler, Stichwort »Sierra Leone« Die Arbeit von INTERPLAST Germany e.V. basiert auf freiwilligem unentgeltlichem Engagement der Mitglieder. Die entstehenden Kosten werden durch Spendengelder sowie den Jahresbeitrag der Mitglieder finanziert. Die Mitglieder von INTERPLAST-Germany e.V. führen unentgeltlich plastisch-chirurgische Operationen in über 25 Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Latein- sowie Südamerika durch. Die behandelten Patienten leiden unter Gesichtsfehlbildungen, Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten, Handfehlbildungen, schweren Verbrennungsnarben, Tumoren der Haut und des Kopfes, Defekten durch Unfälle oder Kriegsfolgen und sonstigen Erkrankungen, die in das Fachgebiet der Plastischen Chirugie fallen. Mehr Infos unter www.interplast-germany.de 


Meistgelesen