Claudia Neumann

Wenn Roboter zu Pflegekräften werden

Trier. Ein neues Projekt der Universitäten Trier und Eindhoven erforscht, wie Fachkräfte in der Pflege einer möglichen robotischen Unterstützung gegenüberstehen.

Im SkillsLab der Universität Trier können Studierende der Pflege erste Erfahrungen mit Robotern sammeln.

Im SkillsLab der Universität Trier können Studierende der Pflege erste Erfahrungen mit Robotern sammeln.

Bild: Uni Trier

In der Pflege fehlt es an Personal. Neue Technologien lassen auf ein wenig Erleichterung in dem anstrengenden Job hoffen. Doch bisher sind humanoide Roboter unter anderem aufgrund der Fehleranfälligkeit und nicht in allen Bereichen ausgebauten sicheren WLAN-Netzwerken in der Pflege noch Zukunftsmusik, weiß Ana Nanette Tibubos. Die Professorin für Pflegewissenschaft an der Universität Trier hat kürzlich gemeinsam mit Anna-Sophie Ulfert-Blank, Assistenzprofessorin für Organizational Behavior and Artificial Intelligence an der Eindhoven University of Technology, ein neues Forschungsprojekt gestartet. Dabei untersuchen die Wissenschaftlerinnen, welche Einstellungen Pflegekräfte gegenüber robotischer Hilfe haben. Insbesondere Emotionen und Vertrauen stehen bei dem Forschungsprojekt im Mittelpunkt.

"Wir betreiben Grundlagenforschung. Unsere Ergebnisse könnten in die Entwicklung der Roboter einfließen, um die Akzeptanz bei Pflegekräften wie Gepflegten zu erhöhen", steckt Ana Nanette Tibubos das Ziel ab. Den beiden Forscherinnen geht es darum, einen theoretischen Rahmen zu entwickeln, der die vielschichtigen Interaktionsbeziehungen speziell für die stationäre Alten- und Krankenpflege abbildet. Aus anderen Anwendungsfeldern wie der industriellen Fertigung weiß man, wie wichtig Vertrauen und Emotion für den erfolgreichen Einsatz von Robotern ist. Für die Pflege gibt es hier bisher kaum Wissen. Das möchte die beiden Wissenschaftlerinnen ändern.

Wie zuverlässig sind Roboter?

Unter anderem werden Tibubos und Ulfert-Blank die Einsatzfelder von Robotern in der Pflege differenziert betrachten. In den wenigen bisher durchgeführten Pilotprojekten helfen Roboter Patientinnen und Patienten aktuelle Informationen zu bekommen oder unterhalten im Altenheim bei Musik- oder Märchenstunden. Regelmäßige Tätigkeiten, wie das Servieren von Essen oder die Ausgabe von Medikamenten, sind weitere Einsatzmöglichkeiten. Doch gerade bei letzterem wird es wieder kompliziert: Wie zuverlässig können Roboter das übernehmen? Was, wenn der Roboter die falschen Medikamente gibt? Was, wenn sich jemand weigert, die Medikamente zu nehmen? Ana Nanette Tibubos kann sich vorstellen, dass es für Pflegekräfte wie Patientinnen und Patienten insbesondere eine Erleichterung wäre, wenn Roboter bei schambehafteten Tätigkeiten unterstützen. Dazu gehört beispielsweise der Gang zur Toilette oder die Intimwäsche. Denn diese Tätigkeiten gehen oft mit einem Schamgefühl von Seiten der Gepflegten einher.

Äußere Gestalt beeinflusst Emotionen

Die Forscherinnen wollen in qualitativen Interviews Pflegekräfte aus vier Ländern befragen, die in unterschiedlichen Bereichen der Pflege arbeiten. "Basierend auf Ergebnissen der Emotionsforschung vermutet die Trierer Professorin, dass vor allem beim ersten Kontakt mit den humanoiden Robotern negative Emotionen überwiegen könnten. "Negative Gefühle sind einfacher zu erzeugen als positive. Es kommt nicht von ungefähr, dass humanoide Roboter oft so gestaltet sind, dass wir sie niedlich finden. Wenn Roboter zu sehr Menschen ähneln, wirkt das eher unheimlich auf uns."

Im zweiten Schritt planen die Forscherinnen weitere Befragungen, unter anderem von Patientinnen und Patienten, Angehörigen sowie anderen Gesundheitsfachkräften wie Physiotherapeutinnen und -therapeuten, mit denen Pflegekräfte interprofessionell zusammenarbeiten. Außerdem soll eine Analyse von konkreten Interaktionen zwischen Mensch und Roboter in der Pflege durchgeführt werden.
Sehr wahrscheinlich wird es zukünftig mehr Roboter in der Pflege geben, aber wie und in welchen Bereichen diese eingesetzt werden, entscheiden nicht zuletzt die Pflegekräfte sowie die Patientinnen und Patienten. Mit ihrer Forschung wollen die beiden Wissenschaftlerinnen dazu beitragen, dass die Meinungen und Empfindungen der Fachkräfte und Gepflegten mit in die Entwicklung einfließen.


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