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Nico Lautwein

Tanz in eine neue Jazz-Saison 

Trier. Das Philippe Lemm Trio macht am  Donnerstag, 11. Juli, den Auftakt der diesjährigen "Jazz im Brunnenhof"-Reihe.

Ein Tänzer auf dem Schlagzeug: Philippe Lemm ist in der Jazzszene dafür bekannt, das rhythmische Spiel zu choreographieren, melodische Bewegung in seinen Kompositionen zu verankern, die Musik zu einem, auch körperlichen Ausdruck des Tanzes werden zu lassen. Sein Motto "Keep moving, keep flowing, be flexible" - "Bleib in Bewegung, bleib' im Fluss, sei flexibel" bringt er auch in den Brunnenhof und setzt damit zugleich die Überschrift über eine neue Saison: Sein Trio eröffnet am 11. Juli die diesjährige "Jazz im Brunnenhof"-Reihe.

Das Schlagzeug tanzt. Das Piano singt. Der Bass feuert an. Und alle drei erzählen zusammen die Geschichten eines mit sich hadernden Helden, der zweifelt, zaudert, zögert - und sich am Ende doch zu dem bekennt, zu dem er berufen wurde. "The Melancholy Hero", geschrieben von Pianist Sharik Hasan, entstand während der Tour des Philippe Lemm Trios und entwickelte sich, wie Band-gründer Philippe selbst gesteht, zu einem seiner absoluten Lieblingsstücke. Kein Wunder, evapo-riert es doch in jeder Note das, was diese Formation auszeichnet: Eine von Anfang hypnotisch in ihren Bann ziehende Melodie, die sich steigert, jedem der drei Instrumente ihren Raum lässt und Bilder vor dem inneren Auge der Zuhörer aufruft, die dann, gegen Ende des Stücks doch noch überrascht werden - in diesem Fall von futuristisch einbrechenden Synthesizer-Klängen, die Hasan parallel unter sein Klavierspiel mischt.

Das rundum Melodische seines Trios ist bereits in Philippe Lemms Ausbildung angelegt. Denn ei-gentlich kommt der niederländische Jazzmusiker aus dem Tanz. "In gewisser Weise habe ich immer noch das Gefühl, dass das Schlagzeug mein Ausdruck von Bewegung ist", erklärt er. "Ich kann nicht stillsitzen. Es gibt einen Drang, sich zu bewegen, sich auszudrücken, sich zu verbinden." Dieser Drang, das Gemeinsame zu finden, die Beziehung nicht nur zu seinen Bandmitgliedern, sondern auch zum Publikum zu suchen, zeigt sich auch in der Mimik auf der Bühne. Philippe Lemm, Sharik Hasan und Jeff Koch lächeln miteinander und in sich hinein, beglückwünschen sich augenzwinkernd zu gelungenen Übergängen und versprühen die pure Freude, gemeinsam auf der Bühne zu stehen.

Bandgründer Lemm tut dies bereits seit über 20 Jahren. Mit 16 begann er, als Musiker zu arbeiten, drei Jahre später studierte er am Konservatorium in Amsterdam, ab 2011 schließlich an der renom-mierten Manhatten School of Music in New York. Mit seinem Trio legte er 2016 sein erstes Album "New Amsterdam" vor (mit Pianist Angelo di Loreto), dem 2021 die gefeierte Fortsetzung "First Steps" folgte, inspiriert von traditionellen Tänzen und folkloristischen Rhythmen. Die im Albumtitel verborgene Botschaft gilt für Lemm bis heute: "Musik ist mein erster Schritt, um mit dem Zuhörer, dem Betrachter, dem Tanzpartner, in Verbindung zu treten. Vielleicht persönlich, vielleicht aus der Ferne, aber immer im Geiste." Glücklicherweise kann die Verbindung im Brunnenhof tatsächlich persönlich erfolgen - und damit zugleich die Vorfreude auf eine tolle neue Jazzsaison im Schatten der Porta Nigra wecken.

Das Konzert beginnt um 20:00 Uhr (Einlass 19:00 Uhr). Tickets sind ab sofort in der Tourist-Information an der Porta Nigra, unter www.ticket-regional.de und an allen Ticket Regional-Vorverkaufsstellen erhältlich. Die Tickets berechtigen zur kostenlosen Nutzung von Bus und Bahn im VRT-Gebiet zum Konzert und zurück. Studis haben dank des DiMiDo-Kultursemestertickets ab 20 Minuten vor Beginn freien Eintritt. Bei ausverkauften Veranstaltungen entfällt dieser Anspruch.

Alle weiteren Konzerte der Reihe im Überblick

18. Juli 2024, 20:00 Uhr: Judith Hill

Es sind nicht die großen Namen ihrer Kollaborationen, die man anführen könnte, um Judith Hills Karriere zu umreißen. Es geht eher um die tiefe Verbundenheit zu diesen Namen, die ermessen kann, wie die größten Künstler unserer Zeit Hills Talent einschätzten. Prince zählte die Sängerin bis zuletzt zu seinen engsten Vertrau-ten; 2015 produzierte er ihr Debütalbum "Back in Time". 2009 wurde sie als eine der Sängerinnen für Michael Jacksons geplante Comeback-Tour This Is It ausgewählt, sang als Background-Sängerin für Stevie Wonder, Elton John, John Legend oder George Benson.

In ihrer eigenen Musik verfolgt Judith Hill ihren eigenen musikalischen Weg, der nicht gradlinig auf das Ziel eines Genres zuläuft. Psychedelischer Funk, erdiger Rhythm & Blues und gefühlvolle Piano-Balladen verschmelzen bei Judith Hill zu einem unverkennbaren Sound, den sie mit einer mal kistallklar zarten, mal expressiv ausbrechenden, mal kraftvoll schmetternden Stimme trägt. Und der neuerdings auch durch scharfe Gitarrensoli unterstützt wird. "Für mich ist die Gitarre wie ein neuer Charakter, eine Stimme, die einfach gehört werden will", so Hill. Gehört werden wird sie: Judith Hills Konzert gehört schon jetzt zu den absoluten Highlights der diesjährigen Jazz im Brunnenhof-Reihe.

25. Juli 2024, 20:00 Uhr: Circo Simonelli

Es ist alles Gold, was funkt. So könnte man das Motto von Luca Simonelli beschreiben. Mit seinen halb italienischen, halb belgischen Wurzeln inszeniert sich der 32-jährige nicht nur als leidenschaftlicher Jazztrompeter, sondern auch als Komponist, Multiinstrumentalist und vor allem: tanzbegeisterter Entertainer.

Seine Formation Circo Simonelli beschreibt sich selbst als Power Funk Band: 2011 gegründet, begann die Band zunächst mit Coversongs, fand aber schnell über Eigenkompositionen zu ihrem ganz eigenen Stil, eine Fusion aus soulgeschwängerten Harmonien, supertighten Unisonos und hüftschwingenden Latin-Grooves. Heraus kommt dabei eine Show, in der er, wie Luca von sich selbst sagt, auf die Suche nach seinen Alter Egos geht, die zugleich aber auch jedem Instrument auf der Bühne seinen Raum lässt. Und den braucht auch das Publikum: Schließlich gehen Circo Simonelli mit dem Anspruch auf die Bühne, auch im Brunnenhof eine unvergessliche Party-Atmosphäre zu schaffen. Wer bei diesen Konzerten mittanzt, mitgroovt und mitfunkt, gehört auf jeden Fall zur goldenen Mehrheit.

01. August 2024, 20:00 Uhr: Los Pipos

Ihre Wurzeln liegen unter anderem in Peru, Kuba, Mexiko, Chile und den Niederlanden. Ihren Heimathafen verorten viele der sechs Bandmitglieder von Los Pipos aber im Rheinland: Sängerin und Violinistin Claudia Ra-mos Barreto lebt in Köln, Trompeter Geo del Valle Miranda spielt im Neuen Rheinischen Kammerorchester, Perkussionist Philip Kukulies wurde in Düsseldorf geboren, wo Bassist Juniors Cesar Sarracent heute unterrich-tet. Und auch Sänger Ramón Mendeville und Pianist Enrique Delgado sehen Deutschland mittlerweile als ihre Heimat an, in der sie den Vibe des Latin Jazz so weit verbreiten möchten wie möglich.

Durch ihre Energie, ihre Spielfreude und ihr außergewöhnliches Repertoire, bestehend aus traditionellen Stü-cken und überraschenden Originalkompositionen, fällt Los Pipos dies leicht. Ihr Publikum liebt die rhythmusgeschwängerten Interpretationen ihrer Songs, die auch von Klanghölzern, Röhrentrommeln oder Guiros getragen werden können. So erhalten die vertrauten Takte lateinamerikanischer Melodien durch die improvisatorische Freiheit und die komplexen Harmonien des Jazz einen spannenden, zeitgenössischen Twist. Ihr Sound ist sowohl vertraut als auch neu, so vielfältig und dynamisch wie die Kulturen, die sie repräsentieren.

08. August 2024, 20:00 Uhr: Lennart Allkemper Quartett

Kaum ein Jazz-Künstler verbindet aktuell die Welt des Jazz und des Pop so leichtfüßig und sympathisch wie Lennart Allkemper. Der 1992 geborene Musiker, der bereits mit 12 Jahren seinen ersten Preis gewann, tourte 2022 mit den Fantastischen Vier anlässlich ihres 30-jährigen Jubiläums durch die Stadien und gastiert regelmäßig bei TV-Produktionen wie TV Total oder dem ZDF Magazin Royal. Gleichzeitig kam der Multi-Instrumentalist, der neben Tenorsaxophon auch Sopran-, Alt- und Baritonsaxophon, Klarinette, Bassklarinette, Flöte, Altflöte und EWI spielt, in seiner noch jungen Karriere bereits mit einer Reihe renommierter Jazz-Größen zusammen wie Vince Mendo-za, Kurt Elling, Dave Liebman, Bob Mintzer, Lizz Wright, Joel Frahm oder Till Brönner.

Seit seinem Studium an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, das er 2017 mit Bestnote abschloss, tourt Lennart Allkemper für Workshops und Masterclasses, vor allem aber für seine Auftritte durch Europa und die Welt. In seinem aktuellen Projekt, dem "Lennart Allkemper Quartett", ist er auch als Komponist aktiv: Dort setzt er seinen unverwechselbaren Stil aus Modern Jazz mit reichhaltiger Melodik und sensibler Tonführung in un-verwechselbaren Musikarrangements um. Wie viele seiner Instrumente er dabei nach Trier mitbringen wird, bleibt eine Überraschung.

15. August, 20:00 Uhr: Cyrille Aimée

Die Karriere von Cyrille Aimée ging früh mit Preisen und Auszeichnungen daher - begonnen hat sie jedoch in frühester Jugend. Als Teenagerin kletterte sie nachts aus dem Schlafzimmerfenster ihres Elternhauses in Samois-sur-Seine, um sich unter die Musiker des jährlich dort stattfindenden Django-Reinhardt-Festivals zu mischen. Diese Besuche entfachten in ihr die große Leidenschaft für den Jazz manouche, den sie mit den Ingredienzien ihrer Familiengeschichte anreicherte: mit den afrokaribischen Rhythmen der Bachata und des Merengue aus der Heimat ihrer Mutter, der Dominikanischen Republik.

Bis zu ihrem 20. Lebensjahr hatte sie bereits auf vier verschiedenen Kontinenten gelebt, unter anderem in New York, wo sie tagsüber studierte, nachts jedoch als Sängerin in den Jazzclubs von Manhattan auftrat. Ihre schwer zu beschreibende, zugleich glockenhell zu lachen scheinende und tiefgründig erzählende, spontan ihren Weg findende und doch den Rhythmus lenkende Stimme brachte ihr schnell den Ruf ein, eine furchtlose, witzige Improvisatorin und zugleich eine warmherzige Interpretin zu sein. Auf ihrem neuesten Album "A Fleur de Peau" verbindet Cyrille die Tiefe und Raffinesse des Jazz mit der Direktheit des Pop und den unwiderstehlichen Tanz-rhythmen der Karibik - eine Mischung, die sie auch in den Brunnenhof mitbringen wird.

22. August, 20:00 Uhr: Regionalabend

Nils Thoma Constellation (NTC) und Veda Bartringer Quartet

Für Veda Bartringer, die mit acht Jahren anfing, Klavier zu lernen, mit 16 Unterricht in klassischem Gesang be-legte und schließlich am Conservatoire Royal de Bruxelles Jazzgitarre studierte, soll auf der Bühne alles Ablen-kende vermieden werden: keine Special Effects, keine Nebelmaschine, keine Projektoren mit lautem Ventilato-rengeräusch. Was zählt, ist allein die auf klassischen Modern Jazz-Kompositionen aufgebaute Rhythmik und Me-lodik, die ihre Inspiration zum Teil auch aus brasilianischer und indischer Musik schöpft. Zugleich versucht die Komponistin mit ihren Bandkollegen Julien Cuvelier (Saxophon), Boris Schmidt (Kontrabass) and Maxime Ma-gotteaux (Drums), in den Kompositionen ihre Eindrücke von der Natur zu vertonen. Bei ihrem Auftritt im Brun-nenhof wird jedoch schon ihr 2. Album mit von der Partie sein, das Lust auf Abenteuer jenseits der hiesigen Flora und Fauna macht. Sein Titel: "Deep Space Adventure".

Ebenfalls am Regionalabend auftreten wird die "Nils Thoma Constellation" rund um den Trierer Jazz-Club-Chef Nils Thoma, deren Eigenkompositionen die so genannte E-Musik mit dem norwegisch-nordischen Folk in einer jazzigen Stilistik verbinden. Mit dabei sind mit Benedikt Schweigstill ein auch Akkordeon spielender Pianist, mit Frederik Noll ein das Flügelhorn bedienender Schlagzeuger und mit Nils Thoma selbst ein Saxophonist, der sich nicht scheut, auch die Blockflöte in die Hand zu nehmen. Darüber hinaus bilden Charlotte Wonnebauer am Violoncello und Stefan Zawar-Schlegel am Kontrabass feste Impulsgeber der Stücke, die trotz der selten gehör-ten Klangkombinationen vertraut klingen, weil der improvisierende Jazz auf die im westlichen Kollektivgedächt-nis fest verankerte "klassische" Musik trifft.

 

 

 


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