Ihr Browser ist leider zu alt für diese Seite.
Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser bzw. wechseln auf einen Browser, der für das heutige Web geeignet ist.
Silvesterpredigt : Alle Schritte ins Neue bleiben ein Wagnis
Bischof Ackermann hat in der Silvesterpredigt zu Gelassenheit und Wahrhaftigkeit ermutigt. Ebenfalls sprach er über die "Pfarreien der Zukunft". Weitere konkrete Schritte hierzu werden im Januar vorgestellt.
Foto: Symbolbild/Archiv
"Alle Schritte ins Neue bleiben ein Wagnis." Das hat Bischof Dr. Stephan Ackermann an Silvester 2018 betont. Christen dürften und könnten diese neue Schritte in Gelassenheit und Klarheit gehen. Denn Gott selbst gebe seine Zusage, dass er sich durch die Menschwerdung in Jesu Christi endgültig und unwiderruflich an diese Welt gebunden hat. Davon Zeugnis zu geben, sei wesentlich Aufgabe der Christen. "Und wir können es mit dem Selbstbewusstsein tun, von dem der Hebräerbrief geprägt ist: einem Selbstbewusstsein, das sich von Gott gekannt, geliebt und gebraucht weiß und gerade deshalb andere nicht an die Wand spielen muss", sagte Ackermann.
"Christlichen Endzeitstimmung"
Der Bischof entwickelte in der Silvesterpredigt im Trierer Dom seine Überlegungen zur "christlichen Endzeitstimmung" aus der Weihnachtspredigt weiter und erinnerte an verschiedene Phänomene wie den zunehmende Nationalismus und das nachlassende Bekenntnis zur europäischen Gemeinschaft oder einen verstärkten Populismus und die zunehmende Polarisierung von Auseinandersetzungen. Er könne durchaus verstehen, dass bei manchen Menschen Endzeitstimmung aufkomme: "Ererbte Vorstellungen, unerschütterlich geglaubte Institutionen, gesellschaftliche Systeme, vertraute Bilder sind dabei unterzugehen oder zerbrechen regelrecht vor unseren Augen."
"Gut und richtig, wenn dunklen Seiten der Kirche ans Licht kommen"
Weltliche Endzeitstimmung schaue vor allem zurück und bleibe damit hängen an dem, was vergeht. Und auch in der biblischen Vorstellung von der Endzeit zerbreche Bestehendes: "Aber das ist für den gläubigen Menschen auch nicht verwunderlich. Denn für ihn sind die Verhältnisse, in denen er lebt, ohnehin vorläufig. Sie bestehen nicht ewig. Diese Einsicht kann traurig stimmen, und man darf durchaus über den Verlust von Vertrautem und Liebgewonnenem trauern", sagte Ackermann. Aber das Zergehen von Bestehendem könne auch froh machen und freier; besonders dann, wenn Menschen unter den Verhältnissen, in denen sie leben müssen, zu leiden haben. So sei es "gut und richtig, wenn auch die dunklen Seiten der Kirche ans Licht kommen, und überkommene Kirchenbilder, die nicht mehr der Realität entsprechen - ihr vielleicht nie entsprachen – zerbrechen", betonte Ackermann gerade auch mit Blick auf die Aufarbeitung der Verbrechen durch sexuellen Missbrauch im Raum der Kirche. "Das ist einerseits schmerzlich und enttäuschend, aber es verhilft doch zu mehr Wahrhaftigkeit und Wahrheit. Vergessen wir nicht: Oft genug war der Preis für das strahlende Bild von der Kirche der verschwiegene Schmerz und die stille Enttäuschung der Opfer: Ein hoher, ein zu hoher Preis."
Verschiedene Orte und Formen von Kirche vernetzen
Auch beim kirchlichen Leben in den Pfarreien, Gemeinschaften, Gruppen und Einrichtungen im Bistum gehe es um eine größere Wahrhaftigkeit: "Wir müssen mehr noch als bisher zugeben, dass Schein und Sein, Festtag und Alltag allzu oft dramatisch auseinanderklaffen." Zwar sei die Volkskirche in manchen Bereichen langlebiger als gedacht. "Ohne Bestehendes mutwillig zu zerstören, heißt es aber auch hier, uns noch ehrlicher zu machen und die Wirklichkeit anzunehmen. Dazu brauchen wir die Vokabel von der Endzeit nicht zu scheuen", erklärte der Bischof. Mehr als bisher sollen in den neuen Pfarreien die verschiedenen Orte und Formen von Kirche miteinander vernetzt werden und der Blick über den kirchlichen Binnenraum hinaus auf das soziale Miteinander der Menschen gerichtet werden.
Wichtiges Ziel: Ehrenamt stärken
Ackermann erinnerte daran, dass in den vergangenen Monaten Gruppen aus Ehren- und Hauptamtlichen, Experten und Praktikern sich damit befasst hatten, welchem inneren Bild und damit den von der Synode beschlossenen Perspektivwechsel die Haupt- und Ehrenamtlich Tätigen in den Pfarreien der Zukunft folgen sollen; wie etwa eine diakonische Ausrichtung der Pfarrei oder Leitungsverantwortung im Team gelingen können; und welches die angemessenen Formen von Organisation und Verwaltung sind. Ein wichtiges Ziel sei, das Ehrenamt in den zukünftigen Pfarreien "zu stärken, es wirksam zu unterstützen und dadurch möglichst attraktiver zu machen".
"Pfarreien der Zukunft": So geht es weiter
Für ihn als Bischof sei das Zielbild für die Pfarreien dadurch klar geworden. "Wie wir im Laufe des kommenden Jahres und dann ab Beginn des Jahres 2020 die weiteren Schritte hin auf die Pfarreien der Zukunft konkret setzen, werden wir am 10. Januar 2019 dem Bistum und der Öffentlichkeit vorstellen." Ackermann betonte, man werde nicht alles im Vorhinein beschreiben und bestimmen können. "Erst im Gehen werden wir mehr Klarheit darüber gewinnen, was gangbar ist, wo es weitere Präzisierungen und möglicherweise auch Nachjustierungen oder gar Korrekturen braucht." Dass Neues ein Wagnis sei, habe schon die Überschrift des Synodendokuments prophezeit, wo es im zweiten Teil heißt: "Schritte in die Zukunft wagen". "Was am Ende der Synode poetisch und vielleicht etwas euphorisch klang, zeigt sich nun in einem tiefergehenden Sinn."
Kritische Selbstüberprüfung
"Christliche Endzeitstimmung ist eine Stimmung, die voller Hoffnung ist, ausgestattet mit Selbstbewusstsein und Lebensstärke", ermutigte Ackermann die Gläubigen. In diesem Bewusstsein zu leben, helfe zu unterscheiden zwischen dem, was bleibt und wofür einzusetzen es sich lohnt, und dem, was vorläufig ist und vergeht. Damit wolle er die geschenkten Gaben und Mittel dieser Erde nicht abwerten, sagte der Bischof. "Aber es gibt ihnen den Platz, der ihnen zukommt: Die zeitlichen Güter und Möglichkeiten, die wir haben, sollen uns helfen zu leben. Sie sind Mittel, nicht Zweck. Damit gibt ein endzeitliches Bewusstsein uns zugleich ein Kriterium zur kritischen Selbstüberprüfung. Es hilft uns nämlich zu erkennen, woraus wir leben: Ist es in der Tiefe unserer Existenz Gottes Zusage und Gottes Kraft, oder ist es letztlich doch nur das Zutrauen in unsere eigenen Kräfte, eigenen Ideen und Strategien?" Diese Frage gelte im Blick auf das kirchliche Leben im Bistum ebenso wie im Blick auf das persönliches Leben.
RED