Andrea Fischer

Julian aus Trier arbeitet sich ins Leben zurück

Trier. Nach dem Typisierungsaufruf 2023 feiert der 16-Jährige den Sieg über Leukämie.

v. l.: Julian mit seiner Mutter Sandra, Bruder Maximilian und Vater Andreas.

v. l.: Julian mit seiner Mutter Sandra, Bruder Maximilian und Vater Andreas.

Bild: Stefan-Morsch-Stiftung/Annika Bier

Ein Jahr nach seiner lebensrettenden Stammzelltransplantation hat der 16-jährige Julian aus Trier einen bewegenden Grund zum Feiern: Den Tag an dem ihm zum zweiten Mal das Leben geschenkt wurde. Gemeinsam mit 120 Unterstützern, die ihn und seine Familie durch die Zeit seiner Krankheit begleitet haben, veranstaltet er ein Fest. Unter einem strahlend blauen Himmel ließen die Gäste Luftballons mit Wünschen für Julian in die Höhe steigen, während ein farbenfrohes Feuerwerk den Abend erleuchtete.

Der Weg zurück zur Normalität

„Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder zur Schule zu gehen und einen richtigen Alltag zu haben“, erzählt Julian. Seit einiger Zeit ist der 16-Jährige nun einigermaßen trittsicher und benötigt keine Gehhilfe mehr. Nach den Herbstferien hofft er, in die neunte Klasse zurückzukehren und den Schulabschluss zu machen. Einen Ausbildungsplatz im Garten und Landschaftsbau hat er schon in Sicht. „Draußen zu sein bei jedem Wetter, das gefällt mir einfach.“ Eigentlich wollte er mit der Ausbildung bereits im vergangenen Jahr starten. Stattdessen wurde er auf die Stammzelltransplantation vorbereitet, die für ihn überlebenswichtig war. „Aber der Betrieb hält den Ausbildungsplatz für mich frei. Sie warten auf mich,“ erzählt Julian.

Der Umgang mit den Sorgen der Familie

Trotz der Herausforderungen, die die Krankheit für Julian und auch seine Familie mit sich brachte, hat sich für ihn nicht viel verändert. „Am meisten ist anders, wie mich meine Familie behandelt. Ständig soll ich aufpassen, Pause machen und so. Sie machen sich immer Sorgen“, erzählt er.

Schwierige Erinnerungen und Dankbarkeit

Viele Erinnerungen an die Behandlung und die Zeit in der Klinik in Gießen sind verblasst, manches davon konnte er aufgrund seines Zustands nicht wahrnehmen: Dass seine Organe kurz vor dem Versagen standen, dass er zur Dialyse musste, dass die erste Stammzelltransplantation nicht ausreichte und er eine zweite benötigte, dass Ärzte und Familie zwei Mal dachten, sie müssten Abschied nehmen. Auch an die Übertragung der Zellen vor einem Jahr und Anfang des Jahres erinnert er sich kaum: „Das war eigentlich nur wie eine weitere Infusion“, so Julian.

Wenn der 16-Jährige erzählt, bleibt er zurückhaltend. Doch man spürt, wie wichtig ihm eine Sache ist: Er möchte die Frau kennenlernen, die ihm zwei Mal ihre Stammzellen gespendet hat. „Ich möchte wissen, wer sie ist und mich bei ihr bedanken.“ Bis zur ersten persönlichen Begegnung muss er jedoch die Kontaktsperre von zwei Jahren abwarten. Bis dahin kommuniziert er anonym mit ihr. Sehr bald nach der Transplantation erhielt Julian bereits einen herzlichen Brief von seiner Spenderin. Erst vor kurzem hat er geantwortet. Vorher hatte er dafür noch nicht genug Kraft.

Engagement und Solidarität aus der Region

Viele, die bei Julians Fest dabei waren, unterstützten im Frühling 2023 auch den Typisierungsaufruf gemeinsam mit der Stefan-Morsch-Stiftung. Mehr als 400 Menschen ließen sich typisieren, um einen passenden Stammzellspender zu finden. Unterstützt wurde diese wichtige Initiative von zahlreichen Vereinen aus der Region sowie Firmen, die sich gemeinsam für Julians Suche nach einem Lebensretter engagierten. Besonders bemerkenswert war auch der Spendenlauf seiner Schule, der St. Maximin-Realschule in Trier, bei dem beeindruckende 7.000 Euro gesammelt wurden, um die Typisierung und die Aufklärung über die Stammzellspende zu fördern. „Leukämie kann jeden treffen und es ist erschütternd, wie schnell sich das Leben ändern kann. Eine Stammzelltransplantation kann die letzte Hoffnung sein“, erklärt Tom Brenner von der Stefan-Morsch-Stiftung, der ebenfalls an Julians Fest teilnahm. Wer noch nicht typisiert ist, kann das einfach online über die Homepage der Stefan-Morsch-Stiftung unter www.stefan-morsch-stiftung.de nachholen.

Neue Aufgaben und Ziele

Julian blickt nach vorne und arbeitet sich langsam voran. Manchmal ist ihm langweilig, doch nun trägt er die Verantwortung für zwei junge Kühe. Er hat sie Emma und Lilli getauft. Sie stehen nur ein paar Häuser weiter auf dem Bauernhof seiner Großeltern. Dort befindet sich noch ein weiterer seiner Schätze: ein nostalgischer Traktor aus den 1980er Jahren. „Mein Opa restauriert ihn gemeinsam mit mir. Bald möchte ich meinen Traktor-Führerschein machen. Das ist mein nächstes Ziel!“


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