Hinter jedem "Türchen" Neues entdecken
Wer Lust auf eine Abwechslung vom klassischen Schoko-Adventskalender aus dem Kaufhaus hat, sollte an den vier Adventswochenenden einmal im Stadtmuseum Simeonstift vorbeischauen: Dort findet in diesem Jahr der erste Szenische Adventskalender in Trier statt. Der langen Tradition der Adventskalender, die es seit dem 19. Jahrhundert gibt, fügen das Stadtmuseum Simeonstift, das Bistum Trier und der Pastorale Raum Trier ein weiteres Kapitel hinzu: Laiendarsteller spielen kurze Szenen vor Gemälden der Ausstellung "Tell Me More. Bilder erzählen Geschichten", die das Thema des Kunstwerks aufgreifen und als Impuls für ein anschließendes Gespräch mit dem Publikum dienen.
Entwickelt haben ihn der Theologe, Regisseur und Bildungswissenschaftler Marc-Bernhard Gleißner und die Museums-Kuratorin Alexandra Orth. Gleißner arbeitet seit kurzem beim Bistum Trier im Team "Innovative Pastoral/Pastorale Projekte", das zum Bereich Seelsorge und Kirchenentwicklung unter Leitung von Mechthild Schabo gehört. Ihr gefällt das Konzept, dass Menschen die Szene eines Gemäldes aufgreifen und mit ihrem Spiel eigene Impulse und Bedeutungen einbringen und lebendig werden lassen. "Für das Bistum ist das eine große Chance als Kirche dort zu sein, wo man uns vielleicht nicht vermutet", sagte sie bei der Präsentation des Projekts. Aber noch ein Gedanke fasziniert sie: "Bei einem Adventskalender werden Türen geöffnet. Auch dem Bistum ist es ein Anlegen, Türen zu öffnen, um zu zeigen, dass es dahinter etwas zu entdecken gibt."Gleißner konnte rund 20 Laiendarsteller für den szenischen Adventskalender begeistern. Gleißner fördert die Theater-Laien als "Experten des Alltags", die als Darsteller ihrer selbst auftreten. Grundlage der szenischen Arbeit seien die 24 Gemälde selbst - lediglich Maler und kunsthistorische Bedeutung seien verraten worden. Das Ensemble habe dann jeweils eigene Ideen entwickelt und umgesetzt. "Die Menschen haben sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt. Neben den spirituellen Fragen ging es aber auch um die Herausforderungen unserer Zeit", so Gleißner.
Erwartet die Zuschauer nun klassische Theater-Atmosphäre mit Scheinwerfern, Kostümen und großer Maske? Der Regisseur verneint. Er sei ein Freund des "armen Theaters". Alles sei schlicht gehalten, Scheinwerfer oder opulente Kostüme gebe es nicht, dafür die Konzentration auf das Bild und das Spiel der Laien-Darsteller. "Wir nutzen diese Kombination dazu, um uns und unseren Zuschauern existenzielle Fragen zu stellen." Zu diesen Fragen gehöre auch die nach Krieg und Frieden. Der Heimatmaler Januarius Zick fertigte um 1760 ein Werk an, das er mit "Die raufenden Bauern" überschrieb. Unter den Darstellern gibt es eine Gruppe junger Geflüchteter, die dieses Bild sofort zu ihrer ganz persönlichen Szene machten: "Sie sagten spontan, das müssen wir darstellen, um im Advent über Krieg und Frieden reden zu können und über die existenzielle Frage, warum es keinen Frieden und weshalb es diese Entwurzelung und diese Entheimatung gibt", berichtet der Regisseur. Mehr Informationen zum Szenischen Adventskalender gibt es auf: www.museum-trier.de/veranstaltung/szenischer-adventskalender