Andrea Fischer

Generalvikar besucht Bauern und Hochwald-Milchwerk

Thalfang/Herl.Visitation im Pastoralen Raum Hermeskeil bietet Blick über den Tellerrand und besucht Bauernhof und das Hochwald-Milchwerk.
Caroline Fournier zeigt auf ihrem Hof ihre Mutterkühe.

Caroline Fournier zeigt auf ihrem Hof ihre Mutterkühe.

Bild: Simone Bastreri/Bischöfliche Pressestelle

Ulrich Graf von Plettenberg zieht den weißen Einweg-Kittel über, setzt die rote Haube aufs Haar, die Schutzbrille auf die Nase und fertig: Nein, der Trierer Generalvikar hat nicht den Beruf gewechselt, sondern braucht die Schutzkleidung, weil er heute zu Gast an einem Ort ist, der mit einem hochempfindlichen Rohstoff arbeitet – mit Milch. Genauer: Mit bis zu einer Million Litern Milch pro Tag, die hier im beschaulichen Hochwald-Örtchen Thalfang fast im Minutentakt von großen Kühllastern angeliefert wird. Der Generalvikar ist mit dem Leitungsteam des Pastoralen Raums Hermeskeil, weiteren Seelsorgerinnen und Ehrenamtlichen am 11. September zu Gast beim Milchwerk und Gründungsort der Hochwald-Genossenschaft.

Visitation möchte Einblicke in Lebenssituationen vor Ort eröffnen

Auf den ersten Blick mag der Besuch verwundern – was hat Kirche mit einem international tätigen Unternehmen zu tun? Von Plettenberg gibt im Gespräch mit den Hochwald-Verantwortlichen vor der Besichtigung des Werks selbst die Antwort: „Ich bin das ganze Jahr über immer mal wieder im Pastoralen Raum Hermeskeil unterwegs. Wir wollen die neuen Räume bereisen und kirchliche Orte, aber auch Vereine, Einrichtungen und Arbeitsplätze der Menschen besser kennenlernen. Es ist ein Blick über den Tellerrand des eigenen kirchlichen Umfelds hinaus.“ Visitation nennt sich das Ganze und ist bereits eine uralte kirchliche Tradition, die vom lateinischen „visitare“ für „besuchen“ herrührt. Nun also einer der größten Arbeitgeber im Hochwald, der sich seit seiner Gründung 1932 von einer Molkereien-Genossenschaft zu einem Unternehmen mit vielen bekannten Marken und einem Jahresumsatz von zuletzt 1,9 Milliarden Euro entwickelt hat. Als Frank Brück, mit fast 40 Berufsjahren ein Urgestein der Hochwald, einen kurzen Überblick über die Zahlen gibt, werden die Dimensionen erst offenbar: Über 2 Milliarden Liter Milch werden in Thalfang und anderen Standorten verarbeitet, 213 Millionen Kilogramm waren es 2023 allein in Thalfang, wo Dosenmilch produziert wird. Und die geht vor allem in den Nahen Osten, nach Nordafrika, die Vereinigten arabischen Emirate. Das Besondere: Gleichzeitig werden hier auch die Dosen hergestellt und etikettiert.

Vom Milchlaster bis in die Dose: Werksführung im Milchwerk der Hochwald

Bei der Werksführung mit Qualitätsmanager Marco Ebied geht es zunächst durch eine Handdesinfektionsschleuse, bevor die Gruppe die vom lauten Lärm der Maschinen erfüllte Werkshalle betritt. „Fast wie bei der Sendung mit der Maus“, sagt Karina Düpre-Kranz vom Mehrgenerationenhaus Hermeskeil staunend, als sie an ratternden Maschinen und Fließbändern vorbeigeht. Die Bleche werden zu Deckel und Rumpf der Dosen gestanzt, verklebt, die Milch aus großen Kesseln hinein gezapft, das Ganze erhitzt und zum Schluss etikettiert und in Kartons verpackt. Vieles geht heute maschinell, wo beispielsweise vor 30 Jahren noch Menschen standen und jeden einzelnen Karton mit Klebeband verschlossen. Doch die Maschinisierung hat auch ihre guten Seiten, dort, wo früher Schwerstarbeit zu verrichten war und Menschen sich im wahrsten Sinne den Rücken kaputt schufteten, erklärt Ebied. Knapp 2.000 Mitarbeitende beschäftigt Hochwald. Und obwohl man ein großes Unternehmen führe, sei der genossenschaftliche Gedanke nach wie vor ausschlaggebend, für die Milchlieferanten den höchstmöglichen Milchpreis im Handel zu erzielen, so Frank Brück. Dennoch werde es durch den Strukturwandel gerade für kleinere und mittlere Betriebe immer schwieriger wirtschaftlich zu überleben.

Bauernhofidyll auf dem Knospenhof

Über die Situation von Bauern vor Ort hat sich der Generalvikar morgens schon auf dem kleinen Biobauernhof von Caroline und Sebastian Fournier im nicht weit entfernten Herl einen Eindruck verschaffen können. Der Knospenhof hat sich auf Mutterkuhhaltung spezialisiert, hier dürfen Kälbchen also bei ihrer Mutter aufwachsen, die Rinder stehen auf der Weide und Streuobstwiesen und nicht nur im Stall. Das Rindfleisch und andere Hofprodukte werden direkt vermarktet. Im Gespräch mit Caroline Fournier erfährt von Plettenberg, dass das Paar auch bei der Organisation der Bauernproteste ganz vorne mit dabei war. Sie seien für Biodiversität und Nachhaltigkeit, aber gegen übertriebene Bürokratie und ideologische Vorschriften. „Ich glaube, es ist vor allem auch die fehlende Wertschätzung, die die Landwirte enttäuscht und dass sie nicht genug gehört werden“, nimmt Plettenberg auch von dem Hofbesuch mit. So krass die Gegensätze zwischen dem Bauernhofidyll hier und der komplett industriellen Produktion von Milchprodukten einige Dörfer weiter: Beides sind Aspekte der Landwirtschaft, die im Hochwald immer eine große Rolle gespielt hat und Lebensgrundlage vieler Menschen hier ist. So unterscheiden sich auch die Pastoralen Räume des Bistums: Während in städtischen Räumen wie Trier oder Koblenz ganz andere Probleme die Menschen umtreiben, sieht das in ländlich strukturierten Gebieten anders aus. „Umso wichtiger, dass wir die Lebenslage der Leute vor Ort kennenlernen und anschauen, wie Kirche für sie da sein kann“, fasst von Plettenberg seinen Besuch zusammen.

 


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