Jutta Kruft

Ausmaß des Öl-Unglücks in den Thürer Wiesen wird nach und nach sichtbar

Thür. Normalerweise würde man jetzt die ersten Vogelstimmen in dem Naturschutzgebiet Thürer Wiesen hören. Doch es ist bedrohlich still.Ursächlich dafür ist der Unfall am Freitag, 21. Februar, auf der B 262 mit einem Lkw, der 30.000 Liter Heizöl geladen hatte und das teilweise austrat. Zum einen war der Domdeckel offen, außerdem waren die Seitenwände aufgerissen. Der Tanklaster kam genau auf einem Gullydeckel zu liegen, so dass das Öl ungebremst in den Kanal floss, wie VG-Bürgermeister Jörg Lempertz erläuterte. Eine erhebliche Menge des Heizöls ist dabei in die Oberflächenentwässerung der Bundesstraße sowie in ein großes Regenrückhaltebecken gelangt. »Obwohl der Gefahrstoffzug des Landkreises, die Einheiten der Feuerwehr und des THW schellstmöglich am Einsatzort waren und große Mengen des Heizöl ab- und umgepumpt werden konnten, ist trotzdem Gefahrstoff in unsere Ökosystem Thürer Wiesen gelangt«, fasste Pascal Badziong, als EKB zuständig für den Bereich Umwelt gleichzeitig Vorsitzender  der Stiftung für Natur und Umwelt MYK, das Geschehen beim Vor-Ort-Termin zusammen.
Gutachten seien von der Kreisverwaltung beauftragt worden, um zeitnah nachhaltige Schäden festzustellen zu können. Sperren hätten zeitnah eingebaut werden können, um ein weiteres Abfließen zu verhindern.
Zu dem Vorgehen äußerte sich Einsatzleiter Martin Weber. 13 Sperren bis zum Reginarisbrunnen seien am Thürer Bach installiert worden. Diese würden sukzessive ausgetauscht, wenn sie voll sind.  Weitere seien bestellt. Hinzu kamen Spezialgeräte, auch mit Hilfe des THW, wodurch 12.000 Liter des Heizöls im Regenrückhaltebecken gesichert werden konnten. Dennoch: »Wir konnten nicht ausschließen, dass mehrere Tausend Liter ins NSG ausgeflossen sind.«
Stefan Friedsahm, Werkleiter WSZ, erläuterte, dass der WSZ eine Vielzahl an Brunnen und Quellen, insgesamt 44, betreibe. Ein wichtiger Brunnen befindet sich kurz vor Kruft, circa drei Kilometer entfernt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch das Grundwasser betroffen sei. Vorsorglich wurden die Brunnen abgeschaltet.
»Die Wasserversorgung ist umgestellt - mit einwandfreiem Trinkwasser. Der Bürger brauchen keine Not zu haben, ohne Wasser oder in schlechter Qualität dazustehen«, beruhigt Friedsahm. Proben würden weiterhin genommen. »Die Wasserstationen der VG Mendig sind nicht betroffen, da sie oberhalb dieses Gebietes liegen«, ergänzt Jörg Lempertz.
Auf 17 Hektar wird ein Beweidungsprojekt der Stiftung Natur und Umwelt mit Karpatischen Wasserbüffeln durchgeführt, die ein Biotopmosaik schaffen sollen. Auch westlich der L 113 wurden sieben Hektar große Flächen erworben. In drei Wochen sollten die eigenen Flächen und die der VG eingezäunt werden, um auch hier ein Beweidungsprojekt starten zu können. »Davon müssen wir erst einmal Abstand nehmen«, bedauert Geschäftsstellenleiterin SNU Tanja Stromberg. Erst einmal müsse festgestellt werden, welche Schäden in welcher Höhe entstanden seien.  
 Die Wildvogelstation Kirchwald berichtet von geschädigten und auch verendeten Wasservögeln. Klarheit sollten Wasser- und Bodenproben sowie ein Umweltgutachten schaffen.
Biologe Jörg Hilgers bezeichnete das Gebiet von überregionaler, wenn nicht gar landesweiter Bedeutung als Rast- und Durchzugsgebiet, aber auch für verschiedenen Vogelarten. 120 bis 140 Vogelarten werden im Jahr nachgewiesen.  Es sei nicht zu sehen, dass sich das so schnell regeneriere.  Er bedauert, dass das Projekt, das vier Jahre der Vorbereitung bedurfte, nun gestoppt werden muss. Die Fragen nach den hier lebenden Libellenarten könne erst in fünf bis sechs Monaten geklärt werden. »Die ganze Ökologie des Gewässers muss angeschaut werden«, so sein Ausblick.
Umweltministerin Katrin Eder war zwei Tage später vor Ort, um sich selbst ein Bild vom Ausmaß des Unglücks zu machen. »Mein Dank gilt den Einsatzkräften der Feuerwehr und des THW und den freiwilligen Helferinnen und Helfern beispielsweise von der Wildvogel-Pflegestation Kirchwald, die unermüdlich seit Dienstag im Einsatz sind. Trotzdem ist es ein Öl-Unglück mit verheerenden Folgen für das Naturschutzgebiet. Das bekannte Wasserbüffelprojekt sollte ausgeweitet werden und genau diese Fläche ist jetzt mit am stärksten betroffen. Das schmerzt. Und welche Folgen der Unfall für das Grundwasser hat, müssen wir abwarten. Auch die Folgen für die Tierwelt in diesem Feuchtgebiet werden wir beobachten und in engem Austausch mit der SGD Nord, dem Kreis und der Stiftung Natur und Umwelt im Landkreis Mayen-Koblenz begleiten“, fasste Katrin Eder zusammen.

Weitere Nachrichten aus Kreis Mayen-Koblenz
Meistgelesen