Mario Zender

Stadtbürgermeister von Zell: „Hier werden in osteuropäischer Art und Weise Fakten geschaffen“

Stadtbürgermeister Hans-Peter Döpgen kämpft seit Monaten für den Erhalt des Zeller Krankenhauses.

Stadtbürgermeister Hans-Peter Döpgen kämpft seit Monaten für den Erhalt des Zeller Krankenhauses.

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Zel. Beschwerdeschreiben von Stadtchef Hans-Peter Döpgen an die Landrätin sorgt, gespickt mit vielen Vorwürfen, vor der Kreistagssitzung am morgigen Mittwoch für Aufsehen.

Von Mario Zender
Zell/Cochem. Der Streit um die Schließung des Zeller Krankenhauses eskaliert. Vor der morgigen Sitzung des Kreistages, bei der es im ersten Tagesordnungspunkt um das Bürgerbegehren zum Krankenhaus Zell geht, hat sich der Stadtbürgermeister von Zell, Hans-Peter Döpgen, in einem Brief an Landrätin Anke Beilstein „Luft gemacht“ und seinen Frust zu Papier gebracht. Gleichzeitig erhebt er Vorwürfe gegen die Entscheidungsträger. Das vierseitige Schreiben dürfte Landrätin Anke Beilstein wenig gefallen. Ihr wird darin unterstellt, nicht geprüft zu haben, ob ein anderer Krankenhausträger bereit wäre, die Klinik zu übernehmen.
„Es ist verständlich, dass ein zukünftiger Träger eine neutrale Betrachtung der gesamten Situation fordern wird. Es erweckt den Eindruck, dass es nicht gewollt ist, eine Lösung durch Dritte herbeizuführen“, so Stadtbürgermeister Döpgen.
Zudem habe das Krankenhaus Cochem, das künftig Patienten aus Zell aufnehmen soll, bisher nicht nachgewiesen, dass es die erforderliche Notfallversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger des Landkreises erbringen kann. „Im Gegenteil, von dortiger Seite wird eine Ausweitung des Angebotes einer medizinischen Notfallversorgung nicht in Aussicht gestellt. Zudem meldet sich das Krankenhaus Cochem zu vielen Zeiten ab. Notfallpatienten müssen dann in weit entfernte Kliniken transportiert werden“, kritisiert Döpgen.
Auch die finanzielle Situation spricht Döpgen in dem Schreiben an: Beide Krankenhausträger hätten bis heute nicht offengelegt, wie hoch das Defizit sei und in welcher Höhe die Zuwendungen der Krankenkassen und des Landes (Sicherstellungszuschlag/Investitionskosten) dieses Defizit reduziert hätten. Es bestehe der begründete Verdacht, so Döpgen, „dass nach Abzug der Investitionszuwendungen und des Sicherstellungszuschlages eine Summe im Raum steht, die im Vergleich zum hohen Defizit im ÖPNV (über 26 Millionen Euro) ein tragbares Defizit darstellen könnte.“
Deshalb ist sich Stadtbürgermeister Döpgen sicher: „Es ist offensichtlich nicht gewollt, eine Diskussion in diese Richtung zu führen.“
Es sei zudem nicht geprüft worden, ob ein anderer Träger bereit wäre, die Klinik zu übernehmen. „Es ist verständlich, dass ein zukünftiger Träger eine neutrale Betrachtung der gesamten Situation fordern wird.“
Nicht nachvollziehbar sei es, so Döpgen weiter, dass für den ÖPNV von den Bürgern des Landkreises Mittel in achtstelliger Höhe aufgewendet würden, während für die unabhängige Betrachtung der Zukunft der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung im Landkreis Cochem-Zell keine Mittel in vielleicht fünfstelliger Höhe bereitgestellt werden sollen.
Hans-Peter Döpgen: „Dies lässt die Vermutung offen, dass es Befürchtungen gibt, die den politischen Entscheidungsträgern unangenehm sein könnten.“
Trotz des bestehenden Versorgungsauftrages baue der beauftragte Klinikträger in Zell die Versorgungseinrichtung bereits zurück. „Dies ist ein Rechtsbruch. Solange das Krankenhaus im Landeskrankenhausplan steht und nicht ‚auf null gesetzt‘ ist, besteht die Versorgungspflicht. Auch wenn dies zuvor mit dem Landkreis und dem Land abgesprochen wurde. Andernfalls wäre der Landeskrankenhausplan zu jeder Zeit das Papier nicht wert, auf dem er steht. Absprache schafft keine Rechtsänderung“, so Döpgen.
Und dann wird Döpgen deutlicher: „Hier werden in osteuropäischer Art und Weise Fakten geschaffen.“
Die Suggestion der Kreisverwaltung, die Schließung des Krankenhauses in Zell sei die einzige Lösung, entbehre jeglicher demokratischer Grundsätze und berücksichtige nicht ausreichend das Für und Wider. „Es sollen auch seitens des Landkreises in osteuropäischer Handlungsart Fakten geschaffen werden, die dann von den gewählten Kreistagsmitgliedern abgenickt werden sollen. Die Darstellungen der Kreisverwaltung zu einem ‚Ja‘ sind einseitig und nicht ausgewogen“, betont Döpgen.
Stadtbürgermeister Döpgen ist überzeugt, dass „eine zukunftsgerichtete neutrale Betrachtung hinsichtlich der Entscheidungsträger im Kreistag sowie ein demokratischer Prozess unter Einbindung der Bevölkerung verhindert werden soll“.
Die Angst vor einer positiven Bewertung des Standortes und der Einrichtung in Zell überwiege das demokratische Verständnis.
Döpgen bittet zum Schluss des Schreibens, dass die Verantwortlichen auf Kreisebene seine Argumente berücksichtigen.
Landrätin Anke Beilstein (CDU) zeigt sich auf Anfrage des WochenSpiegel erstaunt über das Schreiben. „Das ist schon eine inhaltliche und verbale Entgleisung“, so Anke Beilstein. Sie sei gespannt auf die Rückmeldungen aus den Fraktionen.
„Besonders befremdlich finde ich den Vorwurf, wir würden in einer Art und Weise agieren, die mit osteuropäischen Praktiken verglichen wird. Gerade die Tatsache, dass wir demokratische Mittel wie Bürgerbegehren zulassen – und dies, obwohl die Entscheidung zur Schließung des Krankenhauses bereits vom Träger getroffen wurde – zeigt deutlich, dass wir uns ausdrücklich im Rahmen demokratischer Verfahren bewegen.“
Beilstein zeigte sich erstaunt darüber, dass Herr Döpgen offenbar immer noch nicht zur Kenntnis genommen habe, dass der Landkreis weder die Schließung eines Krankenhauses veranlassen kann noch die Befugnis besitzt, einem Träger vorzuschreiben, ein Krankenhaus offenzuhalten.
„Ob es im Sinne des Zeller Stadtrates ist, solche unangebrachten Äußerungen in Richtung des Kreistages zu senden, vermag ich nicht zu beurteilen“, so Landrätin Beilstein abschließend.

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