Wirtschaftskreis Bernkastel-Wittlich feiert 30 Jahre: Networking für die Region
Wochenspiegel: Wie hat sich die wirtschaftliche Landschaft der Region seit der Gründung des Wirtschaftskreises verändert, und welche Rolle hat der Verein dabei gespielt?
Frank Weigelt:
Konrad Becker: "Die Autobahn A60 mit dem Hochmoselübergang hat die Ansiedlung im Industriegebiet Wengerohr gefördert. Auch der Industriepark Föhren profitiert davon. Bezahlbare Mieten bei hoher Wohnqualität helfen dabei, Fachkräfte in der Region zu halten. Unternehmen kaufen nur in der Region, wenn sie das regionale Angebot auch kennen. Der Wirtschaftskreis fördert die Branchenvielfalt durch die Vorstellung der Gewerke bei Betriebsbesichtigungen und Formaten wie ›Das ist mein Unternehmen‹."
Welche Projekte des Wirtschaftskreises sind in den letzten Jahren besonders gut angekommen?
Weigelt: "Zweifelsohne die Take-Off-Ausbildungsmesse, die wir seit einigen Jahren im jährlichen Rhythmus anbieten. Im Jahr 2024 haben sich 99 Ausbildungsbetriebe den jungen Ausbildungssuchenden präsentiert. Für mich persönlich sind unsere Betriebsbesichtigungen ebenfalls sehr bereichernd, da hier auch branchenunabhängig Know-how transferiert werden kann."
Becker: "Die Take-Off-Ausbildungsmesse, der Vortragsabend mit MdB Wolfgang Bosbach: Mein persönliches Highlight war der Besuch der Junior-Uni in Daun."
Derzeit macht die Wirtschaft bundesweit Sorgen. Vor welchen aktuellen Herausforderungen stehen Unternehmen in der Region Bernkastel-Wittlich und wie unterstützt der Verein?
Weigelt/Becker: "Da sind einige zu nennen, z. B. viele bürokratische Hindernisse und Überregulierungen sowie parteipolitische Ideologien, die den Fortschritt bremsen. Die fehlende Reformierung der Sozialsysteme fördert Ungerechtigkeit, und auch unsere pflegerische und medizinische Versorgung ist gefährdet. Mangelnde Alternativen gefährden 100 Jahre Entwicklungsvorsprung in der Automobilindustrie und ihren Zulieferern. Verkehrsinfrastrukturprojekte kommen nicht voran. Wir haben hierzu bereits im Jahr 2024 einen Brandbrief verabschiedet und an unseren Bundeskanzler geschickt. Als Antwort haben wir lediglich ein unbefriedigendes Standardschreiben erhalten. Nicht zuletzt besteht der Fachkräftemangel, der durch die Pendler nach Luxemburg noch verstärkt wird. Wir versuchen, durch Kooperationen mit IHK und HWK zu unterstützen. Auch unsere Take-Off-Ausbildungsmesse leistet wertvolle Hilfestellung."
Welche Trends und Innovationen sehen Sie derzeit in der Region und wie reagiert der Wirtschaftskreis darauf?
Weigelt: "Es entstehen neue Branchen und Berufsfelder. Diese Start-ups integrieren wir gerne in unseren Verein. Dies erweitert dann im Dialog das Verständnis und das Wissen bei allen."
Becker: "Immer mehr junge Menschen wandern nach der Ausbildung ab. Das ist ein Problem. Eine mögliche neue Aufgabe für den Wirtschaftskreis könnte das Coaching für Existenzgründer sein."
Welche Rolle soll der Wirtschaftskreis künftig bei der Förderung der Nachhaltigkeit und der grünen Wirtschaft in der Region spielen?
Weigelt: "Zu diesem Thema engagiert sich unser Vorstand in unterschiedlichen Projekten, die von Stadt bzw. Kreis initiiert werden."
Becker: "Wir hatten in diesem Jahr eine sehr interessante Betriebsbesichtigung bei der Innogration GmbH in Bernkastel-Kues: Die Firma ist Spezialist für innovative Deckenlösungen für den Hochbau. Sie arbeitet wirtschaftlich, nachhaltig und energieeffizient. Weitere Veranstaltungen sollten hier folgen."
Wie wichtig ist der Wirtschaftskreis als Partner für junge Unternehmer und Start-ups, und was tun Sie, um diesen bei ihrem Wachstum zu helfen?
Weigelt: "Wir bieten hierzu beispielsweise die Netzwerkmesse an. Die smarte und bewusst einfach gehaltene Messe ist eine optimale Plattform für kleine und junge Unternehmen aller Branchen."
Becker: "Neue Mitglieder können sich im Rahmen unserer Reihe ›Das ist mein Unternehmen‹ präsentieren."
Gibt es Projekte oder Kooperationen, bei denen der Wirtschaftskreis die Region als Vorreiter in digitalen Technologien positionieren möchte?
Weigelt/Becker: "Im Verein selbst ist die Digitalisierung schon sehr weit fortgeschritten. Gemeinsam mit einem lokalen Anbieter verwalten wir uns digital und haben ein digitales Veranstaltungs-Management mit Online-Buchungssystem installiert. Außerdem sind wir in den sozialen Medien präsent. Auch die letzte Take off-Messe haben wir mit mehr digitalen Formaten ausgebaut."
Was genau ist zum 30-jährigen Jubiläum geplant?
Weigelt/Becker: "Den Geburtstag nehmen wir zum Anlass, der Region und ihren Menschen einen Mehrwert zu bieten. Wir laden am 21. Januar alle Interessierten zu einem spannenden Vortrag mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Werner Sinn ein. Sein Thema: ›Die Klimapolitik der EU, Trump und die Zukunft der deutschen Wirtschaft. Hans-Werner Sinn ist einer bekanntesten deutschen Ökonomen, ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts und Experte für Wirtschaftspolitik. Er ist Autor zahlreicher Bestseller und gefragter Redner zu Themen wie Eurokrise, Steuerpolitik und globalen Märkten. Diese Veranstaltung lässt sich nur mit Unterstützung starker Partner realisieren. Wir bedanken uns bei der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank eG und der Sparkasse Mittelmosel Eifel Mosel Hunsrück."
Welches Erbe möchten Sie als Vorstandsmitglieder des Wirtschaftskreises den nächsten Generationen von Unternehmern und Führungskräften in der Region hinterlassen?
Frank Weigelt: "Wir möchten die Informations- und Kommunikations-Plattform für Betriebe aus Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistung sein. Der Wirtschaftskreis Bernkastel-Wittlich ist eine Vereinigung mit ca. 240 regionalen Mitgliedsbetrieben. Wir freuen uns, wenn junge Mitglieder bzw. Jungunternehmer mit den "alten Hasen" an einem Tisch sitzen und Erfahrungen austauschen."
Konrad Becker: "Der Erfahrungsaustausch untereinander muss immer eine große Rolle spielen, auch wenn der Mitbewerber mit am Tisch sitzt. Eine gute Gelegenheit dazu sind immer unsere Betriebsbesichtigungen.Das Engagement in Ausbildung und Berufsverbänden sowie Branchen-Vertretungen ist unerlässlich. Um zukunftsfähig zu bleiben, dürfen Unternehmen keine Angst davor haben, alte Zöpfe abzuschneiden."
Feststehende Jahrestermine 2025:
- 23. Januar: Jahreshauptversammlung mit turnusgemäßer Neuwahl des Vorstandes