678 „Meister made in Koblenz“
Koblenz. In der 125-jährigen Geschichte der Handwerkskammer (HwK) Koblenz werden seit 1902 Meisterprüfungen abgenommen, doch der aktuelle Meisterjahrgang schreibt selbst Geschichte und stellt einen neuen Allzeitrekord auf: mit 26 Herkunftsländern steht der „Meister made in Koblenz“ für Weltoffenheit und über Nationalitäten hinweg für das gemeinsame Ziel der handwerklichen Meisterschaft. Im Rahmen der großen Meisterfeier in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle wurden 678 Meisterbriefe an Vertreter aus 25 unterschiedlichen Handwerksberufen überreicht.
Kurt Krautscheid begrüßte die insgesamt 1.200 Gäste der Feier „an einem Tag, der einen Meilenstein in Ihrer persönlichen und beruflichen Laufbahn darstellt.“ Mit dem Meisterbrief verbinden sich Pläne und Möglichkeiten, so die Selbstständigkeit. „Nach wie vor ist die Gründung oder Übernahme eines Betriebes das Hauptmotiv für das Ablegen der Meisterprüfung, auch wenn es gerade wirtschaftlich unruhige Zeiten sind, geprägt von internationalen Turbulenzen wie auch nationalen Schwierigkeiten. Die Bilanz der deutschen Wirtschaft stellt sich momentan ziemlich trostlos dar und wir stecken in der längsten Rezession seit 20 Jahren. Zwei Abschwungjahre am Stück gab es zuletzt 2002/2003“, so Krautscheid, der aber auch gute Nachrichten aus dem Regionalhandwerk mitbrachte. „Wir verzeichnen einen erfreulichen Aufwärtstrend bei den Unternehmensgründungen im Land. Nach rückläufigen Zahlen in den vergangenen Jahren schauen wir auf ein aktuelles Plus von 11 Prozent. Mit fast 34.900 Gewerbeanmeldungen 2024 haben wir den höchsten Stand seit 2015 erreicht.“ Das Handwerk als tragende Säule der Wirtschaft spiele dabei eine wichtige Rolle, der Meisterbrief sei das Fundament der Wirtschaftsmacht Handwerk.
Diesen Gedanken griff auch Festredner Jörg Dittrich auf, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). In einer Rede, die sowohl persönliche Erlebnisse des Dachdeckers Dittrich beschrieb, aber auch handwerkspolitische wie auch historische Aspekte kurzweilig und unterhaltsam aufgriff, sprach er die jüngste Koblenzer Meistergeneration auch direkt an und holte im Publikum Meinungen ab. Mit Blick auf die Zukunft begrüßte er die Absolventen „in einer Handwerkerfamilie, in der jeder einzelne Verantwortung auch für die anderen übernimmt. Wir werden als Handwerk wahrgenommen und jeder Betrieb trägt zum Erscheinungsbild bei. Dieser Verantwortung müssen wir uns tagtäglich bewusst sein.“ Hier helfe eine optimistische Grundeinstellung und Dittrich sprach vom „fröhlichen Fleiß, denn die meisten Menschen haben durchaus Lust, etwas zu leisten – aktuell lohnt es sich aber schlicht zu wenig.“ Mit Blick auf die politisch-gesellschaftliche Lage sieht Dittrich „unsere Demokratie unter Druck und der aufkommende Populismus sucht vermeintlich Schuldige, kann selbst aber keine Lösungen für Probleme anbieten. Das führt uns gesellschaftlich zu keinem Ziel.“ Kritisch ging er auch mit der immer weiter um sich greifenden Bürokratie um, „die, wenn sie überbordet, zum Staatsversagen führen wird.“ Mit Blick in die Parlamente fehlen leider die Praktiker aus dem Handwerk, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Hier sei die Gründerzeit der Handwerkskammern in Deutschland im Jahr 1900 durchaus Vorbild, denn „das war eine große Form der demokratischen Selbstbestimmung. Handwerker wollten mit ihren Interessen wahrgenommen werden und Möglichkeiten einer Verbesserung selbst in die Hand nehmen. Das ist erfolgreich gelungen!“
Aus den Händen von ZDH-Präsident Jörg Dittrich, Kurt Krautscheid und HwK-Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich erhielten 20 Beste ihres Handwerks auf der Bühne die großen Meisterbriefe. Konditormeisterin Nina Paulus, 27-jährige Hessin aus Hofheim am Taunus, erzielte das beste aller 678 Prüfungsergebnisse.
Der jüngste Jungmeister war bei Bestehen der Prüfung 20 Jahre, der älteste Jungmeister 52. Das internationale Meisterfeld wird angeführt von syrischen Handwerksmeistern, es folgen Russland und Kasachstan im Ranking der Herkunftsländer. Auch die USA oder das afrikanische Togo sind vertreten. Die Augenoptiker und Dachdecker stellen die meisten Meisterabsolventen, gefolgt von den Elektrotechnikern und den Kraftfahrzeugtechnikern. Doch auch in eher seltenen Gewerken wurden Meister gekrönt, so im Edelsteinschleifer und -graveurhandwerk.
18 Prozent aller Meisterbriefe gingen in Frauenhände. 122 von 678 Abschlüssen wurden durch Handwerkerinnen erreicht.
Der „Durchschnittsgeburtstag“ aller 678 Jungmeister ist der 4. Oktober 1995. Damit liegt das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Prüfung (2024) bei 29 Jahren.
Meistergeneration wird gefeiert – und honoriert
Die Meisterfeier, durch die Moderator Holger Wienpahl führte, wurde von der Band „StadtRand“ aus Köln musikalisch umrahmt.
Die drei besten Prüfungsergebnisse wurden mit Geldprämien in Höhe von insgesamt 3.000 Euro honoriert. Der Sonderpreis der IKK Südwest ging in diesem Jahr an Bäckermeister Marcel Hartmann aus Kaltenengers (Landkreis Mayen-Koblenz).
Zum Ausklang der Feier lud die Handwerkskammer „ihren“ Meisterjahrgang zu kulinarischen Genüssen wie auch zum Fotoshooting im Foyer der Rhein-Mosel-Halle ein.