gepostet von Julia Borsch

Weihnachtsgedanken einer Leserin

Waxweiler. WochenSpiegel-Leserin Susanne Pauls aus Waxweiler erzählt von ihrem schönsten Weihnachtsfest.

Bild: Symbolfoto CanvaPro

Vor einigen Tagen besuchte mich mein Urenkel und heftete hoffnungsvoll seinen Wunschzettel an meine Pinnwand. Die Objekte seiner Wünsche waren anhand kleiner Bildchen aus einem Spielzeugkatalog genau definiert. Er fragte mich: "Oma Sanni Ur! Was war eigentlich dein schönstes Weihnachtsfest?" Er setzte sich neben mich und ich sah ihm an, dass er eine ganz spektakuläre Geschichte erwartete -etwas, dass all seine Erwartungen übertraf.

Ich sah ihn an und lächelte versonnen, dann begann ich zu erzählen. Von dem kleinen Tannenbaum, den mein Vater und ich damals im Wald geschlagen hatten und fast eine Stunde lang auf dem alten Holzschlitten durch tiefen Schnee nach Hause gefahren hatten. Von den krummen Sternen, die ich sorgsam aus Stroh und Silberpapier gebastelt hatte und die ich noch am selben Tag stolz an alle Zweige hängte. Ich erzählte von frischen Bratäpfeln, von dem Duft nach Zimt und Nelken, der das ganze Haus durchzog, und von der Wonne, die Schüssel mit Makronenteig auslecken zu dürfen.

Von dem Schneemann, den ich mit Papa im Garten baute, und für den meine Mutter mir sogar einen echten Wollschal gab und eine Möhre als Nase. Natürlich erzählte ich auch von meinen Geschenken, die ich damals unter dem Baum fand. Von den selbstgestrickten Strümpfen, die so herrlich wärmten, die aber so fürchterlich kratzten, dass ich mir meine Beine erst mit Zeitungspapier umwickelte, bevor ich sie anzog, von dem kleinen Poesiealbum, den leckeren Plätzchen und den herrlichen Äpfeln und Nüssen.

"Aber das ist doch alles nichts Besonderes!", meinte mein Urenkel enttäuscht, als ich mit meiner Erzählung endete. Und sicher hatte er Recht. Heute geht alles viel schneller und einfacher, aber auch besser...?

Bäume kauft man auf dem Markt, das Festmahl lässt man sich servieren, und Äpfel und Nüsse, die taugen schon lange nicht mehr als Geschenk. Das "schönste Weihnachtsfest meines Lebens" war also - nichts Besonderes. Es war nicht vollkommen, doch genau das macht es in meinen Augen zu etwas Außergewöhnlichem. Denn nicht die großen Dinge zählten in jenem fernen Winter, sondern die kleinen.

Weihnachten war keine Inszenierung, kein Fest der grellen Lichter. Es war viel mehr. Etwas, das alles durchströmte. Ein wohliges Gefühl von Geborgenheit. Die Erinnerung an alte Weihnachtslieder, die alle kannten und mitsangen. Der Duft von Gewürzen. Die Muße, den Schneeflocken einfach nachzublicken, wie sie die Welt verzauberten.

"Weihnachten", das war Wärme und Zeit und Liebe. Die Festtage kamen und gingen, und sie ließen uns glücklich, aber niemals wunschlos zurück. Es gab immer Träume, die unerfüllt blieben, und das war gut so. Denn das Wesentliche ändert sich nie, nämlich die Freude an diesen drei Tagen, die heute so manchem langweilig erscheinen mögen, und die doch etwas so "Besonderes" waren.

 

Text: Susanne Pauls, Waxweiler


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