Trauer, Unverständnis und Wut: Hunderte demonstrieren vor Air Base Spangdahlem
Am Freitagabend, 18. Oktober, gab es vor den Toren der US Air Base Spangdahlem eine große Kundgebung gegen das Urteil im Fall des getöteten jungen Mannes auf der Säubrenner Kirmes 2023 in Wittlich. Der Angeklagte amerikanische Soldat wurde vergangene Woche freigesprochen. Das hat in der Bevölkerung für große Bestürzung und Unmut gesorgt. Freunde und Bekannte des Getöteten haben schließlich zu einer Demonstration „ Justice for Micha“ aufgerufen.
Großer Andrang - Schweigemarsch
Bereits um 17 Uhr gab es einen großen Andrang auf dem Mitfahrerparkplatz an der A60 Anschlussstelle Spangdahlem. Die Teilnehmenden mussten an allen verfügbaren Landwirtschafswegen parken und einen Weg zum Start der Demo von mehreren Kilometern zurücklegen.
In einem Schweigemarsch und mit Bannern zogen schließlich die mehr als 800 Teilnehmer eine Parallelstraße zur L46 in Richtung des Haupttores der Airbase Spangdahlem. Vor Ort wurde lautstark über Megaphone darauf aufmerksam gemacht, dass nun die Demonstranten ihre mitgebrachten Kerzen ablegen können. In Sprechchören wurde „Justice for Micha“, „Prison for Killer“ oder „Deutschland wo bist du“ gerufen.
Wut und Enttäuschung
Im Verlauf der Kundgebung wurde die Stimmung immer lauter und wütender. In der Trauer der Menschen richtete sich die Wut gegen die amerikanische Justiz. Ordnungsbehörden und Polizeikräfte hatten alle Hände voll zu tun, die Menschenmenge zu bändigen. Schließlich wurde eine Barriere übertreten und die Demonstranten blockierten das gesamte Haupttor, was im Vorfeld so nicht abgesprochen wurde. In sehr lauter Stimme machten die Demonstrierenden ihren Unmut gegenüber der Polizei und dem Ordnungsamt klar. Kurze Zeit später rollte eine sehr starke Polizeipräsenz an und musste zur Menschenmenge eine Polizeibarriere bilden. Vor allem die engsten Bekannten des getöteten 28-Jährigen konnten die Arbeit der Polizei vor Ort nicht verstehen und machten lautstark ihren Unmut breit.
Lautstarke Proteste - Starke Polizeipräsenz
So bildete sich im Verlauf eine Gruppenbildung von den lautstarken Protestanten gegen die Justiz und eben jener, die hinter der Absperrung gebliebenen Menschen, die einfach in Ruhe trauerten und Kerzen abstellten. Das Kerzenmeer wurde so immer größer. Als die wütenden Teilnehmer nicht nachgelassen hatten, wurde über Lautsprecher die Räumung und Beendigung in einem scharfen Ton angekündigt. Erst dann entspannte sich die Lage nach und nach. Auch hinter den hohen Zäunen rückten US- Soldaten hinter Schutzschildern an, falls es zu einer Eskalation kommen würde.
Die Rufe blieben indes ungebrochen „Polizei wo bist du?“ oder „Gerechtigkeit“ und „Amerika wo bist du?“ Unter den Teilnehmern war auch eine Frau, die auf dem US Stützpunkt arbeitet, die namentlich nicht genannt werden möchte: „Ich bin heute mit einigen meiner Bürokollegen hierhergekommen, um meine Solidarität auszudrücken. Ich persönlich habe absolut kein Verständnis dafür, dass ein Soldat, der bei der Polizei in seiner Vernehmung alles gestanden hat, nun freigesprochen wird.“
Demonstranten fordern unabhängige Untersuchung
Katja Teusch ist mit dem Megaphone ganz vorne mit dabei. Sie war eine Freundin des Opfers und kann das alles überhaupt nicht verstehen: „Da läuft ein Mörder, der freigesprochen wurde, frei rum. Sowas kann man nicht verstehen. Umso wichtiger ist es, heute unsere Solidarität zu zeigen. Wo bleibt die Gerechtigkeit?“
Die Demonstranten fordern, dass der Fall erneut geprüft wird und haben Hoffnung auf eine unabhängige Untersuchung. Diese soll Klarheit über die Umstände des Freispruchs bringen. Die Demonstration in Spangdahlem zeigt, wie tief die Wunden in der Region sind. Nicht nur aus Wittlich sind die Menschen gekommen, sondern aus der gesamten Region Trier. Ob die Rufe nach „Justice für Micha“ Gehör finden, bleibt abzuwarten.
Bis 20.30 Uhr verlief die Demonstration dann doch friedlich, die Verantwortlichen haben auch klar gemacht, dass es nicht in ihrem Sinne gewesen sei, dass die Kundgebung außer Kontrolle gerät und man „Frieden“ möchte. Nach und nach haben die Menschen bei einsetzendem strömenden Regen die Heimreise angetreten. Die Polizei bedankt sich: „"Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Organisatoren und den Teilnehmenden der Demonstration sowie den beteiligten Behörden und den Verantwortlichen der Airbase für die gute Zusammenarbeit. Vor dem Hintergrund der hohen emotionalen Betroffenheit der Menschen danke ich den Organisatoren auch für die gute Kommunikation während der Versammlung", sagt Kriminaldirektor Patrick Niegisch, der den Einsatz der Polizei leitete.
Text: Florian Blaes