Edith Billigmann

Auf Higheels leichtfüßig durch die Nacht

Trier/Region (edi). Wovon eine Orthopädie-Schuhmachermeisterin so träumt ...

Mit ihren 28 Jahren ist Marie Poss-Christian nicht nur in die Fußstapfen der erfolgreichen Schuhmachermeister des Trierer Traditionsunternehmens Poss getreten, sondern ist ihnen sogar eine Schrittlänge voraus. Denn mit ihrem Bundessieg 2017 und als Jahrgangsbeste der Meisterprüfung 2019 hat sie Vater Guido und Onkel Jürgen, beide einst Landessieger der Gesellen im Leistungswettbewerb, von Platz 1 verdrängt. Doch nicht nur der Ehrgeiz treibt Marie an. Menschen mit maßgefertigten, modischen Schuhen schmerzfrei und glücklich zu machen, ist ihre Haupttriebfeder. "Jeder sollte schöne Schuhe tragen können", ist die junge Frau überzeugt und zeigt ihr Gesellenstück, ein Paar Stiefeletten in Schlangenoptik. "Aber da geht noch mehr", meint sie und experimentiert an ihren Traumschuhen: bequeme Highheels, auf denen man die ganze Nacht durchtanzen kann.


FÜSSE - DIE WUNDERWERKE DER NATUR

Rund 200 Knochen besitzt ein Mensch, ein Viertel davon befindet sich in den Füßen, die uns den aufrechten Gang ermöglichen. Solange die Wunderwerke der Natur problemlos funktionieren, werden sie meist in Schuhe von der Stange gezwängt. Doch unpassendes Schuhwerk kann üble Folgen haben: Blasen, Rückenschmerzen, Schweißfüße - um nur einige zu nennen. Und manchmal offenbart sich hinter den akuten Leiden auch ein Handicap wie eine Beinlängendifferenz, Wachstumsstörungen oder Versteifungen. Dann ist Maries Einsatz als Orthopädie-Schuhmachermeisterin gefragt. Und die sieht meist schon auf den ersten Blick, wo der Schuh drückt. "Bereits Haltung und Gang zeigen, was die Füße aushalten müssen", sagt sie. Die Ergebnisse mittels moderner Technik wie Videokameras, Laufbandanalyse, digitaler Druckmessung und CAD-Konstruktion geben ihr Recht. "Füße sind so individuell wie die Menschen selbst", sagt sie. Gerade das mache den Reiz ihres Berufes aus, der traditionelles Handwerk und Hightech miteinander verbinde.


MANCHMAL KOMMT ES ANDERS ...

"Eigentlich wollte ich nie Orthopädieschuhmacherin werden", erinnert sich Marie, die nach dem Abi mit einem International Business-Studium geliebäugelt hatte. Doch die Firma ohne handwerkliche Kenntnisse zu übernehmen, war für ihren Vater ein No go. "Ohne Meister keine Chance", hatte er klargemacht und Marie willigte aus Liebe zur Familientradition ein. Heute ist sie froh, diesen Schritt gegangen zu sein. "Es ist ein körperlich nicht so fordernder Beruf, in dem man als Frau unglaublich kreativ sein kann", sagt sie und betont zugleich den helfenden Aspekt des Handwerks, das es Menschen ermöglicht, mög- lichst schmerzfrei zu leben. Dass dabei dann auch originelle Ideen wie die Fliposs entstehen, spornt sie an. Strand- und Badelatschen so hinzubekommen, dass sie zu 100 Prozent sitzen, ist ein Kunststück, das der Posschen Familie gelungen ist. Die Fußbettungen aus der CDA-Fräse sind millimetergenau vermessen und an den Fuß angepasst, die Riemchen individuell gefertigt - da krallt kein Zeh mehr im mühsamen Kampf ums Gleichgewicht. Und worauf Marie ganz besonders stolz ist: die Optik. "Da können die Fliposs mit jedem vergleichbaren Schuhwerk mithalten", ist sie überzeugt.


GUT ZU WISSEN

Fast jeder Dritte hat in Deutschland eine Fußfehlstellung, die zu Knie-, Hüft- und Rückenschmerzen führen kann. Nicht nur ihnen kann der Orthopädieschuhmacher helfen, sondern auch ambitionierten Sportlern, die den Wunsch haben, "leichtfüßig" ihre Leistungen zu optimieren.


FAMILIENTRADITION

Das Schuhmacherhandwerk hat eine jahrhundertelange Tradition. In Deutschland gibt es schätzungs- weise noch 500 bis 600 Schuhmacher. Die Zahl ist allerdings seit Jahren rückläufig. Nachwuchsmangel hat auch Inhaber Guido Poss zu beklagen, aber mit Tochter Marie und deren Ehemann Zackery Christian, im Familienbetrieb Poss im dritten Lehrjahr, ist der Fortbestand des Betriebs gesichert.


INFO

Weitere Informationen zu Marie Poss auf www.poss-trier.de  


Weitere Nachrichten aus eff
Meistgelesen