Das Jugendkulturzentrum Exhaus muss geschlossen werden. Grund sind eine ganze Reihe gravierender Baumängel aus den vergangenen Jahrzehnten in dem denkmalgeschützten Gebäude, die im Zuge der laufenden Brandschutzsanierung sichtbar geworden sind.
Seit der Schließung des Mittelteils des Exhauses im Oktober 2018 und der damals bekannt gewordenen Probleme an Holzbalkendecken sind die Holzkonstruktionen, die Dachstühle und die Statik intensiv untersucht worden. Die Untersuchungen, bei denen weitere Bauteile geöffnet wurden (also beispielsweise abgehängte Decken entfernt oder Putz von Wänden geklopft), haben gezeigt, dass die Holzbauteile in sehr schlechtem Zustand sind und die Standsicherheit teilweise nicht mehr gewährleistet werden kann. Nach den neuen Erkenntnissen der Statiker und mehreren internen Krisensitzungen im Verlauf dieser Woche hat der Stadtvorstand beschlossen, aus Sicherheitsgründen auch den Nord- und den Südflügel komplett zu schließen. Da der Mittelteil des Jugendkulturzentrums bereits gesperrt war, ist damit folglich das gesamte Exhaus geschlossen.
Generalsanierung nötig
Nur mit den bisher vom Stadtrat beschlossenen Brandschutzsanierungsmaßnahmen wird das Exhaus nicht zu retten sein, stellten Bürgermeisterin und Sozial- und Jugenddezernentin Elvira Garbes sowie Baudezernent Andreas Ludwig bei einer Pressekonferenz am Donnerstag fest. Der Stadtvorstand geht davon aus, dass eine Generalsanierung des Gebäudes nötig ist. Die Mitarbeiter, die noch im Exhaus arbeiten, wurden am Donnerstagmorgen darüber informiert, dass sie das Gebäude in den nächsten Tagen räumen müssen. Schon geplante Konzerte oder Partys müssen abgesagt oder in andere Räume verlegt werden. Die Stadt unterstützt den Ex-Haus-Verein bei der Suche nach Ausweichräumlichkeiten.
Nächster Schritt ist, dass der Stadtrat eine HU Bau (Haushaltsunterlage) bei der Gebäudewirtschaft beauftragen sollte. Das bedeutet: Es wird eine umfangreiche Kostenermittlung geben, was die Sicherung des Gebäudebestandes und die Wiederherstellung der Nutzbarkeit kosten wird. Es geht also nicht mehr um eine Brandschutzsanierung, sondern um eine Generalsanierung. Daher ist eine neue Beschlussgrundlage des Stadtrates nötig.
Bisherige Untersuchungen und Planungen
Anfang 2015 wurden erhebliche Brandschutzmängel am Exhaus festgestellt: Zu enge Fluchttreppen und Notausgänge, unzureichende Sicherheitsbeleuchtung, Mängel der Feuermeldeanlage. Aus Sicht der Experten bedeutete das eine "akute Gefahr für Leib und Leben der Besucher". Die Bauaufsicht verhängte erhebliche Beschränkungen für die Nutzung des Gebäudes, die auf Dauer das Exhaus in seiner Existenz gefährdet hätten.
Im März 2016 beschloss der Stadtrat die Brandschutzsanierung sowie die Herstellung von Barrierefreiheit für 3,6 Millionen Euro. Zugleich wurden bei der Planung die Nutzungen und Gebäudezuschnitte einiger Räume geändert. Die bisherige Planung sah folgendes vor: Im Keller und im Erdgeschoss des Südflügels sollen neue Sanitäranlagen entstehen. Das Bootshaus im Erdgeschoss wird als Ersatzraum des kleinen Exils hergerichtet. Im Hauptgebäude sind im Erdgeschoss die offene Jugendarbeit plus Büroräume, in der ersten Etage das Café Exakt, die erweiterte Cateringküche und Büros vorgesehen. Im Südflügel sollen weiterhin der Kinderhort und das Exil ansässig sein. Im Nordteil haben das Landesmedienzentrum und der Balkensaal ihren Sitz. An dem denkmalgeschützten Gebäude sollten bauliche Eingriffe nur an Stellen gemacht werden, wo die alte Bausubstanz bereits früher umgestaltet wurde. Die Fluchttreppe für den Balkensaal und der Notausgang aus dem Exil sollen als moderne Elemente angefügt werden. Um die Barrierefreiheit zu gewährleisten, ist im Nord- und Südflügel der Einbau eines Aufzugs geplant, zudem ein Hublift und eine Rampe. Zur Verbesserung des Brandschutzes stehen auch neue Schutztüren sowie Verbesserungen bei der Lüftung und Entrauchung, bei den Alarmsystemen sowie der Notbeleuchtung auf der Liste.
Im Mai 2018 starteten die Sanierungsarbeiten. Ursprünglich sollten sie Ende 2017 beginnen, allerdings wurde wegen der Höhe der geplanten Kosten ein öffentliches Vergabeverfahren für die Planungsleistungen nötig, was zu Verzögerungen führte.
Im September 2018 stellte sich bei Holzuntersuchungen des Mittelteils des Exhauses heraus, dass ein sicheres Betreiben des Mittelteils nicht zu gewährleisten war. Die Holzbalkendecken im Erdgeschoss mussten für weitere Untersuchungen vom Putz befreit werden. Dadurch war der Brandschutz der Decken nicht mehr gegeben. Der Betrieb des Exhauses in den Seitenflügeln lief weiter. Die Arbeit des Kinderhortes des Exhauses war durch die umfangreichen Bauarbeiten beeinträchtigt. Deshalb wurde die Betreuung in noch freie Räume der Grundschule Ambrosius verlagert. Die Stadt hat bisher für Brandschutz- und Sanierungsmaßnahmen 4,29 Millionen Euro eingeplant.
Über das Exhaus
Das Exhaus ist für viele Trierer der Inbegriff einer alternativen Jugendkultur. Bei voll nutzbarer Besucherkapazität zählte das Exzellenzhaus jährlich 70.000 bis 100.000 Besucher.
Der Betreiberverein befindet sich seit Mai 2018 in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Involvenzrechtliche Generalbevollmächtigte ist die Trierer Rechtsanwältin Christine Frosch, vom Gericht bestellter Sachwalter ist Prof. Dr. Dr. Thomas B. Schmidt. Die finanzielle Schieflage entstand unter anderem, weil wegen des Umbaus die Einnahmen aus Konzerten gesunken sind. Bisher finanzierte sich der Verein in einer Mischkalkulation über städtische Zuschüsse und die Einnahmen aus Partys und Konzerte.
Zur Arbeit des Vereins gehören ein offener Jugendtreff, das lokale Fanprojekt, Streetwork für Jugendliche und junge Erwachsene. Im Stadtteil Ehrang betreibt der Verein den Jugendclub Blue und in Trier-Nord einen Umsonstladen. Der Kinderhort, der in der Ambrosius-Grundschule ausgelagert ist, hat 45 Plätze. Der Kulturbereich organisiert zudem den so genannten "Bunker" (Ludger-Kern-Haus), in dem 30 bis 40 lokale Bands proben.
Die Stadt hat mit dem Verein eine Ziel- und Leistungsvereinbarung für Jugendkulturarbeit, Jugendarbeit, Fanprojekt, Medienarbeit, Streetwork inklusive des Blue von 370.000 Euro. Für 2019 hat der Stadtrat überdies als Sonderförderung 75.000 Euro zur Verfügung gestellt. Der Hort wird mit 230.000 Euro pro Jahr gefördert.
RED/PA