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Vom Virus auf den Hasen gekommen

Der Dernauer Schreinermeister war einer der ersten Corona-Infizierten im Kreis Ahrweiler. In Quarantäne überlegte er, wie er Kindern in Corona-Zeiten eine Abwechslung bieten kann. Dabei heraus kamen die "Zeit-Vertreib-Kisten", die mittlerweile an sieben verschiedenen Standorten stehen.

"Wir haben damit mehr erreicht als das Ziel, das ich mir gewünscht hatte", sagt Maik Rönnefarth sichtlich zufrieden. Dabei stand für den Schreinermeister aus Dernau am Anfang der Aktion eine ungeplante Zwangspause. Aus dem Urlaub im österreichischen Skiort Ischgl hatte Rönnefarth eine Corona-Infektion mit nach Hause gebracht. Er gehörte somit zu den ersten Menschen im Kreis Ahrweiler, die mit dem Virus infiziert waren. Also verbrachte er zunächst 14 Tage in Quarantäne. "Mich hat die Stimmung da draußen bewegt. Für die einen ist es der 'Weltuntergang', die anderen sagen 'es ist doch alles in Ordnung'", sagt Maik Rönnefarth: "Ich habe darüber nachgedacht, welche Menschengruppen von der Situation betroffen sind." Als Geschäftsführer der Schreinerei Rönnefarth dachte er unter anderem an die jungen Väter unter seinen "Holzwürmern", die ihr Leben umkrempeln mussten, um nach der Schließung von Schulen und Kitas Kinder und Job unter einen Hut zu bekommen. "Ich habe mich gefragt, was wir als Schreiner machen können", erzählt er. Schnell kam ihm die Idee, aus Holz Osterhasen auszusägen, die Kinder zu Hause bemalen können. "Ich wollte aber nicht einfach irgendeine Kiste hinstellen, sondern habe überlegt, wie wir die Hasen wertig übergeben können", so Rönnefarth. Also entwickelte er die "Zeit-Vertreib-Kiste", eine professionell gestaltete und gefertigte sowie rollbare Kiste. Mit der Unterstützung von Holz Blum aus Meckenheim haben die Dernauer "Holzwürmer" sieben Exemplare davon hergestellt und an verschiedenen Standorten deponiert. "Es sollten zentrale Plätze sein, die auch mit dem Auto gut erreichbar sind", erklärt Rönnefarth. Außerdem sollten Kunden der Schreinerei die Kisten abends ins Haus holen können. Selbstverständlich müssen zudem die Abstandsregeln eingehalten werden. Eine der "Zeit-Vertreib-Kisten" steht auf dem Hof der Schreinerei zwischen Rech und Dernau. "Die Eltern zelebrieren das richtig. Sie fahren auf den Hof, schnallen die Kinder ab und lassen sie zur Kiste gehen. Manche kommen auch mir dem Rad oder sind hierhin gewandert. Viele Kinder rufen ,Dankeschön' durch die offene Tür in die Schreinerei", freut sich Maik Rönnefarth: "Als ich die leere Kiste vor dem Eiscafé da Renato in Bad Neuenahr aufgefüllt habe, habe ich gesehen, dass vier oder fünf Kinder auf dem Platz verteilt schon darauf gewartet haben. Einige sind mir hinterher gelaufen und haben sich bedankt." Geld möchten die Macher ausdrücklich keines bekommen. "Aber die Kinder haben viel extra für die 'Holzwürmer' gebastelt." Rund 7.500 Osterhasen aus Holz hat das Team der Schreinerei inzwischen ausgesägt. "Das war so nicht geplant", erklärt der Chef schmunzelnd. Anfangs funktionierte das noch neben dem laufenden Betrieb. Doch irgendwann mussten die Schreiner dann doch zwei Arbeitstage für die Aktion einlegen. Neben Holz Blum hat Rönne­farth inzwischen weitere Firmen ins Boot geholt. Die Ahrweiler Firma Jansen hat 300 Döschen Lack zum Bemalen der Hasen beigesteuert, die Firma Würth Stifte und Malbücher. Das Rheinbacher "Eiswerk" möchte Eisgutscheine spenden. "Und ich weiß, dass auch noch Malkästen kommen werden", verrät Rönnefarth. Weitere Unterstützer sind willkommen. Inzwischen haben andere Schreinereien das Konzept übernommen. "Ein Schreiner aus Bornheim rief mich an und fragte, ob er das ohne Veränderungen übernehmen kann. Das habt mich gefreut", berichtet Maik Rönnefarth, der das Konzept nun auch dem Fachverband Leben Raum Gestaltung Hessen/Rheinland-Pfalz überlassen hat. Mit Martin Becker, der die Kölner Schwimmschule Sharky betreibt, entstand eine ganz besondere Aktion aus der Kiste heraus. Kinder konnten die bemalten Hasen zurückbringen und erhielten dafür eine Überraschungstüte sowie einen neuen Hasen. Die bemalten Hasen wurden mit anderen Dingen zu kleinen Osteressen gepackt. "Dabei hat uns auch die Winzergenossenschaft Mayschoss-Altenahr mit Wein unterstützt", berichtet Rönnefarth. Die Tüten wurden am Karsamstag in einem Bensberger Seniorenheim verteilt. "Das war herzergreifend. Wir haben ja nicht irgendwas verteilt, sondern das war schließlich extra für die Senioren gemalt", berichtet Mail Rönnefarth. Die nächste Aktion plant er bereits. Er möchte Puzzleteile sägen, die alle aneinander passen. Die können die Kinder bemalen und mit einigen Gedanken zur Corona-Situation versehen. "Ich denke, dass die Kinder es auch positiv sehen", glaubt Rönnefarth mit Blick auf die Zeit, die Eltern und Kinder nun miteinander verbringen. Von vielen Eltern habe er gehört, dass sie jetzt gelernt haben, ganz anders mit ihren Kindern zu spielen. Später soll das Puzzle in einer Aktion zusammengesetzt werden, um die außergewöhnliche Zeit in Erinnerung zu behalten. Die Standorte der "Zeit-Vertreib-Kiste": Jesuiten Apotheke, Hauptstraße 83, Bad Neuenahr
Hirsch Apotheke, Martplatz, Ahrweiler
Eiscafe da Renato, Poststraße, Bad Neuenahr
Rewe Azahri, Harbachstraße, Sinzig
Schreinerei Rönnefarth, Bundesstraße, Dernau/Rech
Sharky Sportsclub, Zusestraße, Köln-Lövenich


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