Tiere
Wer "reteriert", der weicht zurück. Das Verb "tiere" heißt "sich zurechtmachen", "anziehen". "Sich op de Mau tiere" also bis zum Ärmelaufschlag ("Mau") durchstylen, ganz große Garderobe machen.
"Tribbeliere" bedeutet nach Renate Borgmann "inständig um etwas bitten", Fritz Koenn übersetzt noch eine Spur drastischer mit "quälen". Tatsächlich nennt man ja bereits kleine Kinder "Quälgeist", wenn sie nicht zu betteln und quengeln aufhören.
"Kujoniere" bedeutet unwürdig behandeln, schikanieren, unnötig und bösartig bedrängen. Der Schikanierer wird folgerichtig auch als "Kujöne" oder "Kujönes" betitelt. Das Wort "Kujone" gab es früher auch im Hochdeutschen und bezeichnete einen niederträchtigen Menschen. Das Wort kommt aus dem Französischen: coïon = Feigling, italienisch "coglione" von vulgärlateinisch *c?leo = Hodensack.
"Prackteziere" bedeutet "etwas bewerkstelligen". Zwei Verliebte auf der Ofenbank, schreibt Fritz Koenn in seinem Nordeifeler Mundartwerk "Von Abelong boss Zau Dich Jong", hätten "Pap unn Mamm et leevs de Trapp eropp praktezeert", um endlich allein zu sein.
"Scheniere" bedeutet "verschämt" im Sinne von "sich scheuen, etwas zu tun oder anzunehmen". "Schenier Dich net esu", sprach meine Tante Anna, und legte mir noch ein großes Stück Braten auf den Teller, obwohl ich "esch" (wirklich) "buchsatt" (wörtlich "bauchsatt" = mehr als gesättigt) war.
Renate Borgmann hat dem Verfasser im Übrigen noch zwei speziell Mechernicher Sprichwörter mitgeteilt. So sagten die Leute am Bleiberg einst, als Europas höchster Industrieschornstein (134,6 m), der so genannte "Lange Emil", noch stand: "De Hemmel öss esu huh wie de Schmelze-Kamin", der Himmel ist so hoch wie der Schornstein der Metallschmelze. Das zweite Sprichwort lautete: "Wer datt net jlööve well, frooch Assemachesch Trien", ein Mechernicher Original.