Michael Nielen

Scheef unn schaggelich

Schiefer als schief mauerte unser Lateinlehrer einst sein künftiges Eigenheim bei Kommern mit eigener Hand.
Manni kallt über "scheef unn schaggelich".

Manni kallt über "scheef unn schaggelich".

Bild: Michael Nielen

Cäsars "Bellum gallicum"und Ciceros philippische Reden waren ihm ohnehin wichtiger als Lot und Wasserwaage. Wenn er ins Klassenzimmer kam, mussten wir aufstehen. Mein Nebenmann sagte immer leise den Spruch der Gladiatoren: "Morituri te salutant" (zu Deutsch "Die Todgeweihten grüßen dich").

Wir fuhren immer wieder mit den Fahrrädern hin zu seiner Eigenheimbaustelle, um uns den Fortschritt der angewendeten Freimaurerei anzusehen. Das, was wir zu Gesicht bekamen, nannten wir in der landesüblichen Ausdruckweise "scheef unn schäel" oder auch "scheef unn schaggelich".

"Schnack öss angesch" (grade ist anders), sagte Adi, dessen Vater Maurer war. Mein Journalisten-Kollege F.A. Heinen nahm es mit der Genauigkeit der Genauigkeit nicht so tierisch ernst beim Layouten seiner Zeitungszeiten. "Ne Zentimete öss kee Boumooß", flegte er zu sagen, wenn andere Redakteure im Kampf um Millimeter halbe Nachmittage ihrer Lebenszeit verbrauchten.

"Nu böss net esu pingelisch", sagte auch Marie zu ihrem Schang, als er kritisierte, dass ihr diesmal der "Karnielskranz" nicht so schön "jeroode öss wie söss". Mit den Worten "Datt öss doch kenn Kirche-Ärbeet hee" bittet sie um Nachsicht. "Am Bou" sagen die Handwerker: "Et kütt sich op e Zömmemanns-Hoor net ahn…" Was stark an das geflügelte Wort von der Haarspalterei erinnert: "So genau wollen wir es nicht nehmen, dass es auf das einzelne Haar eines Zimmermanns ankäme."

 Me moss sich net schenne ("schinden"), ploore (von "plagen" im Sinne von "sich beeilen") un tirvele ("überschlagen) beij un op de Ärbeet. Zweschendörch daasch me sich och att ens reiste (wörtlich "rasten") ode sich noh nem joode Krätzje (witzige Erzählung) schibbelich ("zum kugeln") laache oder och scheef un schaggelich. Denn "scheef un schaggelich" kann me net nur boue unn backe, sondern och bälleke (brüllen vor Lachen).


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