Michael Nielen

Nüerte unn voll

"Nüerte, nüchtern, nicht angeheitert" ...
Manni kallt über "Nüerte unn voll"

Manni kallt über "Nüerte unn voll"

Bild: Michael Nielen

... schreibt Fritz Koenn in seinem wertvollen Nachschlagewerk "Von Abelong bos Zau Dich Jong" (Helios, Aachen, ISBN 3-925087-59-1), das in jeden Bücherschrank praktizierender "Native Speaker" ("Muttersprachler") gehört. "Nüerte", auch "nööte" im Gegensatz zu "voll" (Steigerung "dressvoll"), "zoh" oder "knöll".

Nach reichlich Alkoholgenuss hat man sprachlich "enne op de Lüert" (wörtlich "einen an der Leuchte"), "de Aasch voll" oder je nach Grad und Schwere der auch für Außenstehende erkennbaren rauschbedingten Sinnestrübung "de Lampe am brenne" oder "all Lampe ahn". Wenn der Gang bereits unsicher ist, schwanken Besoffene "op Heem ahn" und stützen sich dabei gegenseitig. Paradox angesichts solch körperlicher Hinfälligkeit ist ihre gute Laune, manchmal singen sie sogar dabei.

Die Unwägbarkeiten des Rückzugs vom Tresen haben dazu geführt, dass es im Erzählschatz der Nordeifel eine Probe aufs Exempel gibt, um festzustellen, ob ein feucht-fröhlicher Abend fortgesetzt werden kann oder nicht. Sagt der eine "Suffkumpan" zu seinem Zechbruder: "Jetz stoh(n) me(r) janz langsam op. Wenn me dann noch john könne, dann john me noch net… Wenn me äve nemmie john könne, dann john me!" (Wenn wir noch gehen können, gehen wir noch nicht nach Hause. Wenn wir aber nicht mehr gehen können, dann gehen wir.)

Andererseits heißt "nööhte" ("nüerte") auch mit leerem Magen. Auf die Frage der Arzthelferin Annemone, ob er noch nüchtern sei, empört sich Hallfe Pitte(r): "Weeß De, Mädche? Och wenn ich mir jäern enne jelde unn dann enne op de Lüert hann, ävver wenn ich beij de Dokte john unn en de Huhmess, dann drönken ich vürher kenne Droppe!"

Als Dr. Hissen Ackermanns Pitte ongesooht hatt, der jäern enne petschen däht, frooht häer önn nohher: "Trinken Sie, Herr Ackermann?" Worauf Pitte wie aus der Pistole geschossen antwortete: "Wenn Se ne Ku-erte doh hann…"


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