Handfest kontra schöngeistig
"Geht mir weg mit all den Veilchen, Rosen, Tulpen und Narzissen" schimpft die "Annefei" in der gleichnamigen Geschichte des Mechernicher Autors Hubert Roggendorf: "E öedentlich Hööt Kappes öss me leeve!" Ein prächtig gewachsener Kohlkopf ist der Bergarbeiterfrau am Bleiberg verehrungswürdiger als "Vijöölche, Mattesrüesje on Flette".
Handfest geht vor schöngeistig, leerer Bauch philosophiert nicht gern. Die Vorliebe für "Kappes unn Schavur") erstreckt sich auch auf "Kruusch Kühel" (Grünkohl), "decke Bonne", "Struchbonne", "Stangebonne", "Wölleklööss" (Feuerbohnen), "Äerpel" (Kartoffeln), "Äerz" (Erbsen) und "Morre" (Möhren).
Im Garten angebaut wurden "Karoote" ("Rote Bete"), "Breetloof" (Breitlauch), "Koppschlaat", "Feldschlaat" und "Zellereij" (Sellerie). An Sträuchern gediehen "Knüeschele" (Stachelbeeren), "Janskiersche" (Johannesbeeren) unn "Ömbere" (Himbeeren), "Ärbele" (Erdbeeren) auf der Erde. Im nahen Kermeter ernteten die Bleiberger "Brämele" (Brombeeren) und vor allem "Worbele" (Waldbeeren), letztere oft waschkörbeweise, mit denen sie sich "op de Bahn satzte" (Eisenbahn fuhren), "ömm se en Kölle dühr ze vekoofe" (in Köln zu verkaufen).
Die Bergarbeiterfrau, aber auch Kleinbäuerinnen lehrten ihren Nachwuchs, praktisch zu denken und Nahrung ("jett zwesche de Kieme") höher einzuschätzen als Augenschmaus, "Obss unn Jemööß" wertvoller anzusehen als Blüten im Vorbeet: "Spääde kondert" ("könnt Ihr es"): "Löddisch Schaaf brengk Onnfredde": Ein ungefüllter Vorratsschrank stiftet Unfrieden …
Hochmut kommt im Übrigen vor dem Fall: Anmaßende Zeitgenossen ("huuhfäädisch Mensche") warnt der Volksmund: "Wenn Dress Möss witt, weltt e jefahre wäre…" Wenn Fäkalien und Streu zu Mist reifen, dann wollen sie chauffiert werden. Bilde Dir lieber nicht zu viel ein auf Deinen Stand und Ruf. Sonst wirst Du zum "Dämelack" (Lackaffen), "Schaute" (Spinner) oder zur "Pööt" (überkandideltes Frauenzimmer). "Onnkrock" hingegen, "verjeht net…"