Die letzte Beichte
Man ruft einen Priester, damit der harte Knochen letzte Beichte ablegen kann. "Pastuhr meent och, et wöhr höchste Zitt, reen Bahn ze maache, denn datt hat e att lang net mie jedohn", schreibt Anton Könen, der die Geschichte in seinen mit Maria Schwer herausgegebenen "Mecheniche Verzällche" überliefert.
Der ahle Aaßenääche maht et kuert unn saaht: "Ich hann kenne duert jemaaht, han keenem Mädche je e Leed ahnjedohn unn keenem e Päerd jestolle. Datt andere, jlööv ich, hann ich all jedohn…"" Da Gott kein Erbsenzähler ist, wird er diese Lebensbeichte gewiss mit Güte belächelt haben. Hauptsache, die grobe Linie im Leben stimmt, der Grundsatz, niemandem das selbstbestimmte Leben zu nehmen.
Dann sind alle anderen Delikte aus dem menschengemachten Bußgeldkatalog Nebensache. Ganz so, wie es die Geschichte von jenem Rabi erzählt, der vor der Knesset in Jerusalem steht. Einer der zahlreichen Eroberer Israels fordert ihn auf, den ganzen Inhalt der Heiligen Schrift aufzusagen, aber es dürfe nicht länger dauern, wie er auf einem Bein stehen könne.
Worauf er mit dem alttestamentarischen Buch Tobit antwortet, in dem es sinngemäß heißt wie im alten deutschen Sprichwort "Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu…" Das ist die "Regula Aurea" (Goldene Regel), das (An-)Gebot der Nächstenliebe für alle - die leider oft gebrochen wird.
"Das ist die ganze Tora, der Rest sind Kommentare", heißt es im Talmud, Christus lehrte die Nächstenliebe als höchstes Gebot in Augenhöhe mit der Gottesliebe, aber auch Islam, Buddhismus und Hinduismus tragen die "Regula aurea" in sich. "Me moss och jönne könne", sagt der Rheinländer, um andere, aber auch sich selbst nicht zu vergessen.
Immer tolerant sein, wohlwissend: "Jede Jeck öss anders". "Levve unn levve losse", oder wie es der frühere VR-Banker Bernd Altgen für goldene Kaufmannschaft formulierte: "Me mosse beets Spass dran hann…"