Michael Nielen

De Ohre de Kaus jeffe

Die WochenSpiegel-Kolumne "Manni kallt Platt" ist im Laufe der Jahre eine Kontaktbörse in Sachen rheinischer Mundart geworden.

Manni kallt über "De Ohre de Kaus jeffe"

Manni kallt über "De Ohre de Kaus jeffe"

Bild: Michael Nielen

Der Autor ist oft selbst überfragt, wenn es um Aufklärung dieses oder jenes Mundartbegriffs geht. Oft handelt es sich um örtliche Sprachtraditionen. Da hat mal einer ein originelles Wort geprägt - und schon tradiert es sich über Jahrzehnte.

"Frooch Hein, der kritt de Zeidung", ist ein schönes Beispiel für eine lokal begrenzte Redensart aus Bergbuir und Umgebung, wo bereits im frühen 20. Jahrhundert jemand als gebildet galt, der die Tageszeitung abonierte. Das Schmähwort "Unn du kohm de Kreech - unn du fehl oss Mechel" für Menschen ("Schwadronöresse"), die einen allzu langatmigen "Verzäll" halten, hat mir mein Kumpel und Bundeswehr-Funker Ricky aus Firmenich beigebracht. Der "Eifel-Gäng"-Kollege Günter Hochgürtel, der ja selbst ein begnadeter "Native-Speaker" ist, gibt mir immer wieder sprachliche Rätsel auf.

Meistens gelingt die Antwort nur mit Hilfe anderer Experten wie des Kreuzweingarteners Hermann-Josef Kesternich. Der war seinerzeit gerade mit Ehefrau Elisabeth aus dem Urlaub in Neapel zurückgekehrt, als ihn die Frage erreichte, was die Redensart "De Ohre de Kaus jeffe" bedeutet.

Kesternich verknüpfte die Antwort mit dem soeben Erlebten am Fuße des Vesuv: "Na, en Neapel hann mir de Ohre de Kaus jejeffe, su vell joof et do ze luere unn ze erlöffe!" Im Klartext: Wer "de Ohre de Kaus jitt", also wörtlich seinem Gesichtssinn Nahrung zukommen lässt, der saugt die Gegenwart ein. Der lebt im Augenblick, lässt (neue) Eindrücke auf sich wirken, ist ganz und gar da und hellwach.

"Wenn ich att suvell Jeld dafür ussjejeffe hann, dann hollen ich me och jenooch devon mött heem", so der pensionierte Lehrer und ambitionierte Heimatforscher: Wenn einer eine (teure) Reise tut, dann soll er was erleben und vom Erlebten lange zehren.


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