JK

Wer in der Coronakrise profitiert

Viele Unternehmen mussten im Zuge des Lockdowns enorme Umsatzeinbußen hinnehmen. Doch wer profitiert von der Corona-Krise?
Foto: Blake Wisz/Unsplash

Foto: Blake Wisz/Unsplash

Erst war es noch ein fernes Rauschen, dann stand das Coronavirus plötzlich vor der eigenen Tür. Der Lockdown ab Mitte März hatte große Auswirkungen auf das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Leben in der Region Trier. Doch nicht alle Unternehmen waren von den Einschränkungen gleich stark betroffen. Während der stationäre Einzelhandel, Hotel- und Gastronomiebetriebe sowie Veranstalter ihre geschäftlichen Aktivitäten während des Lockdowns weitestgehend einstellen mussten, haben andere Bereiche profitiert wie vor allem Bau-, Garten-, Drogerie- und Lebensmittelmärkte. Und in anderen Branchen haben sich durch die Pandemie Prozesse beschleunigt, die sich auf das künftige wirtschaftliche Leben verstärkt auswirken werden. Der Wochenspiegel hat sich bei Experten von der Universität und der IHK umgehört, die die Marktentwicklung beobachten.

Digitalisierung beflügelt mehrere Branchen

Viele Arbeitnehmer wurden ins Home Office geschickt. Hiervon könnte insgesamt die IT-Branche profitieren. »Home Office ist nicht mehr wegzukriegen«, sagt Prof. Dr. Jörn Block, Lehrstuhlinhaber der Professur für Unternehmensführung im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität Trier. »Dadurch entstehen Chancen für Unternehmen, die IT-Dienstleistungen im Hard- und im Softwarebereich anbieten. Aber auch Möbelhäuser können von dieser Entwicklung profitieren, denn Home Office Arbeitsplätze müssen eingerichtet werden.« Möglichkeiten sieht Block dabei auch im Bildungsbereich. »Schulen werden digitaler werden müssen«, sagt er. Entsprechende E-Learning Angebote sowie Konferenzsoftware korrespondieren mit einer Intensivierung der Lehrerfortbildung. Dafür braucht es mehr Fachkräfte, die diesen Part übernehmen, so Block. Mehr Fachkräfte dürfte es auch in einem ganz bestimmten Zweig der Lebensmittelindustrie benötigen:  »Die Tiefkühlbranche in der Region brummt wie nie zuvor. Die machen gerade die Umsätze ihres Lebens«, berichtet Block.

Verändertes Kaufverhalten

Neben den Unternehmen, die vom Digitalisierungsschub profitieren, legt IHK-Chefvolkswirt Dr. Matthias Schmitt den Fokus noch auf andere Bereiche: »Die Baubranche und alle nicht von Geschäftsschließungen betroffenen Bereiche des Einzelhandels stehen weiterhin gut da. Auch der Fahrradhandel hat durch Corona zugelegt. Der Urlaub wird vermehrt in der Heimat verbracht. Das fördert zum Beispiel den Verkauf von E-Bikes«, so Schmitt. Es sei nun besonders sinnvoll, »Geschäftsprozesse auf ungenutzte Effizienzreserven zu überprüfen und entsprechend zu optimieren. Die Digitalisierung sollte weiter vorangetrieben und Lieferketten robust aufgestellt werden«, so Schmitt. Die Krise habe dem Einzelhandel gezeigt, wie wichtig neben dem Ladengeschäft auch eine Online-Vertriebsplattform sein kann. »Der Online-Bereich hat im letzten Quartal ein Plus von 28 Prozent hingelegt. Das, was die Leute während des Lockdows online gekauft haben, ist klassisch in den Innenstädten vertreten«, sagt Prof. Dr. Bernhard Swoboda, Professor für Marketing und Handel im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität Trier, im Hinblick auf das veränderte Kaufverhalten vieler Menschen in der Coronakrise. Dies werde sich nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers auch nicht einfach so wieder zurückentwickeln.

Steuersenkung als Signal

Die von der Bundesregierung beschlossene Mehrwertsteuersenkung um drei Prozent sei in diesem Kontext nicht mehr als ein Signal und diene mehrheitlich dem psychologischen Effekt. »Bei Unterhaltungselektronik, größeren Möbelkäufen oder beim Autokauf können sich die drei Prozentpunkte aber dennoch bemerkbar machen,« so Swoboda.

Reisebranche schöpft Hoffnung

Auch für die Reisebranche ergäben sich neue Chancen. »Der Deutschlandtourismus profitiert ganz klar von der Pandemie«, sagt Jörn Block. Zum einen könnten regionale Airlines wie Luxair als Zubringerdienstleister beispielsweise für die Lufthansa gestärkt aus der Krise hervorgehen, zum anderen zeigten sich die Vorteile von Pauschalreisen. »Diese sind vielleicht etwas teurer, dafür hat man aber einen Ansprechpartner vor Ort, wenn etwas schiefläuft«, ergänzt Swoboda. Die Branche mache circa 60 Prozent des Jahresgeschäfts mit Buchungen, die von Januar bis April getätigt werden. Daher sei es für das Überleben der Reiseveranstalter wichtig, mit dem Thema Corona bis zum kommenden Jahr »durch« zu sein. (JK)


Meistgelesen