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Es rumort in der katholischen Kirche. Viele Frauen sind wütend. Jahrhundertelang durften sie vor allem eins: Schuften. Ein wirkliches Mitspracherecht hatten sie nie. Das soll sich ändern und dafür macht sich die Protestbewegung Maria 2.0 stark.
Unter dem Motto "Steht auf, schweigt nicht" protestierten im September zahlreiche Sympathisanten von Maria 2.0 mit einer Menschenkette um den Kölner Dom für grundlegende Veränderungen in der katholischen Kirche zugunsten ihrer weiblichen Mitglieder. Foto: Imago Images/Herbert Bucco
"Die katholische Kirche ist männlich-traditionell und deswegen hat Frau da gar nix zu kamellen. Gut die Hälfte aller Katholiken ist aber weiblich und viele von denen finden das Männergehabe blöd. Traditionell ist auch der Zölibat. Aber der könnte durch die Amazonas-Synode gelockert werden. Verheiratete Priester? Find ich super, genauso wie Frauen in Klerikerrobe! Also: Weg mit der Tradition!" - Euer Spieglein (spieglein@tw-verlag.de)
Was in einem kleinen Lesekreis bei Münster mit einigen wenigen begonnen hat, zieht weite Kreise. Zahlreiche Frauen (und Männer) machen sich in der Bewegung stark und fordern "Weiheämter auch für Frauen", "Aufhebung des Zölibats", "Aufklärung der Missbrauchsfälle". Wie viele Anhänger die Bewegung deutschlandweit hat, können die Initiatorinnen nur schätzen. "Wir sind eine freie Initiative. Wir haben kein zentrales Sekretariat oder so etwas in der Richtung. Wir sind ein freischwingendes Netz mit losen Enden. Und genau das ist unsere Stärke", sagt Lisa Kötter von Maria 2.0 – eine der Gründerinnen aus Münster, "denn dadurch können wir sehr schnell reagieren. Wir müssen uns nicht im Vorfeld absprechen. Jeder kann seine Meinung Kund tun. Aber dafür muss natürlich auch das Vertrauen ineinander da sein." Am Anfang waren es laut Kötter vor allem ältere Frauen, die sich der Bewegung anschlossen - was durchaus Sinn macht, wie sie erklärt: "Sie haben andere Erfahrungen gemacht, als jüngere Frauen. Bei ihnen hat sich durch jahrelange Demütigungen und in einigen Fällen auch durch Missbrauchserfahrung sehr viel Frust aufgebaut." Die jüngeren Frauen kämen zwar später, aber sie kämen.
Weltweiter Zuspruch
Zuspruch gibt es ebenfalls aus anderen Ländern, wie Österreich und der Schweiz. "Aber auch in Spanien, Portugal, England, den USA und Chile – so wurde uns berichtet – soll es mittlerweile Maria 2.0.-Gruppen geben", erzählt Kötter und betont. "Das ist allerdings nicht unser Verdienst. Es gibt überall engagierte Menschen, die die Bewegung unterstützen und darüber informieren." Maria 2.0 bewegt und das, obwohl die Forderungen nicht neu sind. "Diese Form der Selbstermächtigung, wie bei Maria 2.0. hat es bislang nicht gegeben. Es gibt seit Jahrzehnten engagierte Menschen, die ohne Unterlass gearbeitet und die Reformbewegung innerhalb der Kirche aufrecht erhalten haben – darunter beispielsweise die Initiativen 'Lila Stola', 'Maria von Magdala', 'Kirche von unten' und auch die Frauenverbände", sagt Lisa Kötter. Der Unterschied zu Maria 2.0. sei, dass diese Initiativen von einem theologischen und wissenschaftlichen Standpunkt her argumentierten. "Wir sind eine Bewegung von unten, von der Basis. Wir sagen das, was Frauen seit Jahrzehnten denken."
Unterstützung von den kfd-Gruppen
Solidarisch mit der Bewegung zeigen sich auch zahlreichen kfd-Gruppen im Land. "Maria 2.0 ist eine Initiative deren Anliegen und Forderungen in die gleiche Richtung zielen, wie die der kfd", sagt Margot Klein, Trierer kfd-Diözesanvorsitzende. "Die kfd hat bereits im Dezember 2018 zur bundesweiten Aktion 'MachtLichtAn' aufgerufen mit Forderungen, wie der rückhaltlosen Aufklärung des Missbrauchs und Veränderung der Sexualmoral in der Kirche. Bei der Bundesversammlung im Mai dieses Jahres wurde ein Positionspapier mit dem Titel 'Gleich und berechtigt – alle Dienste und Ämter für Frauen in der Kirche' einstimmig verabschiedet. Hier sind Positionen und Forderungen der kfd zusammengefasst, die uns seit Jahren beschäftigen. Insofern freuen wir uns über gleichgesinnte Unterstützerinnen."
Reden über die Rolle der Frau
Die Anliegen der Bewegung kann der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann nachvollziehen: "Dass gerade langjährig in der Kirche engagierte Frauen sich an der Aktion beteiligen, zeigt den Ernst und die Bedeutung des Themas. Wir müssen miteinander über die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche reden. Der richtige Weg ist aus meiner Sicht der Dialog. Deshalb bin ich gespannt auf das Forum 'Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche' im Rahmen des synodalen Wegs", sagt er. "Dabei wird auch die Frage der Ämter für die Frau nicht ausgeklammert werden können. Denn auch wenn Papst Johannes Paul II. die Möglichkeit, Frauen zu Priestern zu weihen, ausgeschlossen und Papst Franziskus dies bekräftigt hat, sehen wir, dass die Diskussionen dazu weitergehen. Für mich ist die Frage nach den Ämtern eng mit der Frage nach Macht und Gewaltenteilung verbunden. Dass Frauen auch in Führungspositionen der katholischen Kirche vertreten sein müssen und es ja auch schon sind, steht für mich außer Frage. Hier muss das Ziel sein, mehr Kollegialität und Transparenz zu schaffen."
Letzter Versuch mit der Kirche
Einbinden lassen beim "synodalen Weg" möchte man sich von Maria 2.0 allerdings nicht. "Wir brauchen keine theologische Diskussion, das machen bereits andere und die machen es gut. Eine Teilnahme hätte uns außerdem an Absprachen gebunden und wir müssten womöglich die Füße stillhalten. Das möchten wir nicht, denn wir sind ein frei schwingendes Netz", so Kötter und fügt hinzu: "Ich behaupte Mal, dass das Thema 'Frau' von den Bischöfen in den Gesprächen zum 'synodalen Weg' nicht aufgenommen worden wäre, wenn die Leute nicht aufgestanden wären. Sie haben die Hoffnung auf Veränderung und möchten sich in der Kirche spirituell auch abgebildet fühlen. Für viele ist das der letzte Versuch mit der katholischen Kirche."
Tradition als Begründung
Wie die Gespräche im Rahmen des "synodalen Wegs" verlaufen werden, bleibt abzuwarten. Die Öffnung der Priesterweihe für Frauen dürfte allerdings (vorerst) unerreicht bleiben. Bereits 2016 hatte Papst Franziskus eine Kommission eingesetzt, die prüfen sollte, ob Frauen zum Diakonat zugelassen werden können. Diese hat ihre Arbeit mittlerweile abgeschlossen. Zu einem klärenden Ergebnis kam sie nicht. "Da hat man verschiedene Gedanken. Auf der einen Seite hat man es schon erwartet, auf der anderen Seite ist man fassungslos", sagt Lisa Kötter. "Wenn man fragt, warum es keine weiblichen Priester gibt, wird immer von Tradition gesprochen. Tradition als Argument zu nutzen, um etwas zu tun oder eben nicht zu tun, ist völlig unverständlich. Das Gewühle in der Vergangenheit ist doch belanglos, wenn nur sein darf, was schon mal war. Wir dürfen uns aber weiterentwickeln! Meine Frage ist im Übrigen: Wo steht überhaupt geschrieben, dass die Kirche Männer zu Priestern weihen darf? In der Bibel gibt es keine Stelle wo steht, dass Männer zum Priester geweiht werden dürfen." Ähnlich sieht man es auch beim kdf-Diözesanverband: "Einen Zugang zu allen Ämtern Frauen zu verweigern, ist aus unserer Sicht weder theologisch begründet, noch passt dieser Ausschluss von 50 Prozent der Bevölkerung ins 21. Jahrhundert", erklärt Margot Klein.
"Männer halten an Macht fest"
Auf die Frage, warum der Klerus männlich ist, hat Lisa Kötter eine deutliche Antwort: "Religion wird von patriachalen Machtstrukturen gestärkt - und die Männer halten an ihrer Macht fest. Wenn ein Mann sich berufen fühlt, heißt es, er wolle 'dienen'. Fühlen Frauen sich allerdings berufen oder fordern ein Mitspracherecht, dann wird direkt behauptet, es ginge ihnen nur um Macht. Es ist doch sinnfrei zu behaupten, Berufung sei abhängig von unseren Chromosomen."
Über Maria 2.0
Die Initiative entstand Anfang des Jahres in einem Lesekreis in der Pfarrei Heilig Kreuz bei Münster. Dort wurde gemeinsam das erste Apostolische Schreiben von Papst Franziskus gelesen. Entsetzt über den Umgang der Kirche mit den Missbrauchsfällen und das Festhalten an männlich geprägten Machstrukturen, wurde die Initiative Maria 2.0 geboren. Die Bewegung setzt sich für den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern, die Aufhebung des Pflichtzölibats und eine umfassende Aufklärung der Missbrauchsfälle ein. Ihre Forderungen haben sie in einem offenen Brief an Papst Franziskus zusammengetragen, der als Online-Petition unterschrieben werden konnte. Ende Oktober übergab eine Delegation von Maria 2.0 diesen an den apostolischen Nuntius in Berlin – mit über 40.000 Unterschriften. Der Name der Bewegung bezieht sich auf die Gottesmutter Maria, die in der katholischen Kirche als Idealbild der schweigenden und dienenden Frau gilt. Das 2.0 steht für eine Überwindung dieses Frauenbildes und soll ein Update symbolisieren.