In der Christophstraße erinnert eine Tafel wieder an die NS-Zeit
Vor knapp drei Jahren war die Gedenktafel an die Opfer der Gestapo in Trier am Gebäude der Christophstraße 1 eines morgens verschwunden und nicht mehr aufgetaucht. Es ist zu vermuten, dass der oder die Täter etwas gegen die Erinnerung an die NS-Zeit hatten. Nun hängt eine neue Gedenktafel, gestiftet von der Klaus Jensen Stiftung, an dem Gebäude, in dem unter anderem die Staatsanwaltschaft Trier ihre Räume hat. Daran, dass die Gräueltaten der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Trier während des Nationalsozialismus aufgearbeitet wurden und weiterhin werden, sind Historikerinnen und Historiker der Universität Trier maßgeblich beteiligt.
Gemeinsam mit Studierenden recherchierten die Forschenden die Geschichte der Gestapo in Trier
Nach dem Einzug der Staatsanwaltschaft in die Christophstraße 1 im Jahr 2011 war dem damaligen Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Jürgen Brauer eine Tür im Keller des Gebäudes aufgefallen, die in einen Luftschutzraum mit der Aufschrift "Gestapo" führt. Dies weckte die Frage nach der Vergangenheit des Gebäudes, in dem auch die Gestapo von 1935 bis 1944 ihren Dienstsitz hatte. Kontakte zur Professur für Neuere und Neueste Geschichte Trier wurden geknüpft. Gemeinsam mit Studierenden recherchierten die Forschenden die Geschichte der Gestapo in Trier, für die keine geschlossene Aktenüberlieferung vorlag. "Uns war und ist es ein Anliegen, uns der historischen Verantwortung des Gebäudes zu stellen. In Zeiten wie diesen, ist es mehr denn je Aufgabe der Gesellschaft, die Erinnerung an die nationalsozialistischen Gräuel aufrecht zu erhalten", sagt Peter Fritzen, Leitender Oberstaatsanwalt in Trier.
Spektakulärer Fund
Die Recherche der Universität Trier mündete 2014 in einer Ausstellung und der Anbringung der Gedenktafel an dem Gebäude. "Wenn wir damals gewusst hätten, wie viel weitere Forschung sich anschließen würde, hätten wir es nicht geglaubt", sagt Dr. Thomas Grotum. Im Jahr 2015 waren zufällig im militärhistorischen Archiv in Vincennes bei Paris Akten der Gestapo Trier gefunden worden. Historikerinnen und Historiker der Universität Trier haben entscheidend bei der Erschließung der 3.533 Personenakten geholfen. Der Fund war auch deswegen so spektakulär, da vermutet worden war, dass die Akten - wie die meisten - zum Ende des Zweiten Weltkrieges vernichtet worden wären.
Mittlerweile haben nicht nur 38 Studierende ihre Abschlussarbeit an der Universität Trier zur Geschichte der Gestapo erstellt, die Forschenden haben auch etliche Publikationen veröffentlicht und Vorträge gehalten. Wichtig bei der Aufarbeitung sei auch immer wieder der Kontakt zur Staatsanwaltschaft Trier, betont Grotum. Beispielsweise haben sich Juristen, Polizisten und Historiker bei einem Workshop ausgetauscht. "Die verschiedenen Perspektiven auf die Strafverfolgung in der NS-Zeit sind für die Auseinandersetzung mit den Taten der Gestapo von großer Bedeutung."
Gemeinsame Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL gegründet
Im Jahr 2019 wurde die Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL (Strukturen und Erinnerung - Angewandte Geschichtswissenschaft und digitale Lehre) gegründet, eine gemeinsame Einrichtung der Universität Trier und der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, zu deren Projekten auch weiterhin die Erforschung der Gestapo-Akten gehört. Aber auch Forschung zur Wiedergutmachung nach der NS-Zeit und zum Pogrom 1938 sind Teil der Arbeit der Geschichtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler.
Die 14 Ausstellungstafeln zur Geschichte der Gestapo Trier, die 2014 erstellt wurden, hängen übrigens bis heute im Foyer und Treppenhaus der Christophstraße 1. Besucherinnen und Besucher können sich die frei zugängliche Ausstellung zu den Gebäudeöffnungszeiten ansehen. Seit einigen Tagen ist die Gedenktafel an die Opfer der Gestapo Trier auch wieder an der Außenseite des Gebäudes angebracht.