Der Freundeskreis der Universität Trier hat für das Sommersemester den Nahostexperten Dr. Michael Lüders auf eine Gastprofessur berufen. Lüders gilt jedoch als umstritten. Der AStA der Universität Trier, die Deutsch-Israelische Gesellschaft Trier und der Rosa Salon Trier haben deswegen einen Offenen Brief an den Freundeskreis verfasst.
In dem Offenen Brief heißt es:
"Der Freundeskreis Trierer Universität hat den Politik- und Islamwissenschaftler Dr. Michael Lüders im Sommersemester zum Gastprofessor berufen. Gegen Lüders haben Kritiker bereits Einwände formuliert: Seine Arbeit missachte wissenschaftliche Standards, er verharmloseden Islamismus - insbesondere das islamische Regime im Iran -, delegitimiere Israels Sicherheitsinteressen und bediene verschwörungsideologisches Denken. Wir erinnern daran, was über Lüders bekannt sein sollte: Im April dieses Jahres behauptete Michael Lüders über den Einsatz von Giftgas im syrischen Bürgerkrieg 2013: '[M]ittlerweile wissen wir, mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, dass es nicht das Regime war, das für diesen Giftgaseinsatz verantwortlich war'. Daraufhin zeigten Silvia Stöber und Patrick Gensing in einem ARD-Faktencheck auf, dass sich Lüders in 'weiten Teilen [...] auf mehrere Jahre alte Artikel des US-Journalisten Hersh [stützt], die wiederum äußerst umstritten sind.' Der türkische Journalist Can Dündar, den Lüders als weitere Quelle heranzieht,widersprach ihm öffentlich. Gegen die Quellen von Lüders Arbeit gabes auch in der Vergangenheit Einwände.
Ein Ausblick: Im Wintersemester 2008/2009 hielt Lüders an der Universität Marburg ein Blockseminar über 'Die Wahrnehmung des Islam und der islamischen Welt in der deutschen Presse'. Wohin die Reise mit dem Dozenten Lüders gehen kann, verrät die Referatsausarbeitung eines Marburger Teilnehmers, die beim GRIN-Verlag veröffentlicht wurde und die Alex Feuerherdt auf seinem Blog ausführlich zitiert: 'Als Thema meiner Arbeit wurde mir vorgegeben mich mit den positiven Seiten der Einführung der Scharia in Deutschland auseinander zu setzen.'
Das Fazit der Arbeit: 'Ich denke, dass eine Anerkennung der Scharia […] mit unserer Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit vereinbar ist. […] Ich würde mir wünschen, dass wir alle mehr Verständnis und Akzeptanz für die uns fremden Kulturen aufbringen können und den Willen zeigen, dass wir bereit sind, diese anzuerkennen.' Anstatt den Kulturrelativismus und die Parteilichkeit für die Islamisierung des Rechtsystems zurückzuweisen, ist Lüders mit dieser Arbeit offenbar zufrieden. Auf der Internetseite des GRIN-Verlag heißt es: 'Ich beurteile die Arbeit mit sehr gut (14 Punkte).' Küntzel schließt seine Ausführungen über das Iran-Buch Lüders' mit den Worten: 'Hier werden keine Argumente abgewogen, sondern Gewissheiten geleugnet und Ressentiments mobilisiert.'
Wir meinen: An einer Universität hat der Gastprofessor Lüders nichts verloren, sondern höchstens einiges nachzuholen. Lüders Berufung ist aus wissenschaftlicher und politischer Sicht ein Skandal."
Stellungnahme des Freundeskreises und des Präsidiums der Universität
"Anlässlich seines 40-jährigen Jubiläums hat der Freundeskreis Trierer Universität im Jahr 2009 eine Gastprofessur initiiert. Alle zwei Jahre kann so ein prominenter Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft als Gastredner für die Universität Trier gewonnen werden. In diesem Jahr hat der Freundeskreis den Nahostexperten Dr. Michael Lüders eingeladen, die Gastprofessur wahrzunehmen.
Wir verstehen die Universität als einen Ort des offenen und kritischen Diskurses, der einen Austausch unterschiedlicher Positionen gewährleistet und an dem Kontroversen ausgetragen werden können und müssen. Herr Dr. Lüders wird unter dem Thema 'Wie nahe ist der Nahe Osten?' - Über die Folgen einer verfehlten westlichen Interventionspolitik drei Vorträge zu einem politisch hochaktuellen Thema, zu dem es ein breites Meinungsfeld gibt, halten. Wir laden den AStA der Universität Trier und sein Referat für Antirassismus und Antifaschismus, die Deutsch-Israelische Gesellschaft Trier und den Rosa Salon Trier sowie alle Interessierten ein, die Vorträge anzuhören und dann in eine kritische Auseinandersetzung mit Herrn Dr. Lüders zu treten. Die Vorträge werden wie geplant stattfinden und es wird im Anschluss an die Vorträge eine Möglichkeit der Diskussion geben."
Vorträge:
"Wie nahe ist der Nahe Osten?" - Über die Folgen einer verfehlten westlichen Interventionspolitik
Drei Vorträge, jeweils montags, 18 Uhr, Universität Trier, C-Gebäude, Hörsaal 4
- 24. April: Der Fluch der bösen Tat: Vom Sturz Mossadeghs im Iran 1953 bis zum Einmarsch in den Irak 2003
- 12. Juni: The unknown known: Wie Washington seit 1949 regime change in Damaskus betreibt
- 10. Juli: Flüchtlinge und Terror: Die sichtbarsten Kehrseiten der Strategie "Sieben Kriege in fünf Jahren"