Welche Rolle spielt die Sollzinsbindung bei Krediten?
Die Zahl der Kreditaufnahmen in Deutschland ist im Laufe der letzten Jahre deutlich angestiegen. Die Niedrigzinspolitik trägt ihren Teil dazu bei, dass Finanzierungen durch ein Darlehen für viele Menschen heute interessanter als früher sind. Bevor man sich für einen Kreditgeber entscheidet, sollte man die Angebote jedoch sorgfältig miteinander vergleichen, auch unter dem Aspekt der Sollzinsbindung. Es gibt große Unterschiede bei den Konditionen, beispielsweise im Bereich der Zinshöhe sowie der Kosten.
Sollzinsbindung bietet Planungssicherheit
Aufgrund der Coronakrise, die mit langanhaltenden Lockdowns einhergeht, stehen viele Bundesbürger vor finanziellen Schwierigkeiten. Zahlreiche Angestellte müssen Kurzarbeit in Kauf nehmen, die das Budget deutlich schmälert. Geht das dringend benötigte Fahrzeug oder die Waschmaschine kaputt, bleibt oft nur die Aufnahme eines Kredites. Wer den Bau oder Kauf einer Immobilie plant, kommt generell nur selten ohne ein Darlehen aus. Das Besondere an einem Immobilienkredit oder einer Baufinanzierung ist die in der Regel verhältnismäßig lange Laufzeit. Deshalb ist Planungssicherheit von großer Bedeutung, wobei die Sollzinsbindung einen wichtigen Aspekt darstellt.
Was versteht man unter dem Begriff Sollzinsbindung?
Aus vorbezeichnetem Grund hört man vor allem im Zusammenhang mit Baufinanzierungen häufig von der Sollzinsbindung. Darunter versteht man den Zeitraum, der für den Bauzinssatz festgelegt wird. Der Hintergrund ist: Erfolgt keine Festschreibung des Zinssatzes, würde sich dieser dem aktuellen, häufig wechselnden Finanzmarktgeschehen anpassen. Er könnte ebenso fallen wie steigen. Für den Kreditgeber bedeutet es, dass die Monatsraten mal höher mal niedriger ausfallen. Während das letztere Szenario erfreulich ist, können gravierende Erhöhungen für erhebliche Finanzierungsprobleme sorgen. Die Sollzinsbindung bietet Verbrauchern somit Planungssicherheit und schützt sie vor unangenehmen Überraschungen.
Sollzinsbindung – lieber länger oder kürzer?
Welche Zinsbindung man vereinbart, hängt insbesondere von der momentanen Zinsentwicklung ab. Grundsätzlich ist der Abschluss über einen Zeitraum von fünf, zehn, 15, 20, 25 oder sogar 30 Jahren möglich. Eine Faustregel für die Entscheidung zwischen einer langen oder kurzen Sollzinsbindung lautet wie folgt:
Sind die Zinsen bei Kreditabschluss hoch, stehen die Zeichen jedoch für ein sinkendes Niveau, sollten sich Darlehensnehmer für eine kurze Bindung, beispielsweise von drei bis fünf Jahren, entscheiden.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Der beste Zeitpunkt für die Vereinbarung einer langen Sollzinsbindung liegt vor, wenn die Zinsen auf einem niedrigen Stand sind.
Vor allem bei höheren Darlehenssummen sollte man die genauen Zinsbindungsfristen beachten, um über einen möglichst langen Zeitraum von günstigen Zinsen zu profitieren. Wissen sollten potentielle Kreditnehmer: Je länger die Sollzinsbindung ist, desto höher fällt der Zinssatz aus. Folgendes fiktives Beispiel dient zur Veranschaulichung:
- 5-jährige Sollzinsbindung: fester Sollzinssatz 0,51 Prozent
- 10-jährige Sollzinsbindung: fester Sollzinssatz 0,68 Prozent
- 15-jährige Sollzinsbindung: fester Sollzinssatz 1,02 Prozent
- 20-jährige Sollzinsbindung: fester Sollzinssatz 1,16 Prozent
- 30-jährige Sollzinsbindung: fester Sollzinssatz 1,27 Prozent
Lange Sollzinsbindung
Vorteile
Durch die derzeitig überaus niedrigen Zinsen gilt eine lange Zinsbindungsdauer als die beste Alternative. Darlehensnehmer können sich damit über einen langen Zeitraum günstige Raten sichern. Eventuelle Zinserhöhungen stellen damit kein Risiko dar. Insbesondere für Verbraucher, die über keinen großen finanziellen Spielraum verfügen und einer dauerhaft gleichbleibenden Tilgungsrate den Vorzug geben, ist die lange Zinsfestschreibung empfehlenswert. Sie bietet langzeitig Sicherheit und führt zu einer geringeren Restschuld nach Ablauf der Zinsbindung.
Nachteile
Nachteilig ist der erhöhte Sollzins, der naturgemäß zu höheren monatlichen Ratenzahlungen führt.
Kurze Sollzinsbindung
Vorteile
Ist die Zinsbindungsfrist kurz, wird ein niedriger Sollzins von den Geldinstituten gewährt. Infolge dessen steht eine verhältnismäßig günstige Monatsrate im Raum. Die Variante ist jedoch nur interessant, wenn ein hohes Zinsniveau bei Abschluss des Kreditvertrages gegeben ist, außerdem die Tendenz auf sinkenden Zinsen liegt. Darüber hinaus kann eine kurze Sollzinsbindung sinnvoll sein, wenn der Darlehensnehmer in der Lage ist, die Finanzierung entweder in der gewählten Zeit durch eine hohe Tilgung oder Sondertilgungen komplett zurückzahlen kann.
Nachteile
Die kurze Sollzinsbindung hat einen bedeutenden Nachteil: In den meisten Fällen bleibt am Ende des gewählten Zeitraumes eine recht hohe Restschuld übrig. Diese muss im Anschluss zu den dann geltenden Zinssätzen finanziert werden. Da das Risiko eines Zinsanstieges jederzeit gegeben ist, kann die Anschlussfinanzierung erheblich teurer werden. Das bedeutet, wer nicht sicher ist, den Kredit innerhalb der kurzen Zinsbindungsdauer zurückzahlen zu können, ist mit der kurzen Sollzinsbindung nicht gut beraten.
Vergleichsbeispiel
Der Zinsaufschlag, den eine längere Zinsfestschreibung nach sich zieht, liegt zum Beispiel bei einem Kredit mit einer Laufzeit von 15 Jahren um etwa 0,35 Prozent höher als für ein fünf Jahre kürzeres Darlehen. Handelt es sich um einen Abschluss über zwanzig Jahre, sind es nur noch circa 0,5 Prozent mehr. In der Regel amortisiert sich der höhere Zinssatz ziemlich schnell, wenn das Zinsniveau nach Finanzierungsabschluss ansteigt. Nachstehend ein Vergleich (ausgehend von einer Darlehenshöhe von 200.000 Euro mit anfänglicher Tilgung von zwei Prozent) aus dem ersichtlich ist, wie sich eine längere Sollzinsbindung positiv auf die Restschuld mit Ablauf eines Darlehens auswirkt:
Sollzinssatz - Zinsbindung zehn Jahre: 2,4 Prozent / 20 Jahre: 2,9 Prozent
Monatsrate – Zinsbindung zehn Jahre: 733 Euro / 20 Jahre: 811 Euro
Restschuld nach Zinsbindungsablauf – 154.840 Euro / 92.100 Euro