Paraskavedekatriaphobie
Deshalb haben wir Angst vor Freitag dem 13.
Aberglaube, Hexenwerk und schwarze Katzen, Vermeidungsrituale und alles Unglück wird ihm zugeschrieben: Freitag der 13. ist ein gut gehegter Mythos, der manch einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Woher kommt die Angst vor diesem Datum?
Abrakadabra…danach klingt Paraskavedekatriaphobie. Das ist wohl auch das, was die meisten Menschen mit der Bedeutung dieses Tages assoziieren. Denn viele sehen wohl spitze Hexennasen und –hüte vor sich, hören fieses Gekicher und das Miauen einer schwarzen Katze mit grünen Augen, die unheilvoll herüber schauen. Kein anderer Tag sorgt für so viel Gänsehaut wie „Freitag der 13.“ Aber woher kommt das? Wie kann das zufällige Aufeinander fallen zweier Ereignisse – der Freitag als Wochentag in Kombination mit dem Datum des 13. Tages, der nun einmal jeden Monat kommt - für so viel Angst sorgen? Ganz einfach: Es ist ein langgehegter Mythos, der – wie so vieles – ihren Ursprung im ältesten (Aber)Glauben der Menschheit findet, der Religion. Der Glaube an Unglücksmythen ist immer stärker als der an die guten Dinge, weswegen auch heute noch viele Menschen sich an dem vermeintlichen Unglückstag im Bett verkriechen und hoffen, dass er schnell und ohne zu viel Schaden an zurichten, vorbei geht. Auch in anderen Teilen der Welt gibt es diese Mythen, die Böses herauf beschwören, aber genauso viele Glücksbringer und Rituale, die schützen und Kraft verleihen. Was ist dran und wer glaubt wo an was?
1. Der Inbegriff des Aberglauben
So definiert es das Lexikon. Freitag der 13 trifft genau ins Schwarze. Da das Unglück mit genau diesem gesamten Tag assoziiert wird, gibt es zahllose Vermeidungsstrategien, Symbole und Akte, die an diesem Tag entweder Schlimmes herauf beschwören oder das Unglück abwenden können. Als Mythos einmal etabliert, trägt die Symbolik sich scheinbar auf ewig weiter.
Freitag der 13. als Mythos
Freitag der 13. ist bereits für sehr lange Zeit ein Begleiter der abergläubischen Menschen. Weitererzählt, durch zufällige schlechte Erlebnisse verstärkt, etablierte sich dieses Datum als Mythos, der sich durch die Geschichte trägt. Auf diese Weise forciert, wird die Menschheit wohl nie von diesem Aberglauben ablassen. Aber wieso die 13?
Zahlensymbolik ist ein besonderes Feld: Der Numerologie werden schließlich ebenfalls magische Kräfte zugeschrieben. Besonders besetzte Zahlen des westlichen Kulturkreises sind beispielsweise die Sieben und die 13 – „Der siebte Himmel“ oder „Jetzt schlägt’s 13!“. Auch wenn im Judentum die 13 die Zahl Gottes ist, ist sie sonst eher ein Unglücksrabe. Das hat verschiedene Hintergründe, aber noch viele verschiedene Auswirkungen, bei denen manche wirklich zu komisch sind.
Aber zunächst zu anderen Zahlensymboliken, denn unterschiedliche Kulturkreise haben auch unterschiedliche Glücks- und Unglückszahlen. So sind die Worte „Vier“ und „Tod“ in Mandarin, japanisch und vietnamesisch so nahe beieinander, dass die Vier als absolute Unglückszahl gilt, und das im gesamten asiatischen Raum. Noch Schlimmeres trifft auf die 49 zu, denn diese Kombination an Wörtern klingt so wie „Leiden bis zum Tod“. So kommt es dazu, dass vielerorts die Vier und die 49 einfach gestrichen werden: Tischnummern, Etagen, Schiffsnummern und Wagonnummern. Beliebter hingegen ist die Acht, sie steht für Reichtum. Auch hier birgt das Zahlwort nämlich Verwechslungspotenzial mit dem Verb „reich werden“. Natürlich findet sich diese Zahl entsprechend häufiger, ähnlich wie die Sieben im Westlichen Kulturkreis.
Ursprung in der Religion?
Dass die Zahl 13 als Unglückszahl verschrien ist, hat nichts mit Wortverwechselungen zu tun. Viel mehr hat sie ihren Ursprung vermutlich in der Religion. Während sie im Judentum die Zahl Gottes ist, ist sie bei den Christen der Unglückstag: Zumindest im Volksglaube. Zurückzuführen ist es auf das letzte Abendmahl. Der 13. Gast war der Verräter: Judas. Auf seinen Verrat hin wurde Jesus gekreuzigt, und zwar an einem Freitag. Diese schrecklichen Ereignisse verschmolzen miteinander und formten fortan den ultimativen Unglückstag: Freitag, den 13.
Aber nicht Judas alleine hat die Verantwortung für die 13. Es ist einfach eins zu viel, die Sprengung der Zwölf sozusagen. Zwölf Stunden am Tag, zwölf Monate im Jahr, zwölf Jünger: Das Dutzend ist die vollkommene Zahl, die Überreizung, die 13, ist zu viel: Es folgt das Unglück. Es mag daher kommen, dass auch heute noch so viele an den Unglückstag glauben, dann statistisch gesehen, passiert an einem Freitag den 13. nicht mehr Schlimmes als an anderen Tagen.
Auswirkungen der Angst und Kurioses
Im Gegenteil – als Ergebnis dieser Angst gibt es allerhand Kurioses. So mag die Welt an Freitagen, die auf einen 13. fallen, vielleicht sogar ein bisschen sicherer sein, da viele Menschen einfach zu Hause bleiben. Wohnungsbrände und Unfälle gehen zurück, genauso wie Diebstähle. Wenn alle auf das Unglück gefasst sind, fällt es scheinbar schwerer, ihnen etwas Schlechtes entgegenzubringen. Sogar an der Wirtschaft ist das zu merken: etwa 800-900 Millionen US Dollar werden an diesem Tag weniger umgesetzt, da viele Menschen zu Hause bleiben und weder fliegen, noch ihren Geschäften nachgehen, fand Donald Dossey, US-amerikanischer Folklorist, heraus, als er sich mit der Thematik „Freitag der 13.“ auseinander setzte.
Die Vermeidungsstrategien gingen tatsächlich schon so weit, dass in Frankreich Menschen gemietet wurden, um die Runde von 13 zu einer Runde von 14 aufzuwerten. Der „Quatorzième“ wurde gebucht, um das Unglück auszusperren. Auch im Motorsport macht sich der Aberglaube bemerkbar: Die Startnummer 13 ist bei der Formel 1 nur äußerst selten gesehen und wurde in der langen Geschichte des Sports erst zum drei Mal besetzt. Ein Fahrer konnte sich mit dieser Startnummer sich tatsächlich nicht für einen Grand Prix-Start qualifizieren. Ob es mit der Startnummer oder fehlender Expertise zusammenhing ist allerdings unklar. Jedenfalls sind bisher keine nennenswerten Unfälle aufgrund dieser Startnummer zu vermelden, dennoch ist die Angst spürbar.
Die Angst vor Freitag dem 13. hat sich vor allem in den USA etabliert. Der Börsencrash 1929 zeichnete sich zwar an einem Donnerstag bereits ab, aber am Freitag ließ sich das Unglück nicht mehr abwenden. „Black Friday“, der nicht mal ein 13. war, macht den Freitag zum Unglückstag. Am Washingtoner Ronald Reagan Flughafen gibt es kein Gate 13, weil die Zahl so stark negativ besetzt ist. Angeblich schrieb Thilo Koch in der FAZ am 13.12.1957 eine Glosse über Freitag den 13. und machte sich darüber lustig, dass die US-Amerikaner den Stapellauf des Tankers Tina Onassis verschoben haben – weil die ursprüngliche Planung dieses Unglücksdatum vorsah. Das soll den Aberglauben nach Deutschland gebracht haben. Die Glosse gibt es tatsächlich, aber ob dies der Ursprung des deutschen Aberglaubens an den Unglückstag ist, bleibt fraglich.
2. Glücksbringer als Heilmittel
Aberglaube gibt es für beide Seiten, also gibt es genauso viele Strategien das Unglück abzuwenden, wie die, die das Unglück verkünden. Die Symbole sind dabei individuell und genau wie die Zahlensymbolik in jedem Kulturkreis anders.
Beliebte Symbole
Gern genutzte Symbole sind beispielsweise:
- Hasenpfote
- Würfel
- Schornsteinfeger
- Kleeblatt
- Schwein
Alle sollen sie Glück verheißen und bei Berührung Gutes bringen. Die positive Besetzung mancher Symbole ist dabei rein logisch herzuleiten und liegt vor allem in früheren Zeiten. Der Schornsteinfeger beispielsweise sorgte dafür, dass der Kamin frei ist und die Brandwahrscheinlichkeit um ein vielfaches zurückging. Das Schwein bedeutete etwas zu essen, die Hasenpfote ebenfalls. Der Würfel ist wohl ursprünglich über Glücksspiele zum Glückssymbol aufgestiegen, das Kleeblatt mit vier Blättern ist eine Laune der Natur und daher etwas Seltenes per se. Ansonsten hat jeder seine individuellen Glückssymbole. Sportler beispielsweise haben vielfach bestimmte Socken oder „Glücksunterwäsche“, die jedes Mal auf dem Spielfeld mit dabei sein muss. Ist es in Deutschland nun immer weiter verbreitet, an Sylvester rote Unterwäsche zu tragen um im neuen Jahr Glück zu haben, ist es in China Gang und Gebe bei wichtigen, glücksabhängigen Ereignissen Rot zu tragen.
Psychologischer Effekt
Dabei ist es vor allem der psychologische Effekt, der die Glückssymbole zu Glücksbringern macht. So untersuchte die Sozialpsychologin Lysann Damisch mit zwei Kollegen den psychologischen Effekt von Glücksbringern und Ritualen. 28 Studenten wurden zu diesem Zweck zum Golfspielen eingeladen, die Hälfte bekam einen „Glücksball“ überreicht, während die Kontrollgruppe keine solche Botschaft bei der Übergabe des handelsüblichen Balls vermittelt bekam. Die Spieler mit dem Glücksball schnitten eindeutig besser ab als ihre Kollegen, obwohl alle die gleichen Voraussetzungen mitbrachten. Der Versuchsaufbau war denkbar einfach, hatte jedoch überraschend eindeutige Ergebnisse. In einem anderen Test durften die Studenten ihren persönlichen Talisman von zu Hause mitbringen – eine Gruppe durfte ihn behalten, eine andere musste ihn abgeben. Bei dem folgenden Gedächtnistest schnitt die Gruppe mit Talisman deutlich besser ab als die, die ihn abgeben musste.
Diese Ergebnisse deuten auf einen eindeutigen psychologischen Effekt von Glücksbringern hin, seien sie nun symbolisch von anderen oder persönlicher Natur. Der Hintergrund ist die gesteigerte Selbstsicherheit, die automatisch mit in die Test-Situation geht. Das Gleiche trifft auf das Unglück zu, was so abgewendet werden kann. Wer drei Mal auf Holz klopft, nachdem etwas Schlimmes ausgesprochen wurde, fühlt sich sicherer und entgeht so der Möglichkeit durch Unsicherheit Fehler zu begehen oder vielmehr, dass ihm „Unglück zustößt“.
Andere Länder, andere Sitten
Genau wie die Numerologie eine andere ist, sind das auch die Glückssymbole. Gern und häufig gesehen: Die Winkekatze „Maneki Neko“. Aus Japan stammend, bringt sie Glück oder Wohlstand, je nachdem mit welcher Hand sie winkt. Ob sie Freitag den 13. als Unglückstag besänftigen kann, ist fraglich, da es im asiatischen Raum keinen Aberglauben zu diesem Datum gibt, aber weit verbreitet ist sie inzwischen. Im Nahen Osten hat vor allem das Nazar-Amulett eine weite Verbreitung, das „Türkische Auge“, das den bösen Blick abwenden soll – das Unglück eben. Das Gleiche gilt für Fatimas Hand, die schützend über ihrem Träger wirkt und ihn vor Bösem abschirmt. Alles verloren ist jedoch, wenn ein Raum mit rechts betreten wird – das sollte tunlichst vermieden werden.
3. Psychologie des Aberglauben
Egal welches Symbol oder Ritual Anwendung findet und ob es für das Gute oder gegen das Schlechte eingesetzt wird: Damischs Studie zeigt, es wirkt, zumindest im Rahmen der eigenen Leistung. Vor allem wirken übrigens Glückssymbole, die als Unterstützung zum Erreichen von leistungsorientierten Zielen wirken. Mit der Selbstsicherheit als Partner kann weniger schief gehen, so scheint es.
Self fulfilling prophecy
Das Gleiche trifft auf die negativen Strategien zu. Die „self fulfilling prophecy“, frei übersetzt also die „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ greift im positiven wie im negativen Sinne. Etwas bringt Glück, also kann nichts schief gehen. Etwas bringt Unglück, eine Vermeidungsstrategie muss her – das andere Verhalten provoziert Fehler, die natürlich Auswirkungen haben: Gerne gesehen als Unglück. Genauso funktioniert es mit der negativen Einstellung: „Ich schaffe das nicht“ führt zur einer verminderten Leistung, denn wenn etwas ohnehin nicht funktionieren kann, muss ich mich auch gar nicht erst anstrengen. Diese Einstellung führt zwangsläufig zum Misserfolg, die in der Erinnerung auf den Unglücksboten oder das negative Ereignis zurück zu führen ist.
Diese starke Erinnerung ist wohl der stärkste Grund, warum sich unsinnige Dinge wie der Aberglaube über Jahrhunderte halten. Der Mensch prägt sich die negativen Ereignisse schließlich stärker ein als die positiven, weswegen der Glaube an das Negative und das Unglück sich eher durchsetzt als das Positive. Das impliziert einen Lerneffekt und ist von der Evolution gewünscht. Der Mensch soll schließlich aus Fehlern lernen: das geht nur, wenn dieser einprägsam im Gedächtnis verankert wird. Das Problem ist die Abhängigkeit, die bei leichtgläubigen Menschen daraus entsteht.
Psychologische Abhängigkeit
Durch die Wiederholung entsteht nämlich eine psychologische Abhängigkeit. Eine zufällig ausgeführte Abfolge an Ereignissen führte zum gewünschten Ergebnis. Woran mag es gelegen haben? Wer zu dem Ergebnis kam, dass die bestimmte Ereignisabfolge das Ergebnis beeinflusst hat, wird sich ein Ritual angewöhnen. Passiert einmal etwas nicht so wie gehofft, ist es Pech, das Ritual wurde schließlich wie gewohnt ausgeführt. Kein Wunder, dass vor allem Spitzensportler solche Glücksereignisse zu sammeln scheinen. Miroslav Klose beispielsweise zieht sich Schuhe und Stutzen immer in einer bestimmten Reihenfolge an und betritt mit dem rechten Fuß das Spielfeld. Michael Jordan trug stets die Shorts der North Carolina University unter seinen eigentlichen Trikot-Shorts. Tiger Woods trägt am letzten Turniertag immer ein rotes Hemd. Was, wenn das mal nicht möglich ist? Dann schmälert das die eigene Leistung, sie ist nicht abrufbar, denn wenn der Glücksgegenstand nicht da ist, provoziert das Unglück. Diese Abhängigkeit ist schwer zu bezwingen und kann nur unter erheblicher Anstrengung wieder losgeworden werden. Was nicht unbedingt schlimm zu sein hat, da die Glücksbringer nachweislich einen positiven Effekt auf die Selbstsicherheit haben. Aber wenn die Selbstsicherheit nicht mehr von dem Gegenstand trennbar ist, wird es problematisch.
Das Gleiche trifft auf den Aberglauben zu. Denn wenn negative Erlebnisse wiederholt in einer bestimmten Reihenfolge oder einem gewissen Zusammenhang auftreten, wird das zum Problem. Dann verkriecht sich der ein oder andere eben im Bett, wenn ein Freitag der 13 ins Haus steht. Das kann auf Dauer zu einem echten Problem werden, wenn die Vermeidungsstrategien dazu führen, dass kein normales Leben mehr möglich ist.
4. Warum jeder ein wenig Glück gebrauchen kann
Dabei ließe sich das Ganze vermeiden. Zum Beispiel durch das Bewusstmachen des eigentümlichen Verhaltens und des Aberglauben. Durch die bewusste Auseinandersetzung mit der Thematik „Freitag der 13.“ und das Erkennen, dass es ein Tag wie jeder andere ist, lässt sich dann vielleicht der Aberglaube absetzen und eine Weiterverbreitung des Mythos unterbinden. Experten raten, dafür kleine Schritte zu unternehmen. Wer das Haus an solchen Tagen nicht verlässt, sollte sich mit Freunden in einem nahegelegenen Café treffen. Stück für Stück wird dann die Kontrolle über das eigene „Schicksal“ wiedererlangt.
Vielmehr zu Nutze machen, sollte sich jeder die positive Verstärkung des Selbstvertrauens durch einen kleinen Glücksbringer – oder den reinen Effekt davon. Denn wer weiß, dass ein solides Selbstvertrauen zu einer besseren Leistung führt, kann gut vorbereitet in Prüfungen und Test-Situationen gehen, die sonst zu Unbehagen führen. Sich selbst als Glücksbringer zu haben ist da die beste Variante, die weder psychologische Abhängigkeit noch andere negative Folgen nach sich ziehen kann.
Bilder:
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