Andreas Bender

Dauerleihgabe: Schinderhannes-Fallbeil findet neue Heimat in Simmern

Simmern. Das Schinderhannes-Fallbeil wechselt den Besitzer: Die Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz übergibt das historische Exponat an das Hunsrück-Museum.

Seit Mittwoch, 20. Novmeber, ist das Hunsrück-Museum in Simmern um ein geschichtsträchtiges Exponat reicher. Die Hochschule der Polizei (HdP) Rheinland-Pfalz hat die Fallbeilschneide, mit welcher der Räuberhauptmann Schinderhannes (Johannes Bückler) im Jahr 1803 hingerichtet wurde, als Dauerleihgabe an das Museum übergeben.

 

"Im Rahmen einer kleinen Sonderausstellung, die in nächster Zeit eingerichtet wird, wird das Objekt im Hunsrück-Museum zu besichtigen sein", sagt Museumsleiterin Kristina Müller-Bongard. Die 11,76 Kilo schwere Fallbeilschneide ist aber bereits jetzt als Einzelobjekt zu sehen. "Die Schinderhannes-Sammlung wird damit durch ein originäres Objekt ergänzt, dass nicht nur in direktester Verbindung mit dem Räuber steht, sondern auch kulturgeschichtlich vielseitige Anknüpfungspunkte bietet, wie zum Beispiel zur Rechtsgeschichte und Ethik", so Müller-Bongard.

 

Die Übergabe erfolgte im Rahmen einer Feierstunde im Neuen Schloss am Vorabend des 221. Jahrstage der Hinrichtung des Schinderhannes und 19 seiner "Spießgesellen" in Mainz. Nach Grußworten von Simmerns Bürgermeisters Dr. Andreas Nikolay und dem Direktor der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz, Uwe Lederer, nahm Müller-Bongard die Schneide in Empfang. Sie wurde in einem mit rotem Samt ausgekleideten Etui präsentiert. So soll sie bereits 1899 in Mainz im Justizpalast ausgestellt gewesen sein.

 

Kriminaldirektor a.D. Stephano Borrero Wolff zeichnete danach in seinem Vortrag die wechselvolle Geschichte der Schinderhannes-Guillotine und der Fallbeilschneide nach. Im Rahmen seiner Recherche kommt Wolff zu dem Schluss, dass es sich bei der Fallbeilklinge, um die Original-Schinderhannes-Fallbeilschneide handelt.

 

Bei der Fallbeilschneide handelte es sich um eine trapezförmige Metallplatte. Die Klingenlänge beträgt etwa 40 cm, die gegenüberliegende Seite ist 30 cm lang. Die Seiten sind etwa 47 und 30 cm lang. Die Dicke beträgt circa 21 mm, die sich zur Schneide selbst auf circa 0,3 mm verjüngt. Das Gewicht beträgt 11,76 Kilo.

 

Nachfolgend der historische Abriss der Fallbeilklinge, die Wolff in seinem Vortag ausführte:

Vor rund 220 Jahren, genau am 21.November 1803, wurden der Räuberhauptmann Schinderhannes, mit bürgerlichen Namen Johannes Bückler, und 19 seiner Bandenmitglieder nach einem langwierigen Ermittlungs- und Gerichtsprozess im damals französisch besetzten Mainz hingerichtet. Diese Hinrichtung war spektakulär inszeniert und zog mehrere zehntausend Zuschauer an. Eine historische Quelle spricht von 40 000 Zuschauen, bei einer etwaigen Einwohnerzahl von rund 23 000 zu dieser Zeit. Als Hinrichtungswerkzeug diente die Guillotine oder auch Fallbeil, wie es seinerzeit in Frankreich selbst und den französisch besetzten Gebieten vorgeschrieben war.

 

Die eigentliche Guillotine war nach der Hinrichtung des Schinderhannes am 21. November 1803 in Mainz weiterhin in Gebrauch. 1843 wurde sie jedoch nach Gießen verbracht und verrichtete dort weiterhin ihr tödliches Werk. Für Mainz wurde hingegen eine neue Guillotine beschafft.

 

Nach dem ersten Weltkrieg richtete der damalige Volksstaat Hessen 1921 in der Zellenstrafanstalt Butzbach eine zentrale Hinrichtungsstätte ein. Die dortige Guillotine wurde aus Teilen der Gießener, der Mainzer und der Darmstädter Fallbeilmaschinen zusammengebaut. 1937 wurde die Guillotine von Butzbach in die Strafanstalt Frankfurt-Preungesheim verlegt. Dort wurde sie 1940 wegen massiver Funktionsmängel verschrottet und durch eine neue ersetzt.

 

Die Schinderhannes-Fallbeilschneide selbst war 1803 durch die Finck'sche Waffenschmiede in Kiedrich/Rheingau speziell für dessen Hinrichtung gefertigt worden. In den folgenden Jahren diente sie als spektakuläres Ausstellungsstück im Justizpalast des Großherzogtums Hessen-Darmstadt in Mainz im Neuen Dalberger Hof. Nach dem Auszug der Justiz aus diesem Gebäude ging sie in den Besitz der Mainzer Polizei über, welche das Anwesen dann bis 1982 als Sitz des Polizeipräsidiums nutzte.

 

Mit dem Umzug des Polizeipräsidiums an den Valencia-Platz in Mainz wurde das Kriminalmuseum des Präsidiums aufgelöst. Damit verlor die Fallbeilklinge nach 180 Jahren ihre ursprüngliche Heimat.

 

Sie war danach zunächst bei der Landespolizeischule in Koblenz auf dem Asterstein ausgestellt und zog 1996 mit der damaligen Landespolizei-schule zur jetzigen Hochschule der Polizei an den Campus am Flugplatz Hahn. Mit dem Hunsrück-Museum in Simmern hat das Fallbeil nunmehr einen neuen und dauerhaften Platz gefunden.


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