Robert Syska

Außergewöhnliches Hobby: Metin Yalcinkaya sammelt Sternenstaub

Bad Kreuznach. Hoch über den Dächern der Region geht Metin Yalcinkaya einem Hobby nach, das er nur mit ganz wenigen Menschen auf der Welt teilt: Er sucht im irdischen Staub nach Spuren aus dem All.
Fürs bloße Auge nahezu unsichtbar, unter dem Mikroskop spektakulär: Metin Yalcinkaya sammelt Mikrometeoriten - und gehört damit einer kleinen aber engagierten weltweiten Community an.

Fürs bloße Auge nahezu unsichtbar, unter dem Mikroskop spektakulär: Metin Yalcinkaya sammelt Mikrometeoriten - und gehört damit einer kleinen aber engagierten weltweiten Community an.

Bild: Robert Syska

Metin Yalcinkaya greift buchstäblich nach den Sternen. Dafür ist sein Blick aber selten gen Himmel gerichtet, sondern meistes konzentriert in Richtung Boden. Denn dort, im irdischen Staub, sucht der passionierte Hobbyastronom nach Spuren aus dem All. Genauer: Nach Mikrometeoriten. Winzige Partikel, die Millionen von Kilometern durchs Universum gereist sind.

Dächer als kosmische Schatzkammern

Mit Magnet, Sieb und einer gehörigen Portion Geduld macht sich Yalcinkaya auf die Suche – vorzugsweise auf Dächern. Denn dort ist die Wahrscheinlichkeit, fündig zu werden, besonders hoch. »Einfach, weil dort naturgemäß nicht häufig gereinigt wird«, erklärt der 48-Jährige. »Jeden Tag rieseln hunderte Tonnen Sternenstaub auf die Erde.« Und auf Dächern können sich Staub und Sedimente meist über Jahre hinweg ungestört ablagern.

Allerdings sind die meisten Objekte von Interesse nicht mit bloßem Auge erkennbar. Eine Tatsache erleichtert die Jagd nach den Mikrometeoriten allerdings erheblich: Die winzigen Himmelskörper sind magnetisch. Mit einem starken Neodym-Magneten kehrt Yalcinkaya deshalb Dachrinnen oder Flachdächer aus und sammelt das Material in kleinen Tüten. Zurück zu Hause trennt er den Staub in mehreren Schritten: Mit speziellen Sieben wird das Material nach Größe gefiltert, bis nur noch die feinsten Partikel übrig bleiben. Anschließend sichtet Yalcinkaya die Funde unter dem Mikroskop. »Man erkennt Mikrometeoriten an ihrer glasigen Oberfläche und der typischen Schmelzkruste«, sagt Yalcinkaya. Jeder Fund wird dokumentiert und fotografiert – einige sendet er zur Bestätigung an Experten oder gleicht sie mit bekannten Bildern ab. »Es ist ein wenig wie Goldwaschen – nur dass man statt Gold Sternenstaub findet.«

Botschaften aus der Frühzeit des Sonnensystems

Die charakteristische, glasige Kruste der Kleinstmeteoriten, die unter anderem von Asteroiden oder Kometen stammen, entsteht beim Eintritt in die Erdatmosphäre. Interessant sind sie für Forscher aber nicht nur aufgrund ihrer imposanten Erscheinung: »Sie enthalten Material aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems und können sogar Hinweise auf die chemische Zusammensetzung ferner Himmelskörper geben«, sagt Yalcinkaya. Bislang sind sechs verschiedene Arten von Mikrometeoriten dokumentiert, die sich in ihrer Zusammensetzung und Struktur unterscheiden. Dazu gehören unter anderem sogenannte »Barred Olivine« und »Cryptocrystalline«-Typen, die besonders häufig vorkommen. Metin Yalcinkaya hat bereits vier dieser sechs Typen in seiner Sammlung – ein beachtlicher Erfolg für einen Amateurforscher.

Eine weltweite Gemeinschaft von Enthusiasten

Die Faszination für die Astronomie begleitet Yalcinkaya schon seit Kindertagen. Seine Leidenschaft für die Suche nach Mikrometeoriten wurde durch einen Artikel in der Zeitschrift Sterne und Weltraum entfacht - und seither gehört er einer kleinen aber engagierten Gemeinschaft von Sammlern an: Weltweit gibt es nur knapp 130 Menschen, die sich intensiv mit Mikrometeoriten beschäftigen – in Deutschland sind es um die 40. »Wir tauschen uns in Online-Gruppen aus, teilen Bilder und Erfahrungen«, sagt Yalcinkaya.

Dafür feilt er auch stetig an seiner technischen Ausrüstung: Ging er anfangs noch mit einfachen Lupen und handelsüblichen Magneten auf die Jagd, nutzt er heute ein hochauflösendes Mikroskop, spezielle Siebe und eine Kamera, die feinste Details erfassen kann. Besonders stolz ist Yalcinkaya auf seine selbstgebaute Magnetbühne, mit der er die Mikrometeoriten präzise ausrichten und fotografieren kann.

Ein Stück All in der Hand

»Es ist unglaublich, etwas in den Händen zu halten, das älter ist als unser Planet und aus den Tiefen des Alls stammt«, fasst der Hobbyastronom seine Faszination zusammen - und die möchte er gern weitergeben: Künftig möchte Yalcinkaya Workshops anbieten und seine Funde auch in Ausstellungen präsentieren. »Ich möchte anderen zeigen, dass die Unendlichkeit des Universums direkt vor unserer Haustür beginnt.«

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