Die Vulkaneifel hat gewählt
Daun. Nur wenige Interessierte waren gekommen, um die Wahlergebnisse gemeinsam live im Kreishaus zu verfolgen. Landrätin Julia Gieseking und andere mutmaßten, das Wetter sei zu schön und locke eher ins Freie.
Wen es nicht ins Freie lockte, das waren die gut 1.600 Wahlhelfer in der Vulkaneifel. Sie waren gefordert, nach 18 Uhr die Stimmen in den insgesamt 152 Wahllokalen auszuzählen. Allein 60 von ihnen waren im Kreishaus in Daun damit beschäftigt. Zuerst wurde die Europawahl ausgezählt. Danach die Personenwahl, wie etwa der Stadtbürgermeister in gerolstein. Anschließend ging es um den Kreistag, die Räte in den Verbandsgemeinden und den Ortsgemeinden.
CDU-Fraktionschef im Kreistag, Gordon Schnieder, der abends live im SWR_fernsehen als Fraktionschef der Landtags-CDU Rede und Antwort stehen musste, hatte vor seiner Abfahrt einen Tipp beim WochenSpiegel abgegeben. So ein Ergebnis sei schwer einzuschätzen, räumte er ein. "Aber ich gehe davon aus, dass wir die AfD im Kreis Vulkaneifel im mittleren einstelligen Bereich sehen." Das war wohl eher Ausdurck seiner Hoffnung, gekommen ist es ganz anders: Bei der Wahl zum Kreistag erreichte sie 11,3 Prozent der Stimmen (2019: 3,5 Prozent). Die CDU konnte gegenüber der letzten Kreistagswahl zulegen: von 40,5 auf 45,9 Prozent. Die drei Ampelparteien mussten Federn lassen: Die SPD erhielt nur noch 16,5 Prozent gegenüber den 18,5 Prozent im Jahr 2014. Die Grünen holten ganz 5,5 Prozent, während es vor fünf Jahren noch 12,6 Prozent waren. Und die FDP landete bei 4,5 Prozent (2019: 7,4 Prozent).
Bei der Europawahl wurde die AfD im Landkreis Vulkaneifel drittstärkste Partei mit 13,2 Prozent der Stimmen. Die CDU kam auf 40,2 Prozent, die SPD auf 14,6 Prozent, die Freien Wähler holten 7,4 Prozent, während die Grünen auf 5,7 Prozent kamen und die FDP auf 5 Prozent.
Tatsächlich hat die AfD in der Vulkaneifel massiv Stimmen zugelegt. Bei der Europawahl haben im beschaulichen Kalenborn-Scheuern sogar 46,2 Prozent dieser Partei ihre Stimme gegeben, die ihre Spitzenkandidaten nicht mehr öffentlich vorzeigte wegen diverser Ermittlungsverfahrenin Sachen Korription und Landesverrat.
Und auch Gordon Schnieder dürfte sich nach der Rückkehr aus Mainz die Augen reiben: In seinem Wohnort, in Birresborn, haben sich bei der Europa-Wahl 27,8 Prozent der Wähler ebenfalls für die Farbe Blau entschieden. Josef Utters, Fraktionschef der Freien Wähler im Kreistag, gehört auf jeden Fall zu den Gewinnern der Wahl. Auf die Frage, worin der den Erfolg der Alternative für Deutschland hier vor Ort sieht, sagt er dem WochenSpiegel: "Die Leute haben das Vertrauen verloren. Ich vermute, sie gehen davon aus, dass sie ohnehin angelogen werden. Und dann, so denken sie, könnten auch gleich die AfD wählen." In diesem Punkt wolle er persönlich seine Wähler jedenfalls künftig nicht enttäuschen, sondern ehrlich bleiben.